Am Freitag, 21. März, ist dieses Mal Equal-Pay-Day in Deutschland, der Tag, an dem daran erinnert wird, dass Frauen im Schnitt 22 Prozent weniger Lohn bekommen als die Männer. So allgemein, so gut. Aber hinter der Zahl steckt ja bekanntlich eine Vielzahl verschiedenster Fälle. Aber in der Summe führen sie genau dazu: dass Frauen 80 Tage länger arbeiten müssen, um dieselbe Lohnsumme zu bekommen, die Männer in einem Normalarbeitsjahr bekommen.

“Es muss alle empören, dass Frauen drei Monate länger arbeiten müssen, um das durchschnittliche Jahresgehalt der Männer zu bekommen – das geht gar nicht! Frauen erhalten in Deutschland durchschnittlich 22 Prozent weniger Entgelt als Männer. In kaum einem anderen Land der EU ist die Entgeltlücke so deutlich”, empört sich Eva Brackelmann, Vorsitzende der sächsischen SPD-Frauen und Leipziger Landtagskandidatin.

“Das Datum des Aktionstages soll den Zeitraum markieren, den Frauen über das Jahresende hinaus arbeiten müssen, um auf das Vorjahresgehalt ihrer männlichen Kollegen zu kommen”, so die Leipzigerin weiter, “die Lohnlücke hat vielfache Gründe: die häufigere und längere familienbedingte Unterbrechung der Erwerbstätigkeit, die Teilzeitbeschäftigung von Frauen oder die Minijobs.”

So seien auch in Sachsen 77 Prozent der Teilzeitbeschäftigten Frauen. Viele würden gerne mehr arbeiten, betont Brackelmann, denn den meisten Frauen müsse auch klar werden: “Teilzeit und Minijob bedeutet nicht nur weniger Geld, sondern auch weniger Rente!”

“Wir sächsischen SPD-Frauen schließen uns den Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes, des Deutscher Frauenrats und des Sozialverbandes Deutschland an, die das ?Recht auf Mehr!? beinhalten”, so Brackelmann weiter. “Es muss einen Rechtsanspruch auf Rückkehr aus Teilzeit- in Vollzeitbeschäftigung geben, damit Frauen nach einer familienbedingten Reduzierung ihre Arbeitszeit wieder aufstocken können.”

Daneben müssten alle Arbeitsverhältnisse sozial abgesichert werden, um alle ArbeitnehmerInnen bei der Durchsetzung ihres Anspruches auf Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und anderem mehr zu unterstützen. “Es sind gesetzliche Regelungen zur Durchsetzung der Entgeltgleichheit nötig, damit Unternehmen verpflichtet werden, ihre Entgeltpraxis für Männer und Frauen gerecht zu gestalten”, sagt die SPD-Frau. “Ziel muss die Einhaltung bestehender Tarifverträge und ein gesetzlicher Mindestlohn als Lohnuntergrenze sein, weil Frauen besonders häufig für Dumpinglöhne arbeiten müssen.”

Am 18. März hat das Bundesamt für Statistik die Zahlen zum so genannten Gender Gap, also dem Bezahlungsunterschied zwischen Männern und Frauen, veröffentlicht, der der Ermittlung des Equal Pay Day zugrunde liegt. “Im Jahr 2013 blieb der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern im Vergleich zu den Vorjahren konstant”, hieß es da. “Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 21. März 2014 mitteilt, verdienten Frauen mit einem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von 15,56 Euro weiterhin 22 % weniger als Männer (19,84 Euro). Bei Vollzeitbeschäftigten war der Verdienstunterschied deutlich höher als bei Teilzeitbeschäftigten.”
“Es ist ernüchternd, dass sich hier seit Jahren nichts tut”, erklärt dazu Constanze Krehl, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament. “Deutschland bleibt damit im europäischen Vergleich eines der Schlusslichter. Andere Länder machen uns vor, wie es gehen kann: mit gesetzlichen Regelungen zur Entgeltgleichheit, einer umfassenden Kinderbetreuung und Quoten für Führungspositionen”, so Krehl weiter.

“Für geschlechtergerechte Entlohnung braucht es endlich ein Gesetz. Offensichtlich reichen die bestehenden rechtlichen Bestimmungen nicht aus, um Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen. Wir müssen deswegen mit einem neuen Gesetz Transparenz über die Entgeltfindung in den Betrieben herstellen und Verfahren formulieren, damit Frauen für ihre Arbeit den Lohn bekommen, den sie verdienen”, fordert Daniela Kolbe, Vorsitzende der SPD-Landesgruppe Ost im Bundestag. “Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sagt der Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern ganz klar den Kampf an. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen uns nun mit aller Kraft dafür ein, dass die darin vereinbarten Vorhaben zügig umgesetzt werden.”

Aber die Statistiker haben noch etwas ermittelt: “Wie der bundesweite Wert für den unbereinigten Gender Pay Gap zeigt auch das Ergebnis für Ostdeutschland keine nennenswerten Veränderungen gegenüber dem Vorjahr. In den neuen Ländern lag der geschlechtsspezifische Verdienstunterschied im Jahr 2013 weiterhin bei 8 %. Im früheren Bundesgebiet hingegen verringerte sich der Verdienstabstand nach langjähriger Stagnation um einen Prozentpunkt auf 23 %.”

Der Geschlechterunterschied im Osten ist also deutlich geringer als im Westen, aber er resultiert vor allem daraus, dass auch das Einkommensniveau der Männer im Osten deutlich niedriger ist als das das ihrer Geschlechtsgenossen im Westen. Anderseits wächst der Gender Gap im Osten ganz allmählich an, was auch ein Zeichen dafür ist, dass auch hier Frauen erhebliche Probleme haben, nach ihrer familienbedingten Abwesenheit vom Arbeitsmarkt wieder in eine den Männern adäquate Gehaltsentwicklung zu kommen.

Und das bedeutet im Klartext ebenso: Auch die Arbeitswelt im Osten ist tendenziell nicht wirklich familienfreundlich.

Was auch deutlich werden würde, wenn man die Gehaltsentwicklung bei Männern vergleichen würde – solchen, die für ihre Familie nie aus dem Karriereprogramm ausgestiegen sind, und jenen, die sich ihrer Verantwortung als Familienväter auch durch Väterjahre und ähnliches gestellt haben.

Die Wikipedia-Erklärung zum Equal Pay Day: http://de.wikipedia.org/wiki/Equal_Pay_Day#Das_Datum_des_deutschen_Equal_Pay_Day

Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik zum Gender Gap: www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/03/PD14_104_621.html

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