Mit mehreren Missklängen ging die Jahresmitgliederversammlung des Vereins der Freunde und Förderer des Naturkundemuseums Leipzig e.V. am Freitag, 7. Februar, über die Bühne. Es sollte nicht nur die Wahlversammlung für den neuen Vorstand werden. Es geht auch um den radikalsten Bruch in der Geschichte des Naturkundemuseums, das seit dem 1. Februar ohne Direktor da steht. Und von einer fassbaren Zukunft kann auch keine Rede sein. Aber der wichtigste Verantwortliche sagte vorher ab.

Kulturbürgermeister Michael Faber (Die Linke), unter dessen Verantwortung das mittlerweile 102 Jahre alte Naturkundemuseum steht, war es, der seine Teilnahme für die Veranstaltung kurzfristig absagte. Ende Januar war der von der Stadt favorisierte Bewerber um den Direktorenposten abgesprungen. Nachdem sich diese Kür sowieso schon viel zu lange hingezogen hatte, weil das Kulturdezernat bis heute nicht weiß, wie es mit dem Naturkundemuseum weiter gehen soll, erlebte das Dezernat damit eine Art GAU. Das Echo ging durch die Fachwelt, aus der auch etliche hochqualifizierte Bewerber kamen, die in der Auswahl der Stadt das Nachsehen hatten.

Wie es am Naturkundemuseum nun ohne Direktor weiter gehen soll, teilte der Versammlung dann Diplom-Biologe Ronald Schiller, Leiter der Abteilung Wirbellosenzoologie des Naturkundemuseums, mit der Verlesung einer Pressemitteilung des Kulturdezernates mit. In dieser Pressemitteilung schrieb das Dezernat, dass nun Schiller kommissarisch die fachliche Leitung des Naturkundemuseums auferlegt wurde, während die Amtsleiterin des Kulturamtes Susanne Kucharski-Huniat die administrativen Geschäfte leiten soll.”Dass nach der Absage des besten Bewerbers die Findung eines neuen Direktors für das Naturkundemuseum vorübergehend ganz ausgesetzt werden soll, ist ein böser Fauxpas gegenüber den weiteren Mitbewerbern”, erklärt der neue Stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins, Peter Täschner. “Unter den Kandidaten waren wirklich hervorragende Bewerber, die dem Naturkundemuseum mit ihrem Organisationsvermögen, fachlicher und Führungskompetenz ausgezeichnet zu Gesicht gestanden hätten, aber nicht einmal zur Auswahl der letzten fünf Kandidaten des Kulturamtes gehörten. Es ist kaum zu erwarten, dass sich so kompetente Personen noch einmal in Leipzig bewerben werden.”

Deutlicher kann man das Vorgehen der Verwaltung bei der Auswahl fachlich geeigneter Bewerber wohl nicht kritisieren. Aber vielleicht zeigt der Vorgang auch, wieviel Angst in der Leipziger Verwaltung vor wirklich starken und kompetenten Persönlichkeiten herrscht. Insbesondere wohl vor solchen, die das Amt auch nutzen würden, um für eine wirklich geeignete und nachhaltig sinnvolle Unterbringung des Museums und seiner Sammlungen zu kämpfen. Das könnte ein bisschen Feuer in die lähmende Suche nach einer neuen Unterkunft für das Naturkundemuseum bringen. Denn bislang wird nur politisch diskutiert.

Und ohne Direktor hat das Naturkundemuseum erst recht keine starke Stimme in dieser Diskussion, in der fachliche Belange immer wieder zu kurz kommen. Peter Täschner: “Die Kulturverwaltung täte besser daran, die Verhandlungen mit den Nächstplatzierten aufzunehmen, damit der Leidensweg des Naturkundemuseums nicht endlos wird.”

Aber da der verantwortliche Bürgermeister der Versammlung fern blieb, wurde auch darüber nicht diskutiert.

Bei seiner Jahresversammlung hatte der Verein auch die Wahl des neuen Vorstands auf der Agenda. Alter und neuer Vorsitzender des Fördervereins bleibt der Chef des Leipziger Bienenzüchtervereins, Dr. Michael Hardt. Als neuer Stellvertreter steht ihm der Kakteenspezialist Peter Täschner zur Seite und als neue Schriftführerin die frühere Mitarbeiterin des Naturkundemuseums für Öffentlichkeitsarbeit, Edda Fiechtner. Schatzmeisterin bleibt Dr. Rosmarie Heyde. Zu Beisitzern wurden gewählt Dr. Monika Schütze-König, verantwortlich für die öffentliche Präsentation des Vereins, außerdem Andre Poser und Sebastian Koch.

“So sind wir gut für den weiteren Kampf für ein neues Naturkundemuseum aufgestellt”, gibt sich der Vorsitzende des Fördervereins, Dr. Michael Hardt, überzeugt. Bedauert aber deutlich, dass Kulturbürgermeister Michael Faber kurzfristig seine Teilnahme absagte. “Gern hätten wir von ihm erfahren, wie es mit dem Naturkundemuseum nach dem Ausscheiden des verdienstvollen und oft falsch verstandenen Direktors Dr. Rudolf Schlatter weiter gehen soll.”

Bereits am Freitag, 31. Januar, Schlatters letztem Arbeitstag, bedankten sich Mitarbeiter und Förderverein bei ihm für sein anerkennenswertes Wirken mit einer Baumspende. Die Stadt-Linde vor dem Naturkundemuseum erhielt das Widmungsschild mit der Aufschrift “Dr. Rudolf Schlatter – Danke für sein Wirken als Direktor 1993 – 2014 am Naturkundemuseum Leipzig – Kollegium & Förderverein”.

www.förderverein-naturkundemuseum-leipzig.de

www.naturkundemuseum.leipzig.de

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