Klingt doch hübsch: "Rund 15.000 Erwerbstätige mehr in Sachsens Kreisen - davon allein in Leipzig, Stadt 7.500 Personen". So meldete das Sächsische Landesamt für Statistik am Donnerstag, 12. Juni. "Um 0,8 Prozent bzw. knapp 15.000 Personen stieg die Zahl der Erwerbstätigen in Sachsen im Jahr 2012 gegenüber 2011. Der Anstieg der Erwerbstätigenzahl erreichte nicht alle Kreisfreien Städte bzw. Landkreise."

Aber Leipzig erreichte er: “Den höchsten Zuwachs an Erwerbstätigen verzeichnete die Stadt Leipzig mit 2,5 Prozent bzw. 7.500 Personen, gefolgt vom Landkreis Meißen mit 1,3 Prozent bzw. 1.400 Personen und der Stadt Dresden mit 1,2 Prozent bzw. 3.700 Personen.”

Ein Zuwachs, der in Leipzig natürlich dringend gebraucht wurde, um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten. Aber Arbeitsplatz ist nicht gleich Arbeitsplatz. Die unterschiedliche Entwicklung in den Kreisen hat natürlich auch mit der Struktur der Wirtschaft zu tun.

“Verluste mussten dagegen die Kreisfreie Stadt Chemnitz mit 0,6 Prozent sowie die Landkreise Zwickau und Görlitz mit 0,3 bzw. 0,2 Prozent Rückgang gegenüber 2011 hinnehmen”, meldet das Statistische Landesamt. “Nach Branchen zeigte sich auch, dass die Entwicklung in den Kreisfreien Städten und Landkreisen unterschiedlich ist. Während das Produzierende Gewerbe ohne Baugewerbe ähnlich anstieg, gab es im Baugewerbe in den Kreisfreien Städten einen deutlicheren Rückgang. Im Gegensatz dazu lag hier das höhere Plus bei der Zahl der Erwerbstätigen in den Dienstleistungsbereichen vor.”

Leipzig hat seit 2012 immerhin 12,4 Prozent mehr Arbeitsplätze bekommen und profitierte dabei ganz ähnlich wie Dresden (+ 11,9 %) vom Zuwachs im Dienstleistungsbereich. Den man eigentlich in Klammern schreiben müsste. Denn während Dresden vor allem im Bereich “Öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung und Gesundheit” zulegte, hat Leipzig besondere Stärken im Feld “Grundstücks- und Wohnungswesen, Finanz- und Unternehmensdienstleister”. Mit Betonung auf dem letzten Wort, denn es sind nicht die Grundstücksmakler, die sich so eifrig vermehrt haben, sondern die Zeitarbeitsfirmen. Im Thema “Unternehmensdienstleister” steckt also eigentlich ein wesentlicher Teil der Beschäftigung im Produzierenden Gewerbe, wo Leipzig mit 26.000 gezählten Beschäftigten scheinbar wesentlich schlechter da steht als Dresden mit 36.800.

Aber manche deutsche Statistiken sind ja geradezu darauf angelegt, Unklarheiten erst einmal zu schaffen.

“Betrachtet man die Entwicklung der Erwerbstätigenzahl sehr langfristig, so konnten seit dem Jahr 1991 nur die Städte Dresden und Leipzig Gewinne verbuchen”, versuchen die Landesstatistiker die Zahlen einzuordnen. “Alle Landkreise sowie die Stadt Chemnitz verzeichneten Rückgänge, die in der Stadt Chemnitz und im Landkreis Görlitz am deutlichsten ausfielen. Dabei kam es in den Kreisfreien Städten im Vergleich zu den Landkreisen zu höheren Verlusten im Produzierenden Gewerbe.”

Auch wenn in dieser Betrachtung das ein oder andere gestrauchelte Unternehmen steckt, verraten die Zahlen nicht wirklich, was tatsächlich vor sich gegangen ist. Es kann auch ein simpler Verschiebungseffekt sein, der an anderer Stelle die Zahlen hochtreibt: “In den Dienstleistungsbereichen stieg die Zahl der Erwerbstätigen, wobei der Anstieg in den Kreisfreien Städten erheblich höher ausfiel.”

Hinter der steigenden Zahl von Beschäftigten in der Dienstleistungsbranche steckt natürlich auch ein demografischer Effekt: Wenn Zehntausende junger Sachsen jedes Jahr in die Großstädte abwandern, dann “wandern” mit ihnen natürlich auch die Dienstleistungen, dann schrumpft das medizinische Personal und das Personal in Bildungseinrichtungen auf dem Land, während die Großstädte hier jedes Jahr zulegen müssen. Ein Effekt, der schon deshalb deutlich ist, weil Sachsen unübersehbar ein Dienstleistungsland ist.

Was dann gerade in Dresden und Leipzig einen weiteren Effekt hat: Ein überproportional hohen Anteil an Selbstständigen und an marginal Beschäftigten. In Leipzig ist der Anteil marginal Beschäftigter mit rund 30.000 an den 309.500 Beschäftigten besonders hoch.

Direkt zum Datenblatt des Statistischen Landesamtes:
www.statistik.sachsen.de/download/200_MI_2014/MI-118.pdf

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