Der Zug ist abgefahren. Der letzte vor 27 Jahren. Seitdem herrscht zwar keine Ruhe auf dem Gelรคnde des ehemaligen PreuรŸischen Freiladebahnhofs an der Eutritzscher StraรŸe. Diverses Gewerbe hat sich angesiedelt. Aber eine richtige Neugestaltung wird es erst ab 2020 geben. Den Startschuss dafรผr legt jetzt ein Vertrag zwischen der Stadt und der CG Gruppe. Der erste seiner Art.

Denn erstmals nutzt Leipzigs Verwaltung hier das Instrument der kooperativen Stadtentwicklung. In anderen GroรŸstรคdten gibt es das schon lรคnger. Denn der Bedarf ist riesig: Die Stรคdte brauchen dringend wichtige Infrastrukturen wie neue Schulen, Kindertagesstรคtten, Parks und Grรผnflรคchen. Aber sie haben meist nicht den Zugriff auf die groรŸen Bauflรคchen. Die befinden sich meist in privater Hand. Auch in Leipzig hat die Deutsche Bahn ihre Flรคchen vorwiegend an private Investoren verkauft.

Beim PreuรŸischen Freiladebahnhof war es die CG Gruppe, die zum ersten Mal vor zwei Jahren die Chance bekam, das riesige Gelรคnde zwischen RoscherstraรŸe, Eutritzscher und Delitzscher StraรŸe zu kaufen. So lange ist man dort auch schon mit der Stadt im Gesprรคch. Denn das umgewidmete Bahngelรคnde braucht natรผrlich auch einen offiziellen Bebauungsplan, den der Leipziger Stadtrat im April noch abnicken muss. So ein B-Plan ist das Instrument, mit dem eine Stadt definieren kann, was fรผr eine Art Bebauung sie an einer bestimmten Stelle haben will โ€“ und welche nicht.

Da stimmt man sich als Investor am besten frรผhzeitig ab. Dass es zwischen der CG Gruppe (in diesem Fall ihrer neu gegrรผndeten Tochter CG City Leipzig Nord & Co. KG) und der Stadt nun zu einem โ€žStรคdtebaulichen Vertragโ€œ kam, ist das Novum. Aber kein Nachteil aus Sicht des Investors, wie Ulf Graichen, Prokurist der CG City Nord GmbH & Co. KG, betont. Denn die Entwicklungschancen so eines Quartiers sind natรผrlich umso besser, je mehr es den Wรผnschen der kรผnftigen Nutzer und Mieter entspricht.

Projektskizze. Quelle: Stadt Leipzig
Projektskizze. Quelle: Stadt Leipzig

Und da man auch rund 2.000 neue Wohnungen fรผr 3.300 Menschen bauen will, braucht man logischerweise auch soziale Infrastrukturen, die jetzt im Vertrag der Stadt stehen: mindestens eine Kindertagesstรคtte, denn รผber 300 Kita-Plรคtze sollen entstehen. Dazu eine fรผnfzรผgige Grundschule, die auch den Bedarf in den angrenzenden Stadtquartieren mit absichert. Und eine weiterfรผhrende Schule, wahrscheinlich eine Oberschule, wie Jochem Lunebach, Leiter des Stadtplanungsamtes, betont.

Aber bebaut werden nur 50 Prozent des Gelรคndes. Ein groรŸer Teil wird fรผr Grรผnanlagen vorgesehen. Wie hoch die Wohnbebauung wird, weiรŸ noch niemand. Wer schon fertige Architekturentwรผrfe erwartet hat am Donnerstag, 2. Mรคrz, als die beiden Vertragspartner ihre Plรคne vorstellten, wird enttรคuscht gewesen sein.

Sie haben sich vertraglich auf die Grundprรคmissen geeinigt. Die nicht ungewรถhnlich sind, wie Graichen betont. Bei der CG Gruppe denke man mittlerweile bei allen Projekten an energiesparendes und klimasicheres Bauen. โ€žDie Mieter erwarten es einfachโ€œ, sagt Graichen. Im neuen Quartier City Nord soll nun auch noch versucht werden, mรถglichst autoarm zu bauen. Die รถffentlichen Flรคchen, die im Quartier entstehen, sollen nicht gleich wieder mit Autos zugeparkt werden. Wenn es Stellplรคtze gibt, dann wohl eher unterirdisch. Immerhin gibt es drei StraรŸenbahnhaltestellen in Laufweite. Eigentlich braucht man hier kein Auto.

Aber wie soll es kรผnftig aussehen?

Das soll eine zweistufige Stadtplanerwerkstatt herausfinden, zu der Stadt und Investor fรผnf renommierte Planungsbรผros eingeladen haben. Auftakt fรผr den Prozess ist im Grunde der 12. April, wenn der Stadtrat den B-Plan absegnet. Ende April soll es ein groรŸes Bรผrgerforum geben, auf dem die Grundzรผge des Projekts vorgestellt werden. Auch Bรผrger sollen, so betont der Moderator Fritjof Mothes vom StadtLabor, erstmals direkt in die Findungsphase eingebunden werden. In der ersten Phase sollen alle Beteiligten erst einmal zusammenarbeiten und gemeinsam die Grundzรผge fรผr das neue Quartier entwickeln.

Auch 30 Prozent Gewerbe wird es auf dem Gelรคnde des Freiladebahnhofs kรผnftig weiter geben. Foto: Ralf Julke
Auch 30 Prozent Gewerbe wird es auf dem Gelรคnde des Freiladebahnhofs kรผnftig weiter geben. Foto: Ralf Julke

โ€žFrรผher hat man den Bรผros einfach ein Papier zugeschickt und gesagt: Nun macht malโ€œ, sagt Mothes. Aber das wรผrde im Fall PreuรŸischer Freiladebahnhof wohl nicht funktionieren und auch keine befriedigenden Ergebnisse bringen. Deswegen die vorgeschaltete gemeinsame Phase, in der alle Beteiligten erst einmal die Grundprรคmissen entwickeln. Und zwar unter Bรผrgerbeteiligung. Stadt wie Investor wรผnschen sich eine mรถglichst groรŸe Akzeptanz fรผr das Projekt. Im Sommer dann sollen die eingeladenen fรผnf Bรผros ihre eigenen Visionen fรผr das Quartier entwickeln und konkretisieren.

โ€žHoffentlich vรถllig unterschiedlicheโ€œ, sagt Jochem Lunebach. Und Ende August/Anfang September kรถnnten diese Entwรผrfe dann vorliegen, die dann erstmals visualisieren, wie die neue City Nord aussehen kรถnnte. Darauf kann dann die Masterplanung aufsetzen. Ab 2019 kรถnnten die Bauvorbereitungen beginnen, 2020 kรถnnte mit dem Bau begonnen werden.

โ€žSicher noch nicht mit der Schuleโ€œ, sagt Lunebach. Dazu seien die Planungszeitrรคume viel lรคnger. Vielleicht mit Wohnbebauung. Denn 3.300 Wohnungen fรผr eine wachsende Stadt, das ist eine Menge Holz. 30 Prozent davon sollen รผbrigens sozialer Wohnungsbau werden. โ€žWas natรผrlich voraussetzt, dass der Freistaat auch noch in fรผnf Jahren sozialen Wohnungsbau fรถrdertโ€œ, so Lunebach.

Aber CG als Bauherr fรผr sozial gefรถrderten Wohnraum? โ€žWir beschรคftigen uns mit dem Themaโ€œ, sagt Graichen. โ€žDerzeit sogar ganz intensiv mit dem seriellen Bauen.โ€œ

Ein Mega-Thema des 20. Jahrhunderts kommt also wieder zu Ehren: die Minderung von Baukosten durch serielle Fertigung im Bau. โ€žVielleicht wird ja der Freiladebahnhof das erste Projekt, wo wir das serielle Bauen anwendenโ€œ, sagt Graichen.

Wie und wo, das kann er natรผrlich auch noch nicht sagen. Denn vertraglich abgesichert ist auch, dass man gerade an den markanten AuรŸenpunkten des Gelรคndes ganz gewiss nicht schnรถde und langweilig baut, sondern richtige Architekturwettbewerbe veranstaltet.

Und wer baut Schulen und Kindergรคrten? Das, so Lunebach sei noch vรถllig offen. Gesichert sei nur, dass sich der Investor beteiligen werde, aber wie genau man dann den Bau umsetze, das klรคre man, wenn es so weit sei.

Im Februar war auch noch offen, ob die CG City Nord GmbH รผber das ganze Areal verfรผgen kann. Ein breiter Gelรคndestreifen im Sรผdosten war noch im Besitz der Bahn. Aber auch das ist geklรคrt, berichtet Graichen: โ€žAm Montag haben wir gekauft.โ€œ

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Es gibt 2 Kommentare

Laut der Projektskizze sind es eher 2000 Wohnungen fรผr 3300 Einwohner? Kleiner Unterschied ๐Ÿ˜‰

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