Sind doch hübsche Zahlen: 533.374 Einwohner in Leipzig im März 2012. 1.565 mehr als im Dezember. Die Bevölkerung in der Stadt an Pleiße und Elster nimmt weiter zu. Auch wenn die Zahl Fiktion ist und im November wohl deutlich korrigiert werden wird, wenn die Ergebnisse des Zensus 2011 endlich aus- und durchgerechnet sind. Dann könnte für diesen März die Zahl 519.422 stehen.

Nur als Beispiel. Das ist die offizielle Zahl der Einwohner aus dem Einwohnermelderegister der Stadt. Ganz ähnlich wird es Dresden gehen, der anderen Stadt in Sachsen, die weiterhin Bevölkerungswachstum vorweisen kann. Nach dem Zahlen des Statistischen Landesamtes kam die Landeshauptstadt im März auf 530.548 Einwohner.

Was die amtliche Statistik zumindest zeigt, ist die demografische Entwicklung. Denn auch ohne die Korrektur, die durch die Zensus-Auswertung fällig wird, verliert der Freistaat Einwohner. Wenn auch langsamer als in den Vorjahren. Und auch eher weniger durch Abwanderung. Was ja das sächsische Wirtschaftsministerium immer wieder in Euphorie zu versetzen scheint.

So bestätigte das Statistische Landesamt Sachsen dem Freistaat für das erste Quartal 2012 auch wieder einen positiven Wanderungssaldo. Im Gegensatz zum ersten Quartal des Vorjahres stieg die Zuwanderung um 356 Personen.

Wirtschaftsminister Sven Morlok: “Zum wiederholten Mal haben wir positive Zahlen bei der Wanderungsbilanz. Dieser Trend zeigt, dass Sachsen zunehmend attraktiv zum Leben und Arbeiten wird.”
Sein Ministerium formulierte: “Bereits Ende 2011 zeichnete es sich laut Statistischem Landesamt ab, dass der Arbeitsmarkt im Freistaat sehr aufnahmefähig ist und der Bedarf an Fachkräften ebenso im Jahr 2012 zunehmen wird.”

“Die Lebensbedingungen, aber auch die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind der ausschlaggebende Punkt für den Zuwachs – und möglicherweise auch für eine Rückkehr in den Freistaat”, meinte Morlok.

Das sind dann wohl viele Interpretationen auf einmal. Denn die Analyse dahinter fehlt. Denn ein Wanderungsplus heißt lediglich, dass mehr Menschen in den Freistaat kamen als wegzogen. Studierende zum Beispiel, die hier – obwohl die Studienbedingungen durch die Sparmaßnahmen der sächsischen Regierung teilweise chaotisch sind – trotzdem ein Studium wagen. Asylsuchende und Migranten, die in diesem Fleckchen Erde noch immer bessere Lebensbedingungen finden als in den Ländern, aus denen sie kommen.

Tatsächlich hat der Freistaat auch im ersten Quartal ein Bevölkerungsminus zu verzeichnen – 4.131.634 Einwohner standen Ende März noch in der Statistik – 5.417 weniger als noch im Dezember. Was schlichtweg heißt: Die Differenz aus Geburten und Sterbefällen betrug 5.773. Es starben 5.773 Sachsen mehr als geboren wurden.

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Und es hält der Trend weiter an, dass junge Sachsen, wenn sie nur können, ihre Sachen packen und in die noch funktionierenden Großstädte ziehen. Mittlerweile haben sie auch in Hinterposemuckel mitgekriegt, dass die sächsische Regierung nicht einmal ansatzweise ein Konzept dafür hat, wie wenigstens teilweise die ländlichen Räume nachhaltig stabilisiert werden können.

Während Dresden wuchs in den ersten drei Monaten (+ 767), verlor der Direktionsbezirk Dresden mit seiner fröhlichen Wolfsjägerschar im selben Zeitraum insgesamt 2.177 Einwohner. Der Direktionsbezirk Chemnitz verlor 3.303 Einwohner. Nur der Direktionsbezirk Leipzig wuchs: Der starke Zuwachs in der zentralen Großstadt hat schon 2011 dafür gesorgt, dass die Gesamteinwohnerzahl wieder über 1 Million sprang. Im März wurden 1.001.752 Einwohner im Direktionsbezirk gezählt, 532 mehr als im Dezember.

Was natürlich trotzdem bedeutet, dass die Landkreise Leipzig und Nordsachsen weiterhin Einwohner verlieren – der Landkreis Leipzig 669 Einwohner, der Landkreis Nordsachsen 364.

Aber auch das sind alles nur vorläufige Zahlen. Und sie werden wohl sämtlich im Herbst weiter nach unten korrigiert. Der Trend wird so bleiben. Die alten Wirtschaftskonzepte, die im Grunde nur noch der neoliberale Aberglauben aus Chicago sind, bieten nicht ansatzweise einen Lösungsvorschlag für das Dilemma, das keines sein müsste – gäbe es auch nur die Ansätze für ein nachhaltiges Verständnis von Wirtschaft.

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