War die Mietpreisbremse nun eine Schnapsidee oder nur einfach falsch gedacht? Am Donnerstag, 13. November, diskutierte der Bundestag zum ersten Mal über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz - MietNovG. Drei Tage zuvor hatte eine Studie der RegioKontext GmbH gezeigt, dass Vermieter schon längst auf die Pläne reagiert haben.

Gerade in den deutschen Großstädten, wo sich die Mietsituation so langsam zuspitzt, haben sie spätestens im Sommer 2013, als auch die CDU das Thema Mietpreisbremse in ihr Wahlprogramm aufnahm, die Neuvermietungsmieten deutlich angehoben. Fast hat man den Eindruck, die Mietpreisbremse wurde nur erfunden, um genau diesen Effekt zu erzielen.

“Der vorliegende Gesetzentwurf zur Mietpreisbremse ist ohne Bremswirkung, im Gegenteil: Der Schutz vor Mietsteigerungen ist nicht nur stark verwässert, nein, der Koalitionsstreit befeuerte den Mietmarkt noch zusätzlich”, erklärt dazu Stephan Kühn, sächsischer Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen. “Während der langen Debatte zwischen CDU/CSU und SPD über die Ausgestaltung der Mietpreisbremse haben die Vermieter die Gelegenheit genutzt und die Kosten für Neuanmietungen stark gesteigert. Zwischen der Ankündigung der Mietpreisbremse und den Mietsteigerungen kann ein deutlicher Zusammenhang hergestellt werden.”

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der RegioKontext GmbH im Auftrag von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.

Das rapide Anziehen des Vermietungsniveaus betrifft nicht nur westdeutsche Kommunen wie Hamburg und Regensburg in erheblichem Umfang, auch in vermeintlich entspannten Märkten wie in Leipzig legten die Angebotsmieten im Zeitraum Juni 2013 und September 2014 um 7,2 Prozent zu. Haushalte, die aktuell umziehen müssen, sind derzeit mit Marktbedingungen konfrontiert, die mittel- bis langfristig zu deutlich höherer Mietbelastung führen können.

“Ausgehend von vergleichsweise moderaten 5,24 Euro pro m2 (nettokalt), die anfangs noch knapp unter dem Niveau einer Mietpreisbremse lagen, zeigt sich in Leipzig ein deutlicher Aufwärtstrend”, stellt RegioKontext fest. “Mit zuletzt 5,85 Euro pro m2 ergibt sich seit Dezember 2013 ein Anstieg um 4,2 Prozent. Seit Mitte 2013 stiegen die Angebotsmieten für eine wiedervermietete Wohnung sogar um 7,2 Prozent.”Aber nicht nur in Leipzig ist der Effekt nachweisbar. Auch in Jena hat das Niveau der Neuvermietungsmieten deutlich zugenommen – wobei dort die geringe Fallzahl den Erstellern der Studie Kopfzerbrechen bereitet. Denn Jena hat – im Vergleich zu Leipzig – längst schon einen stark verengten Wohnungsmarkt. Es ist dort schon schwer, überhaupt noch eine Wohnung zu finden. Was dann auch das für den Osten sowieso schon sehr hohe Mietniveau bei Neuvermietungen von 8,62 Euro/m2 erklärt. Jena hat jetzt schon die Probleme, die auf Leipzig erst zurollen.

Noch stärker schlug der Zeiger in Rostock aus, wo seit Beginn der Diskussion ein Niveauanstieg von über 11 Prozent zu Buche schlug. Und auch das von einem Niveau, das mit 6,40 Euro/m2 schon deutlich über dem Leipziger lag.

Die Diskussion um die Mietpreisbremse hat also dazu geführt, dass der Preisanstieg auch in Städten wie Leipzig erst einmal so richtig befeuert wurde – und zwar ohne dass irgendein Instrument in Sicht ist, das in den begehrten Großstädten für eine mittelfristige Entspannung der Situation sorgen könnte. Denn gleichzeitig – davor warnte ja der BFW auf seiner Leipziger Tagung am 11. und 12. November – sorgt gerade der Gesetzgeber dafür, dass Wohnungsneubau in Deutschland immer teurer wird. Es ist also der Gesetzgeber selbst, der den Wohnungsmarkt gleich von beiden Seiten in die Schraubzwinge genommen hat.

Die einzigen, die am Ende draufzahlen, sind die Mieter. Denn die Wohnungswirtschaft selbst ist stark genug, auch die geplante Mietpreisbremse zu einem reinen Papiertiger zu machen.

Stephan Kühn: “Daneben bietet der aktuelle Gesetzentwurf mit seinen zahlreichen Ausnahmen nicht nur viele Schlupflöcher, diese Regelungen zu umgehen, sondern fördert das hochpreisige Bauen statt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.”

Ein Trauerspiel also, bei dem die Grünen in der Opposition nur zuschauen können, wie das Thema von den großen Koalitionären zerredet und zerlöchert wird.

“Eine starke Mietpreisbremse, wie bereits von Bündnis 90/Die Grünen 2011 im Bundestag beantragt, hätte einen direkten Effekt auf die Wohnungsmärkte gehabt und den Mieterinnen und Mietern viel Geld gespart”, stellt Kühn nun fest. “Stattdessen zahlen sie jetzt den Preis für das Zaudern der Regierung. Angesichts der vorliegenden Ergebnisse ist es wichtig, die Mietpreisbremse so schnell wie möglich umzusetzen. Jede Verzögerung und jedes Schlupfloch geht zu Lasten der Mieter.”

www.stephankuehn.com

Die Studie als PDF zum Download.

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