Die LVZ preschte, wie man das von ihr kennt, am 23. Mai, schon mal ganz weit vor und vermeldete: "Paintball-Anlage neben Asylbewerberheim in Leipzig muss schließen - keine Genehmigung". Aber so schnell schießen weder die Preußen noch kommen Ämter so schnell zu einem Beschluss. Seit vergangenem Jahr sorgt die riesige Open-Air-Paintball-Anlage im Karree Pansastraße / Ernst-Keil-Straße / Bienerstraße / Abrahamstraße in Neu-Lindenau bei Anwohnern für Ärger.

“Zahlreiche Anwohnende klagen seither über eine deutlich zunehmende Lärmbelastung durch den Gebrauch der Softair-Waffen, vor allem auch an den Wochenenden. Mehrfach wurde bereits durch die Bürgerinnen und Bürger die Polizei eingeschaltet, welche jedoch auf die Zuständigkeit des Ordnungsamtes verwies. Auf Nachfrage beim Ordnungsamt verwies selbiges wiederum auf die Polizei”, stellte die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen fest, als sie dieses Problem am 7. Mai zum Thema einer Anfrage machte, die am 21. Mai dann in der Ratsversammlung beantwortet werden sollte. Aber dazu kam es dann nicht. Die Antwort bekamen die Grünen jetzt schriftlich.
Norman Volger, Fraktionsvorsitzender und ordnungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, hatte schon öffentlich den Kopf geschüttelt darüber, dass so eine Anlage überhaupt einfach so mitten im Stadtgebiet aufgemacht werden konnte: “Der Paintball-Megapark in Neulindenau ruft bei meiner Fraktion großes Kopfschütteln hervor. Während in dem Asylbewerberheim etwa 80 zum Teil von erlebten Kriegstreiben traumatisierte Flüchtlinge versuchen, in einer neuen Heimat Fuß zu fassen, und auf einem anderen Nachbargrundstück eine neue Kindertagesstätte in die Höhe wächst und vor der baldigen Eröffnung steht, wird benachbart Krieg gespielt und mit Farbpatronen und Softairwaffen geballert.”

Dieser Standort lasse nicht nur jegliche Sensibilität für die Anliegen der Nachbarschaft vermissen, sondern führe auch zu einer enormen Lärmbelastung, stellte er fest. “Anwohner berichten gerade auch von Lärm durch die eintreffenden Geschosse an den Wochenenden und zeigen sich genervt sowohl von der Openair-Anlage und ihren Nutzern, als auch von der Polizei und Stadtverwaltung. Während Anwohnende mehrfach wegen Ruhestörung die Polizei verständigten und an das Ordnungsamt verwiesen wurden, schickte das Ordnungsamt die Bürgerbeschwerden wiederum zurück an die Polizei. Die Zuständigkeit scheint ungeklärt zu sein, eine Klärung des Sachverhaltes und Schritte zur Lösung sind demnach nicht in Sicht.”

Vom Lärm betroffen sind vier bewohnte Grundstücke in der Pansastraße, die Berufsschule und ein derzeit betriebenes Asylbewerberheim mit etwa 80 Asylbewerbern. In der Ernst-Keil-Straße sind der Kleingartenverein “Fortschritt” ebenso wie die in Bau befindliche Kindertageseinrichtung der Lebenshilfe Leipzig e.V. sowie bei Westwind auch das Dunkerviertel der übermäßigen Lärmbelastung ausgesetzt.
Mit der Lösung tun sich die Ämter schwer. Sie halten sich an ihre Vorschriften und agieren entsprechend vorsichtig. Das Planungsdezernat bestätigt aber den Grünen, was sie schon vermutet hatten: Das Ding ist nicht genehmigt. “Die Betreibung einer Paintball-Anlage auf dem besagten Grundstück wurde bislang
nicht genehmigt. Gegenwärtig liegt dem Amt für Bauordnung und Denkmalpflege ein entsprechender Bauantrag vor, welcher noch nicht abschließend geprüft wurde.”

Was bedeutet dabei die Prüfung? – “Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens für die Nutzung einer Paintball-Anlage werden neben planungsrechtlichen Vorschriften auch umweltschutzrechtliche Vorschriften geprüft (Immissionsschutz). Dabei finden die Schutzansprüche bereits vorhandener baulicher Anlagen entsprechend Berücksichtigung. Es ist somit davon auszugehen, dass eine Baugenehmigung für eine Paintball-Anlage nur erteilt wird, wenn die zulässigen Lärmwerte nicht überschritten werden.”

Ob das so ist, will die Stadt noch nicht sagen: “Bürgerbeschwerden über die Lärmbelästigung sind bekannt. Da derzeit das Baugenehmigungsverfahren zur Betreibung einer Paintball-Anlage durchgeführt wird, kann erst nach Beendigung des Baugenehmigungsverfahrens eine verbindliche Aussage zu potentiellen Lärmbelastungen und Auflagen hierzu getroffen werden.”

Da kann dem betroffenen Bürger schon mulmig werden. Denn wenn es um Lärm geht, tut sich Leipzigs Stadtverwaltung ja schwer, eine Linie zu finden. Was ist schon Lärmbelastung? “Das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege ist im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens verpflichtet, die Einhaltung der vorgeschriebenen Lärmwerte zu überprüfen”, teilt das Planungsdezernat mit.

Und augenscheinlich machte sich der Betreiber auch eine Grauzone im Bebauungsplan zunutze. Denn das Gebiet ist kein reines Wohngebiet. “Zur Zeit handelt es sich um ein Gewerbegebiet mit unterschiedlichen Nutzungen und einigen Brachflächen”, teilt das Planungsdezernat mit. “In der näheren Umgebung des Standortes der Paintballanlage befinden sich vereinzelt Wohngebäude. Das Grundstück befindet sich im Bereich des noch nicht in Kraft getretenen B-Planes Nr. 335 ‘Merseburger Straße / Ludwig-Hupfeld-Straße / Schomburgkstraße / Plautstraße – Nutzungsarten’ (Übergabe an Landesdirektion am 07.03.2014). Im rechtswirksamen FNP (05/1995) sowie im Entwurf des FNP (Fortschreibung) ist das Vorhabengrundstück als gewerbliche Baufläche dargestellt.”

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