Die Fragen zur Umzugslust der Leipziger gehören seit Jahren zur Bürgerumfrage. Eine Zeit lang staunten dann Leipzigs Statistiker, dass die Leipziger immer noch so wild aufs Umziehen waren, nur jeder Dritte schien irgendwie mal angekommen zu sein in seinem Lieblingsviertel. Aber das ändert sich seit ein paar Jahren. Auch wenn 39 Prozent der Leipziger dennoch irgendwie vor haben, in den nächsten zwei Jahre umzuziehen.

Und das hat natürlich damit zu tun, dass Großstädte wie Leipzig vor allem Mieterstädte sind. Nur 10 Prozent der Leipziger wohnen im eigenen Haus (was die Bodenständigkeit deutlich erhöht), drei Prozent in einer Eigentumswohnung, aber 86 Prozent zur Miete. Großstädtern muss niemand erklären, dass Mobilität ein Lebenszustand ist – und das auch fürs Wohnen gilt, was einige Leute jetzt fürs Autofahren neu erfunden haben: Man kauft sich das Dach überm Kopf nicht, sondern mietet es sich – und zwar in der Größe, die man braucht.

Deswegen ist für 61 Prozent derer, die in den nächsten zwei Jahren einen Umzug planen, die Wohnungsgröße der Hauptgrund. Steht so zwar nicht in der Auswertung der Bürgerumfrage. Da muss man addieren: 33 Prozent nennen wohnungsbezogene Gründe (Wohnung zu klein, Wohneigentum, Mängel), 14 Prozent familiäre Gründe: Junge Leute suchen was Größeres für die wachsende Familie und später, wenn die Kinder ausziehen, sucht man wieder was Kleineres oder – wenn die Partnerschaft ganz und gar in die Binsen geht – was ganz Kleines. Und man muss hier auch die 14 Prozent nennen, die die Kosten als Grund erwähnen – Miete zu hoch oder, auch das ist seit 2005 ein wesentlicher Grund: man überschreitet die Grenzen der KdU, der “Kosten der Unterkunft”.

Berufliche Gründe sind mit 16 Prozent der zweithäufigste Grund zum Umzug (aber nicht immer zieht man deswegen um, wenn man den neuen Job auch noch mit dem Auto erreicht, dazu kommen wir noch). Und obwohl die Leipziger so mächtig zufrieden sind, sind trotzdem 11 Prozent der Befragten mit ihrem Wohnumfeld nicht zufrieden. 5 Prozent müssen auch aus gesundheitlichen Gründen umziehen.

Deutlich macht die Bürgerumfrage aber auch wieder, dass Wohneigentum schlicht auch eine Frage des Geldbeutels ist. Wirklich attraktiv wird es erst mit (gesicherten) Einkommen ab 2.600 Euro im Monat. Es gibt zwar auch Haushalte mit geringeren Einkommen, die Wohneigentum besitzen. Aber das sind oft genug Bewohner der Ortsteile am Stadtrand, die traditionell von Wohneigentum geprägt sind.

Die Bürgerumfrage zeigt aber auch, dass die Umzugspläne vor allem bei jungen Leuten (18 bis 34 Jahre) ausgeprägt sind. 24 Prozent haben fest vor, binnen zwei Jahren umzuziehen. Es ist also kein außergewöhnlicher Effekt, sondern ein für eine junge und von Hochschulen geprägte Stadt normaler Zustand. Das gibt sich dann, wenn der Mensch ein Auskommen findet und sesshafter wird. Die 35- bis 49-Jährigen hegen nur noch zu 11 Prozent solche festen Umzugspläne.

Und genau diese Frage aber macht auch sichtbar, wo die jungen Lebens- und Familienstarter in Leipzig wohnen. Das erfasst zwar auch die jungen Pionierviertel (Lindenau, Leipziger Osten). Aber viele dieser jungen Leute wohnen auch in Vierteln, die man eigentlich nicht mehr als Aufbruchsviertel betrachtet, die aber dennoch bei Studierenden und jungen Familien gefragt sind: Südvorstadt, Connewitz, Reudnitz, Schönefeld, sogar Eutritzsch. Aber weil Mieten eine Frage des Geldes ist, spielt der Mietpreis beim Umzug eine immense Rolle. Auch das wurde in der Bürgerumfrage abgefragt.

Wenn das monatliche Haushaltsnettoeinkommen in Leipzig bei 1.549 Euro liegt (bei Singles und Alleinerziehenden liegt es noch deutlich drunter), dann kann man sich im Grunde leicht ausrechnen, wo die Leipziger Grenzen bei der Mietbelastung sind. In der Bürgerumfrage wurde das sogar abgefragt. Das Ergebnis ist deutlich: Für eine Zweiraumwohnung würden Umzugswillige bis zu 425 Euro zahlen, bei Dreiraumwohnungen bis zu 562 Euro. Das sind Durchschnittswerte. Die nicht so gut Betuchten können für Zweiraumwohnungen eher nur 350 Euro berappen, die reicheren würden auch 500 Euro im Monat hinblättern.

Was im Grunde zeigt, wie eng verzahnt das Leipziger Mietniveau mit dem Leipziger Einkommensniveau ist. Da können Immobilienentwickler jetzt wie wild Mieten von 10, 12 Euro anstreben – die Klientel, die das in Leipzig bezahlen kann, ist denkbar klein.Und an dieser Stelle geht auf dem Leipziger Wohnungsmarkt eine gewaltige Schere auseinander: Die Angebotsmieten, also das, was in den diversen Wohnungsbörsen derzeit angeboten wird, bewegen sich mittlerweile in einem Bereich von 5,85 Euro im Schnitt. Das tatsächliche Mietniveau in Leipzig ist aber seit Jahren sehr stabil und lag laut Bürgerumfrage 2013 bei 5,08 Euro pro Quadratmeter Durchschnittsmiete. Das ist das, was die Leipziger tatsächlich zahlen.

Es gibt ein paar Ortsteile, in denen sich schon ein leicht höheres Mietniveau etabliert hat. Aber das sind Quartiere, in die man sowieso erst zieht, wenn man eine gut gepolsterte Börse hat – die Innenstadt zum Beispiel, wo mit 6,06 Euro das höchste Mietniveau erreicht wird. Das Musikviertel hat mit einem Niveau über 6 Euro auch schon von sich Reden gemacht.

Dann gibt es noch die berühmten Wohnviertel mit Nähe zum Auwald (Waldstraßenviertel, Schleußig, Südvorstadt, Zentrum-Süd), wo das durchschnittliche Mietniveau derzeit zwischen 5,50 und 6 Euro liegt. Aber hier liegen auch die Einkommen der Bewohner über dem Stadtdurchschnitt. Und “voll” im Sinne von 95 Prozent Vermietung sind diese Viertel auch.

Einige Ortsteile, die sich derzeit gerade etablieren, haben dann eher das ganz normale Leipziger Mietpreisniveau zwischen 5 und 5,50 Euro – Plagwitz, Gohlis, Nordvorstadt gehören dazu. Dann gibt es schon einen eher blassblauen Gürtel von Quartieren wie Leutzsch, Lindenau oder Schönefeld, wo das Mietniveau zwischen 4,50 und 5 Euro liegt. Und in einigen Quartieren, in denen die Entwicklung noch unentschieden ist (Grünau, Volkmarsdorf, Neustadt-Neuschönefeld) liegt das Niveau eher zwischen 4 und 4,50 Euro.

Selbst beim Vergleich zwischen Einkommen und Mietbelastung wird deutlich, dass jeder Haushalt, der mit weniger als 1.100 Euro im Monat auskommen muss, eher Wohnungen mit Mieten unter 5 Euro je Quadratmeter sucht, während Besserverdiener im Schnitt schon 5,66 Euro leisten. Was sich dann bei der Gesamtmiet-Belastung sehr deutlich bemerkbar macht: Haushalte mit maximal 1.100 Euro Monatseinkommen liegen derzeit bei durchschnittlich 341 Euro Mietbelastung im Monat (die dann auch schon bis zu 55 Prozent des Monatseinkommens fressen), Gutverdiener zahlen zwar 697 Euro im Monat, aber das macht dann im Schnitt nur 18 Prozent des Einkommens aus.

All das sind Zahlen, die deutlich machen, wie stark die simplen Wohnkosten auf die für viele Leipziger normalen niedrigen Einkommen durchschlagen. Wenn da die Nebenkosten anziehen (was sie auch 2013 taten), geht es immer ans Eingemachte. Nur sind das dummerweise nicht die einzigen Kosten, die jedes Jahr steigen.

Machen wir also im nächsten Teil weiter mit ein paar Kostensteigerungen und wie sie bei den Leipzigern ankommen.

Der Bericht ist für 15 Euro (bei Versand zuzüglich Versandgebühr) erhältlich beim Amt für Statistik und Wahlen und steht kostenfrei zum Download auf www.leipzig.de/statistik unter der Rubrik “Veröffentlichungen” zur Verfügung.

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