Nachdem Ende Mai endlich die Zensuszahlen vom 9. Mai 2011 veröffentlicht wurden, wird in den Statistischen Ämtern fleißig gerechnet. Jetzt braucht man in Sachsen nicht mehr von den amtlichen Einwohnerzahlen vom 3. Oktober 1990 aus rechnen, hat eine belastbarere Basis. Am Montag nun wurden die neuen Fortschreibungen für den November 2012 vorgelegt. Da lag Leipzig nun offiziell wieder bei über 520.000 Einwohnern.

Genau: 520.077. Knapp 18.000 mehr als im Mai 2011 und 10.000 mehr als zum Jahresende 2011. Dresden hatte noch ein paar mehr, nämlich 524.819. Dafür blieb der Bevölkerungsrückgang in Sachsen erhalten. Von 4.054.182 Einwohnern im Dezember 2011 schmolz Sachsen binnen elf Monaten auf 4.051.529 herunter. Was dann trotzdem – wenn die Zahlen für Dezember 2012 vorliegen werden – den niedrigsten Rückgang seit 1990 bedeuten wird. Irgendwann wird auch der Wirtschaftsminister aufhören, das wie ein Wunder zu verkünden. Und der Ministerpräsident wird vielleicht anfangen, Konsequenzen daraus zu ziehen. Denn sowohl die Zensus-Ergebnisse als auch der nun seit Jahren sinkende Bevölkerungsverlust deuten darauf hin, dass sich das Bundesland eher bei 4 Millionen Einwohnern stabilisieren wird als bei den von der Staatsregierung prognostizierten 3,7 Millionen. Auf dieser Zahl bauen leider alle Kürzungspläne im Staatshaushalt auf – bei Lehrern und Hochschulangestellten genauso wie bei Polizei, Finanzämtern und Justiz. Es wird dieses geschrumpfte Sachsen so nicht geben.

Aber der Trend wird weiter anhalten, der die Abwanderung aus den Landkreisen in die drei Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz beschreibt. Das ist der eigentliche demografische Wandlungsprozess, der dafür sorgt, dass in den Großstädten dringend Investitionen in Schulen, Kitas, sozialen Wohnungsbau gebraucht werden – während die Landkreise Probleme mit einer ausgedünnten Landschaft bekommen. Beide Entwicklungen werden zwar wahrgenommen – aber es gibt keine fassbaren Handlungsstrategien.Offiziell lebten nun im November 2012 1.286.469 Sachsen in den drei Großstädten, was immerhin 31,7 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachte.

Dabei kommt der Zuzug in die Großstädte auch jeweils ihrer Suburbia zugute. Im Fall Leipzig etwa profitiert Markkleeberg von dieser Motorfunktion der Großstadt mit einem induzierten Wachstum von 0,2 Prozent binnen elf Monaten (Leipzig: 2 Prozent), Markranstädt kam auf 0,4 Prozent, Taucha auf 0,9 Prozent und Rackwitz sogar auf 1 Prozent. Was natürlich auffällt, denn die meisten sächsischen Gemeinden haben eine negative Bevölkerungsentwicklung. Städte wie Geithain, Espenhain, Regis-Breitingen und Dommitzsch verloren binnen elf Monaten über 2 Prozent ihrer Bevölkerung.

Es sind die jungen Leute, die zur Ausbildung in die Zentren ziehen und hier dann auch ihre Berufskarrieren starten. Doch wenn man diese Zentren finanziell weiter knapp hält, können sie dieses kreative Potenzial natürlich nicht entfalten, bleibt die so gern gepriesene “Kreativwirtschaft” eine Hungernische und viele gute Ideen versickern, ohne Wirkung entfalten zu können. Aber vielleicht ist das auch genauso gewollt. Wer ein Land so auf Schmalkost setzt, will es eigentlich austrocknen. Der will nicht, dass es blüht.

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