Am 18. August 2014 wird das "Wahlpodium Süd" der L-IZ.de stattfinden. Im Vorfeld haben wir uns bemüht, dabei - soweit es Platzgegebenheiten und Gesprächsmenge ermöglichen - so viele Landtagskandidaten wie an so einem Abend möglich einzuladen. So auch den Kandidaten der "Alternative für Deutschland" (AfD) im Wahlkreis 28 (Leipzig 2), Roland Ulbrich. Auch, weil trotz schwankender Meinungen zur Rechtslastigkeit der sächsischen AfD, eben dieser Vorwurf gegenüber Roland Ulbrich nicht erkennbar war und doch nun zu hinterfragen sein könnte.

Denn drei Kandidaten der AfD, unter ihnen Roland Ulbrich, haben sich entschieden, mit dem österreichischen Politiker Andreas Mölzer (FPÖ) einen engen Weggefährten Jörg Haiders zu einer Wahlkampfveranstaltung der sächsischen AfD am 23. August einzuladen. Damit regt sich Widerstand von Seiten der Linken – auch bezüglich unseres Wahlpodiums.

Am 11. August positionierte sich die zum L-IZ-Podium eingeladene Leipziger Stadträtin und Landtagskandidatin der Linken, Juliane Nagel, bezüglich der Entscheidung, auch Roland Ulbrich mit den Fragen der Wähler zu konfrontieren. “Eine Einladung der AfD scheint hinsichtlich der Abbildung der Breite der Parteienlandschaft und derer, die möglicherweise am 31. August in den Sächsischen Landtag einziehen, vielleicht aus pragmatischer Perspektive irgendwie plausibel, zeugt im Grunde aber von politischer Profillosigkeit. Denn wäre es nicht möglich einfach “Nein” zu einer Partei zu sagen, die für den Abbau von sozialstaatlichen Mechanismen, demokratischer Teilhabe und für eine steinzeitliche, antifeministische Familien- und Geschlechterpolitik steht und die die CDU in Sachen Einwanderungs- und Asylpolitik rechts überholt.”

In unserem Vorgespräch mit Roland Ulbrich ergaben sich zu den Vorhaben des Landtagskandidaten der AfD im Wahlkreis 28 bislang folgende Grundhaltungen. Er möchte sich für mehr Bürgerentscheide in Sachsen einsetzen, hat als Strafverteidiger nach wie vor schwere Probleme beim Umgang staatlicher Behörden mit dem “Sachsensumpf” und äußerte sich uns gegenüber oder in der Öffentlichkeit bislang nicht rassistisch oder menschenfeindlich. Ob es sich bei seinen Haltungen zu weiteren Themen um Populismus oder pragmatische Politikansätze handelt, wollen wir als Redaktion zusammen mit den fragenden Wählern herausbekommen. Auch, ob eine Einladung eines Kandidaten einer Partei, welche bei der Bundestagswahl mit 6,5 Prozent in Sachsen ins Parlament eingezogen wäre und bei der Leipziger Stadtratswahl 4 Ratssitze erreichen konnte, von Profillosigkeit oder demokratischer Auseinandersetzungswille zeugt, überlassen wir am kommenden Montag gern dem Zuschauer des Podiums vor Ort oder beim Ansehen des Livestreams auf der L-IZ.de ab 19 Uhr.

Für Juliane Nagel ist bezüglich der Rolle der AfD in Sachsen offenbar bereits vor der Debatte alles klar: ” … die AfD ist nicht mit der NPD auf eine Stufe zu stellen. Durch ihre weniger brachiale Rhetorik und ein pseudodemokratisches Mäntelchen, hat sie im Endeffekt als politische Kraft im Landtag oder in den Kommunalparlamenten jedoch noch mehr Potential menschen- und demokratiefeindliche Positionen gesellschaftsfähig zu machen und die CDU noch weiter nach rechts zu verschieben”, heißt es am 11. August auf ihrem Blog jule.linxxnet.de.
Ein interessanter Denk-Ansatz, welchen man am 18. August diskutieren kann, wie auch dieser: “Roland Ulbrich ist Rechtsanwalt. Und er ist Korpsstudent mit guten Kontakten zur pflichtschlagenden und farbentragenden Studentenverbindung Corps Thuringia Leipzig. Nach Angaben von leipzig.antifa.de war er 2013 Teilnehmer des Wiener Akademikerballs, ein Sammelbecken von ultra- bis rechtskonservativen politischen Akteuren mit Schnittmengen in die Naziszene. Der österreichische Staat überzog und überzieht Antifaschist*innen, die gegen dieses Event der europäischen Rechten protestieren, mit absurden Repressionen. Dies zeigte u.a. der Umgang mit Josef aus Jena, der nach fünf Monaten Haft Ende Juli endlich frei gelassen wurde”, so Nagel.

Apropos Österreich, am 12. August wurde bekannt, dass Roland Ulbrich einer der drei einladenden AfD-Kandidaten sein soll, welche mit Andreas Mölzer zur AfD-Wahlveranstaltung in Leipzig namens “Chancen patriotischer Parteien in Europa”, ein Mitglied der rechten FPÖ eingeladen haben. Mölzer, bis 2014 Mitglied des EU-Parlamentes und Herausgeber der Wochenzeitschrift “Zur Zeit” trat zur EU-Wahl 2014 nicht mehr an. Nagel zum Gastredner der AfD am 23. August: “Andreas Mölzer ist Mitglied der rechtspopulistischen FPÖ und wird dort dem deutschnationalen Flügel zugerechnet. Er saß für die FPÖ bis 2014 im Europäischen Parlament. Eine erneute Kandidatur musste er aufgrund rassistischer Äußerungen fallen lassen.”

Kerstin Köditz, Sprecherin für Antifaschistische Politik der Fraktion Die Linke im Landtag, sekundierte am 12. August unter der Überschrift “AfD lässt Schafspelz fallen – Österreichischer Rechtsaußen Andreas Mölzer in Leipzig” ihrer Parteikollegin: “Landtagskandidaten der AfD haben keinen Geringeren als den früheren Berater von Jörg Haider, Andreas Mölzer, nach Leipzig eingeladen. Mölzer betätigt sich bereits seit den achtziger Jahren als Publizist für extrem rechte Blätter. Außerdem trat er als Referent für die einschlägige `Gesellschaft für freie Publizistik` (GfP) auf, die nach offizieller Wertung als `größte rechtsextreme Kulturvereinigung in Deutschland` gilt. Weithin bekannt ist er in Österreich als Funktionär und Ideologe der rechtspopulistischen FPÖ. Im vergangenen Jahr war Mölzer an einem schwulenfeindlichen Aufmarsch in Paris beteiligt – an der Seite des “Front National”. Seine Kandidatur für die Europawahl hatte er jüngst unter Druck niedergelegt, nachdem er die EU als “Negerkonglomerat” bezeichnet hatte. Damit war er selbst für die extrem rechten “Schwedendemokraten” untragbar, die das geplante Europa-Bündnis mit der FPÖ platzen ließen.”

Mehr zum Thema:

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Dabei habe die AfD laut Köditz eigentlich ” … in der Vergangenheit immer wieder eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ausgeschlossen. Dass Mölzer jetzt in Leipzig auf Einladung der AfD über “Chancen patriotischer Parteien in Europa” sprechen soll, ist entweder ein schlechter Witz – oder aber die “europäische Vision”, von der die AfD jedenfalls in Leipzig spricht, ist genauso gestrig wie der braune Referent. Diese Reise in die Vergangenheit zeigt, dass die AfD trotz aller öffentlichen Distanzierungen am rechten Rand fischen will.”

Die Verbindungen Roland Ulbrichs zu einem offensichtlichen Rechtspopulisten aus Österreich könnte ein spannender Teil einer Debatte mit ihm sein. Ist doch eine der Fragen, welche durchaus Sachsens Wähler beschäftigt “Wie rechts ist die AfD wirklich?”. Nachfolgende Fragen sind hier ganz sicher, wie sich Abschottung unter nationalen Gesichtspunkten auf die Wirtschaft in Sachsen auswirken würde? Und ob es stimmt, dass alle anderen Politiker außer die AfD-Kandidaten am Wählerwillen vorbei agieren oder ob eben dies Ausdruck preiswerten Wahlkampfes letztlich aller Populisten ist? Gegebenenfalls ein Ausdruck fehlenden Respekts vor denen, welche nicht auf Diäten schielen und zum Beispiel regelmäßig die Erhöhungen derselben spenden. Und was der Landtagskandidat Ulbrich und alle anderen Kandidaten am Abend des 18. August in unserer Debatte dazu zu sagen haben.

Doch im Vorfeld unseres Wahlpodiums stellt Juliane Nagel letztlich eine Grundsatzfrage, wenn sie bezüglich Roland Ulbrichs Beteiligung an unserer Veranstaltung oder ihrer formuliert: “Ich persönlich bin wenig gewillt mit einem solchen Akteur auf einem Podium zu diskutieren. Denn dies heißt, den demokratischen Raum für die zu erweitern, die ihn einschränken wollen. Heißt, dazu beizutragen denen Geltung zu verschaffen, die nationale und wirtschaftliche Interessen über Menschenrechte stellen.”

Sollte sich, wie es die derzeitige Stadträtin Juliane Nagel damit andeutet, ein Gesprächsteilnehmer des Abends aus einer konstruktiven Diskussion auch über diese Fragen zurückziehen wollen, ist dies seine ureigene Entscheidung. Welche wir – in Hinsicht auf eine bunte und vielseitige Diskussion – in jedem Fall bedauern würden.

Der gesamte Beitrag von Juliane Nagel ist auf ihrem Blog zu finden
Mit einem Rechtsaußen-Vertreter einer rechtsaußen-Partei auf einem Podium?

Sie haben Fragen an die Kandidaten im Wahlkreis 28 (Leipzig 2). Hier können Sie sie vorab auf L-IZ.de stellen.

Zum Leserbrief vom 14. August 2014 auf L-IZ.de
Leserbrief zu Das “Wahlpodium Süd” der L-IZ.de zur Landtagswahl am 31. August 2014

Zum Artikel vom 14. August 2014 auf L-IZ.de
Wahlkampfsplitter: Wer ist die Leipziger AfD? Und wenn, wie viele?

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