Wie repariert man eine Stadt? Irgendwie wohl doch so, dass man die Übernutzung durch überall abgestellte Autos beendet und Räume wieder zurückgewinnt. So geht auch der Bürgerverein in Gohlis an die Sache heran – einer der rührigsten in Leipzig. Mal kämpft er um den Erhalt des „Budde“, mal um Tempo 30 in überlasteten Straßen. Und nun hat er die Rettung des Gohliser Angers auf seine Fahnen geschrieben.

Den Zeitpunkt, als man sich dort so entschied, kann der stellvertretende Vorsitzende Tino Bucksch genau benennen: Es war der 21. September, ein Freitag. Da luden der Bürgerverein Gohlis und seine AG „Mobilität und Verkehr“ alle Anwohner des Gohliser Angers in der Menckestraße zum 1. Nachbarschaftsfest ein. Außerdem war es Parking Day, also der Tag, an dem Leipziger Initiativen Stellplätze in Erlebnisoasen verwandeln, die zeigen, was aus dem sonst zugeparkten Straßenraum alles gemacht werden könnte.

Trotz Windböen und einsetzenden Regens gelang es den Teilnehmern unter einigen selbst organisierten Pavillons eine gemütliche Atmosphäre zu erzeugen, die zum Verweilen einlud, erinnert sich Bucksch. Dabei kam man miteinander ins Gespräch und es wurden auch Ideen für eine zukünftige Nutzung des Angers gesammelt.

Hier kristallisierten sich drei zentrale Vorschläge heraus:

Der Anger soll wieder unter Denkmalschutz gestellt werden und als zugängliche, aber für Autos abgesperrte Grünfläche der Öffentlichkeit zur Nutzung zur Verfügung stehen. Die Anwohner fanden mehrheitlich, dass das Anlegen eines Boule-Platzes und eines öffentlichen Grillplatzes favorisierte Nutzungsoption sein sollte. Abschließend votierten die Anwohner dafür, auch für Gohlis eine Anwohnerparkregelung ähnlich wie im Waldstraßenviertel aufzustellen.

Eher Parkrand als Erlebnisort: der Gohliser Anger. Foto: Ralf Julke
Eher Parkrand als Erlebnisort: der Gohliser Anger. Foto: Ralf Julke

Denn auch wenn hier die üblichen Fußballspiele im Zentralstadion, zu denen die bequemen Clubanhänger unbedingt mit dem Auto bis direkt ans Stadion fahren müssen, kaum Auswirkungen haben,  gibt es auch in Gohlis die Phänomene der zugeparkten Kreuzungen, Gehwege und Übergänge. So recht klar ist nicht immer, wer hier alles parkt, ob das nur die Anwohner sind. Besonders für die Erwerbstätigen wird es meist Stress, noch einen freien Parkplatz zu finden.

Vielleicht hat es auch einfach damit zu tun, dass sich auch Gohlis gefüllt hat und viele Einwohner – trotz recht guter Straßenbahnanbindung – eben doch ein Auto mitgebracht haben. 2004 hatte Gohlis-Süd, um das es am 21. September hauptsächlich ging, noch 15.052 Einwohner. Im Sommer 2018 waren es schon 18.784. Wäre Gohlis eine eigenständige Kleinstadt, würde es in der Rangliste der sächsischen Gemeinden beim Wachstum ganz oben mit dabei sein. Ist es aber nicht.

Aber je mehr Gohliser mobil sind, umso drängender werden natürlich einige Fragen. Eben auch die, ob man den kleinen Gohliser Anger in der Menckestraße, auf dem früher mal die Gohliser Dorfschule stand, wieder als Erlebnisort zurückgewinnen kann. Heute ist er zwar noch von Bäumen bestanden, aber der Mittelteil ist Parkplatz. Ein wirklicher Hingucker ist er nicht.

Der AG-Vorsitzende Matthias Weidel freute sich, mit diesem Nachbarschaftstreffen das Problem des Parkens auf dem Gohliser Anger bewusst gemacht zu haben und zieht Bilanz: „Diese Veranstaltung war heute eine der größten Parking-Day-Aktionen in Leipzig und wird hoffentlich der Beginn einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem wachsenden Parkdruck in Gohlis.“

Jetzt kann man gespannt sein, ob zum Beispiel der Stadtbezirksbeirat eine der drei Ideen – oder alle drei – aufgreift und in den Stadtrat bringt.

 

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