Am Mittwoch, 18. Juni, steht das Verkehrskonzept Sportforum zur Abstimmung in der Leipziger Ratsversammlung. Wirklich detailliert haben sich die Fraktionen damit nicht beschäftigt. 26 Seiten hat allein der Beschlusstext, in dem ab Seite 13 von einem Vorhaben erzählt wird, das exemplarisch zeigt, was die Leipziger Leipziger Stadtverwaltung vom Naturschutz hält: Sie will einen Gästeparkplatz ins Naturschutzgebiet bauen.

Doch was die Fraktionen nicht gelesen zu haben scheinen, bringt den Leipziger Ökolöwen auf die Palme. Der hat eigentlich genug damit zu tun, all die anderen Verstöße von Stadt und Landestalsperrenverwaltung im Leipziger Auwald aufzuarbeiten und dem Naturschutz wieder Geltung zu verschaffen. Doch die Konflikte gären mittlerweile vor Gericht. Und kaum ist der eine Verstoß von der Stadt genehmigt, wird schon der nächste geplant. Diesmal mit der Begründung, die DFL fordere nun einmal, 10 Prozent der Tickets für Fußballspiele der 1. und 2. Bundesliga für Gäste zu reservieren. Das wären 4.450 Plätze. Und da die Gäste zu 60 Prozent wohl mit dem Auto kämen, brauche das rund 1.000 Stellplätze. Und Park + Ride käme nicht in Frage, da würden sich ja die Fußballanhänger wieder vermischen.

“Für das Gästeparken ist eine Konzentration des Stellplatzangebotes sowohl für ‘normale’ Gästefans als auch für gewaltbereite Gästefans im nördlichen Stadionumfeld sinnvoll und zweckmäßig, da auf kurzem Wege eine gezielte Fanlenkung und Begleitung durch die Polizei von hier zum Gästeblock zwischen Sektor C und Sektor D möglich ist”, heißt es in der Vorlage des Verkehrs- und Tiefbauamtes. Deswegen könnten die Gäste auch nicht am Cottaweg parken, da würden sie ja auch den heimischen RB-Anhängern begegnen.
Also brauche es einen eigenen Parkplatz: “Für die Schaffung eines Gästeparkplatzes für maximal 200 Pkw sollten zum einen die Möglichkeiten der Nutzung der sogenannten Schneekippe (Eigentümer Landestalsperrenverwaltung und Stadt) geprüft werden, zum anderen die östlich davon gelegenen sogenannten Grünschnittflächen.”

Das ist der Punkt, an dem der Leipziger Ökolöwe jetzt Alarm schlägt, denn beide Parkplätze liegen mitten im Vogelschutzgebiet. Sie befinden sich im Schutzgebiet “Leipziger Auwald” nördlich des Zentralstadions und östlich der Landauer Brücke. Die sogenannte “Schneekippe” soll für 20.000 Euro als Parkplatz hergerichtet werden. Der Oberbürgermeister wird darüber hinaus beauftragt, innerhalb der nächsten fünf Jahre für rund 1 Million Euro einen weiteren Gästeparkplatz zu bauen. Auch dieser liegt mitten im Vogelschutzgebiet zwischen Olympiastützpunkt und Elsterflutbecken.

“Die Areale befinden sich vollständig im Landschaftsschutzgebiet ‘Leipziger Auwald’ und im gleichnamigen Europäischen Vogelschutzgebiet. Sie grenzen direkt an einen im Sinne von § 30 BNatSchG als besonders geschütztes Biotop kartierten Waldbestand an”, heißt es in der Vorlage. Um diesen Waldbestand kümmert sich zwar niemand, er ist mittlerweile von Trampelpfaden regelrecht durchfurcht, während das angrenzende Ufer des Elsterbeckens von Anglern zertrampelt und mit allerlei Holzbauten zugebaut ist. Aber diese Duldung einer Nutzung, die im Schuzugebiet nicht erlaubt ist, lässt ahnen, wie wenig Wert Leipzigs Stadtverwaltung auf die Bewahrung wichtiger Schutzgebiete legt.

Für Tino Supplies, den verkehrspolitischen Sprecher des Ökolöwen, ist nicht nachvollziehbar, wie es diese Vorlage bis in die Ratsversammlung schaffen konnte. “Wir haben in unserer Stellungnahme deutlich gemacht, dass der Bau von Parkplätzen mitten im Vogelschutzgebiet sowie im Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald nicht akzeptabel ist. Ich frage mich, wie der Umweltbürgermeister so etwas dennoch zulassen kann. Er hätte sein Veto einlegen und die Pläne stoppen müssen!”

Ein Veto vom Umweltbürgermeister? Das wäre in der derzeitigen Leipziger Verwaltungsspitze geradezu eine Revolution.

Lieber will man prüfen, wie man das geltende Schutzrecht an dieser Stelle auflösen kann. “Dabei ist zu prüfen, ob die vorgeschlagene dauerhafte Nutzung des Areals als Parkplatz mit den Zielen des Landschaftsschutzgebietes, SPA-Gebietes auf Grund der mit dem Vorhaben verbundenen Veränderungen/Beeinträchtigungen sowie mit den SEKO-Zielen – Stärkung des Leipziger Auwaldes vereinbar ist.”

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Dabei ist auch der Verwaltung klar, dass mit einer Aufweichung an dieser Stelle der Schutzone der Auwald immer weiter zurückgedrängt wird: “Mit der gegenwärtigen für die Schutzgebiete verträglichen Nutzung stellen die Flächen eine Pufferzone zwischen Verkehrstrassen/Sportforum und den angrenzenden Waldbiotopen dar.”

Der Ökolöwe hofft nun auf die Stadträte. Der Umweltverein hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass für das Gästeparken auch bereits erschlossene Flächen in der Nordanlage genutzt werden können, die sogar noch näher am Gästeblock liegen. In anderen Bundesligastädten gäbe es gar keine eigenen Parkplätze, die nur Gästefans vorbehalten seien. Dort laufe alles über Park and Ride.

“Der Eingriff in das Vogelschutzgebiet muss aus dem Stufenkonzept gestrichen werden. Unser Leipziger Auwald darf genauso wenig als Parkplatz missbraucht werden, wie der Clara-Park. Das sagen nicht nur wir, sondern auch alle Leipziger, die bereits unsere Petition unterschrieben haben”, so Supplies abschließend.

Stellungnahme des Ökolöwen: www.oekoloewe.de/text,2934,mobil_aktuell.html

Die Vorlage der Verwaltung: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/0643B4DC23C87548C1257CCF00230156/$FILE/V-ds-3765-text.pdf

Der Link zur Petition: www.openpetition.de/petition/online/der-clara-park-soll-autofrei-bleiben?utm_source=extern&utm_medium=widget&utm_campaign=der-clara-park-soll-autofrei-bleiben

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