Als gäbe es gar keine Kürzungsanweisung der Wissenschaftsministerin: Das Personal an Sachsens Hochschulen wächst. "Die 26 sächsischen Hochschulen verzeichneten im Dezember 2013 insgesamt 43.236 Beschäftigte", meldete das Statistische Landesamt am Mittwoch, 23. Juli. Die Meldung kannte man irgendwie auch schon aus den Vorjahren. In der Zahl steckt immer mehr "heiße Luft".

Zumindest statistisch betrachtet. In der Realität bildet sie natürlich die Zwänge ab, unter denen die Hochschulen stehen. Denn die Kürzungsanweisungen von Sabine von Schorlemer stammen ja aus einem völlig irrealen Raum – sie haben nichts mit den gestiegenen Studierendenzahlen zu tun, nichts mit der eh schon prekären Aufgabenabdeckung in den Hochschulen, nichts mit der Forschung und dem schweißtreibenden Kampf um Drittmittel.

Als hätte die Wissenschaftsministerin in ihrem Büro eine vereinfachte Ausgabe von “Utopia” liegen, in der eine ideale, aufs Allernötigste reduzierte Hochschulwelt skizziert ist. Und nun versucht sie, die Wirklichkeit dem naiven Utopia anzupassen.

Denn was bedeutet die vom Statistischen Landesamt gemeldete Zunahme des Hochschulpersonals um 1.745 Anstellungen bzw. 4,2 Prozent?

“22.396 Mitarbeiter an den sächsischen Hochschulen waren weiblich. 26.331 Beschäftigte (60,9 Prozent) sind dem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal zuzuordnen. Im nichtwissenschaftlichen Bereich, zu dem u. a. die Verwaltung, der Pflegedienst sowie die Bibliotheken zählen, arbeiteten 16.905 Personen (39,1 Prozent)”, melden die Statistiker aus Kamenz. Und vergessen auch den nötigen Hinweis nicht: “Erfasst wurden dabei alle Beschäftigungsfälle unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Arbeitszeit oder der Finanzierung.”

Was wir uns an dieser Stelle einfach mal merken. Darauf kommen wir gleich zurück.

“Hauptberuflich waren im wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich 12.047 als wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter, 2.260 als Professoren, 512 als Lehrkräfte für besondere Aufgaben sowie 121 Dozenten und Assistenten tätig”, zählen die Statistiker die einzelnen Zahlen auf. Dabei fällt auch die nicht unwichtige Aussage: “11.391 waren nebenberuflich beschäftigt.”

“Im Verwaltungs-, technischen und sonstigen Bereich waren unter anderem 4.478 in der Verwaltung, 3.599 im Pflegebereich, 2.696 als Technisches Personal und 1.195 Auszubildende/Praktikanten tätig. 438 Professorinnen und 1.822 Professoren lehrten und forschten hauptberuflich, das sind 36 mehr als im Jahr 2012. 35 Juniorprofessoren und 14 Juniorprofessorinnen waren 2013 an Sachsens Hochschulen beschäftigt, die meisten (15) in der Fächergruppe Mathematik, Naturwissenschaften.”
Jetzt liegt die neu formulierte Ausnahmegenehmigung vor, die wieder zwei Fahrten pro Tag durch den Floßgraben erlaubt.

Dagegen ist nun die Grüne Liga wieder in Widerspruch gegangen.

Es ist der zähe Kampf darum, ob Leipzigs Umweltdezernat es schafft, die wirtschaftliche Nutzung des Floßgrabens als höheres öffentliches Interesse durchzusetzen oder der Naturschutz im südlichen Auwald tatsächlich einmal den Schutz durch die Naturschutzbehörde erfährt.
Und dann eine Aussage, die im Grunde schon andeutet, wie sehr der Freistaat sich schon darauf verlässt, dass die Hochschulen ein intensives Einwerben von Forschungs- und Projektgeldern betreiben: “30,1 Prozent der Beschäftigten (13.336) an den sächsischen Hochschulen wurden 2013 aus Drittmitteln finanziert.”

Jede und jeder Dritte, die an Sachsens Hochschulen beschäftigt sind, werden nicht vom Freistaat bezahlt. Eigentlich ist es noch ein bisschen extremer.

Denn in den großen Zahlen stecken natürlich auch die beiden großen sächsischen Universitätskliniken, die ihren Hauptpersonaleinsatz natürlich nicht in Forschung und Lehre, sondern in der täglichen medizinischen Praxis haben – am Universitätsklinikum Leipzig sind das insgesamt rund 4.600 Personen, am Universitätsklinikum Dresden sind es rund 5.150. Was dann teilweise in der jetzt vorgelegten Statistik auch sichtbar wird, wenn ein Pflegepersonal von 3.599 erwähnt wird. Eine Zahl übrigens, die seit 2006 drastisch angewachsen ist – um fast 1.000 Personen. Das ist auch eine Folge der demografischen Entwicklung in Sachsen – je älter die Gesellschaft und die Mehrzahl der Patienten werden, umso höher ist auch der Bedarf an Pflegepersonal.

Aber das ist sogar der kleinste Faktor unter den drei Faktoren, die die Gesamtzahl der an den Hochschulen Beschäftigten in die Höhe treibt.

Noch viel deutlicher trägt die intensive Einwerbung von Drittmitteln dazu bei, dass die Zahl der Beschäftigten anzieht. Noch 2009 waren nur 4.992 Personen über Drittmittel beschäftigt. Aber gerade die Androhung großer Personalkürzungen durch die sächsische Staatsregierung 2009 hat die Hochschulen augenscheinlich angespornt, noch mehr Drittmittel einzuwerben. Die Zahl der in solchen Projekten Beschäftigten stieg 2012 erstmals über 10.000 und erreichte 2013 den Rekordwert von 10.982. Immer mit zu bedenken: Diese Projekte sind zeitlich befristet und nicht jedes bekommt eine Anschlussfinanzierung. Das hochqualifizierte Wissenschaftliche Personal in diesen Projekten hat also nur eine Absicherung auf Zeit. Wenn der Hochschule das Forschungsprojekt verloren geht, geht ihr auch das Personal wieder verloren. Übrigens einer der vielen Gründe, warum deutsche Hochschulen selten bis nie einen Nobelpreiskandidaten hervorbringen.

Beim eigentlichen Lehrpersonal ist eher ein schleichender Verlust sichtbar. Zwar ist die Zahl der Professoren mit 2.260 leicht höher als im Vorjahr (2.224), aber wer diese Zahl neben die vom Wissenschaftsministerium geforderte Streichung von 1.042 Stellen beim Lehrpersonal legt, der ahnt, wie das Ministerium hier mit der Axt vorgeht.

Besonders leidet dadurch der akademische Mittelbau. Weil die Hochschulen ihre wichtigsten Professoren nicht verlieren wollen, schrumpfen sie lieber den klassischen Bereich der Dozenten und Assistenten. Waren hier 2004 noch 450 Personen beschäftigt, so waren es 2013 nur noch 121.

Abzufangen versuchen die Hochschulen das schon seit Jahren, indem sie die knappen verfügbaren Gelder splitten und immer mehr nebenberufliches Personal beschäftigen. Zumeist über befristete Verträge. Und das lässt die fiktive Personalstärke der Hochschulen erst recht explodieren.

Waren 2004 noch 3.554 Personen nebenberuflich an Sachsens Hochschulen tätig (eine Zahl, die während der CDU/SPD-Regierung praktisch recht stabil blieb), ist dieser Wert ab 2010 in die Höhe geschossen: 2011 waren erstmals mehr als 10.000 solcher “Anstellungsverhältnisse” gezählt worden, 2013 waren es dann schon 11.391. Dabei blieb auch hier die Zahl der eigentlichen nebenberuflichen Lehrkräfte relativ konstant (2004: 2.434, 2013: 2.590). Dafür wurde die Beschäftigung insbesondere von studentischen Hilfskräften praktisch zur eigentlichen Prothese, den tatsächlich existierenden Personalmangel irgendwie zu kaschieren. Die Zahl der wissenschaftlichen Hilfskräfte, die in der Regierungszeit der CDU/SPD-Regierung um die 1.000 schwankte, stieg 2011 erstmals auf 7.719 und lag 2013 bei 8.784. In vielen Fällen machen die die Arbeit, die vorher Dozenten und Assistenten gemacht haben.

Die vom Landesamt für AStatistik vorgelegten Zahlen für 2013:
www.statistik.sachsen.de/download/200_MI_2014/MI-147.pdf

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar