Nach der Vorstellung des Prüfberichtes zu den "Herrenlosen Grundstücken" fordern Leipzigs Grüne "personelle Konsequenzen in der Leitung des Dezernates Allgemeine Verwaltung". Bislang sei nur die "statistische Spitze des Eisberges" zum Vorschein gekommen, monieren die Liberalen. Auch die Linken glauben bei dem Ausmaß des Problems nicht an Zufall.

Dienst- und Fachaufsicht mangelhaft, so das harte Urteil von Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) zu dem Umgang der Stadtverwaltung mit den so genannten Herrenlosen Grundstücken. Eine Konsequenz aus diesem Fazit zog das Stadtoberhaupt auf der Pressekonferenz zur Vorstellung des verwaltungsinternen Prüfberichts am Donnerstag (noch) nicht.

Die Fachaufsicht über das Rechtsamt liegt spätestens seit 1994 beim Dezernat Allgemeine Verwaltung. Dass sich aus dieser Zuständigkeit auch eine Verantwortung für die Vorgänge um die so genannten Herrenlosen Grundstücke ergibt, räumte Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller (SPD) bei jenem denkwürdigen Pressetermin am Donnerstag, 29. März, auch unumwunden sein.

Für die Grünen im Leipziger Stadtrat ist klar, was nun folgen muss: “Wenn die Dienstaufsicht über Jahre so lax gehandhabt wurde, stellt sich die Frage der politischen Verantwortung”, so der Fraktionschef der Öko-Partei, Wolfram Leuze, zu L-IZ. “Dieser Frage muss sich der zuständige Bürgermeister Andreas Müller stellen”, so Leuze weiter, “und dann auch der Stadtrat.”

Welche Folgerung aus der Übernahme von politischer Verantwortung durch Bürgermeister Müller für diesen selbst erwachsen sollte, lässt Leuze fürs Erste offen. Gleichwohl seien “personelle Konsequenzen an der Verwaltungsspitze” für die Grünen “ein notwendiger Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Integrität der Stadtverwaltung Leipzigs”.

Damit verbindet der grüne Vormann die Aufforderung an Oberbürgermeister Burkhard Jung, “bis zur Klärung dieser Fragen dem Dezernat Allgemeine Verwaltung die fachliche und sachliche Zuständigkeit für das Rechtsamt zu entziehen”. Ein solcher Schritt liegt einzig im Ermessen des Stadtoberhaupts als Chef der Verwaltung.Ein solcher Schritt kann im Zweifel sehr schnell gehen. Das ist spätestens seit der Entscheidung Jungs aus dem November 2010 bekannt, Kulturbürgermeister Michael Faber die Zuständigkeit für die kulturellen Eigenbetriebe zu entziehen.

Darüber hinaus begrüßen die grünen Stadträte Heike König und Wolfram Leuze “ausdrücklich, dass der Oberbürgermeister mit der Aufklärung von gravierenden Unregelmäßigkeiten rund um die herrenlosen Häuser nach Vorliegen des Prüfberichtes des Rechtsamtes in die Offensive geht und soviel Transparenz wie rechtlich möglich für Stadträte und Bürgerinnen und Bürger Leipzigs herstellen will”.

Dies sei nach Ansicht der Grünen auch zwingend geboten. Denn das Ansehen Leipzigs leide unter der “Tatsache, dass ausgerechnet im Rechtsamt der Stadtverwaltung die Rechte Dritter jahrelang – sei es nun vorsätzlich oder grob fahrlässig – offensichtlich missachtet worden sind”.

FDP spricht von “statistischer Spitze des Eisberges”Rhetorisch passend zum nahenden Jubiläum des Titanic-Untergangs spricht die FDP im Stadtrat von der “statistischen Spitze des Eisberges”. Denn nur ein kleiner Teil der betroffenen Grundstücke sei bislang einer Tiefenprüfung unterzogen worden, moniert der liberale Fraktionsvize Rene Hobusch.

“Erfreulich ist, dass es bislang keinen Anhaltspunkt für korruptives Verhalten innerhalb der Verwaltung gibt”, so Hobusch weiter. Gleichwohl wolle und könne er nach Blick in den Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamtes “heute nicht ausschließen, dass es außerhalb der Verwaltung einen strukturierten Umgang mit Herrenlosen Grundstücken gegeben haben könnte”.

Hobusch verweist zudem darauf, dass die Aufklärungsarbeit erst nach Medienberichten erfolgt sei. Auch die Einsetzung Hiens als Vertrauensperson stellt aus Sicht der FDP die Umsetzung ihrer Forderung aus der Vorwoche nach Einsetzung einer unabhängigen Stelle als Ansprechpartner und Schiedsstelle dar.

Linke sieht Dienstaufsichtspflicht “gröblichst” verletzt

Das bislang bekannt gewordene Ausmaß der Verfehlungen nennen die Linken im Stadtrat eine “gravierende Schlamperei”. Für Linken-Finanzexperten Steffen Wehmann lautet die entscheidende Frage nun: “Ohne – oder mit System?”

“Die lange Zeitdauer von fast 20 Jahren sowie der Umfang der nicht sachgerecht bearbeiteten Vorgänge in der zuständigen Abteilung des Rechtsamtes von 88 Prozent machen es allerdings schwer, nicht an ein systematisches und von Interessen getragenes Vorgehen zu glauben”, findet Wehmann.

Auch für den Linken steht fest: Die Dienstaufsichtspflicht in einem hochsensiblen Bereich sei von der Verwaltungsspitze “gröblichst” verletzt worden. “Die Ergebnisse sowohl der nunmehr anstehenden detaillierten Aufarbeitung der Grundstücksverkäufe als auch die der laufenden Untersuchungen der Staatsanwaltschaft und des Landeskriminalamtes müssen noch abgewartet werden, um hier abschließende Sicherheit zu erhalten”, so Wehmann abschließend.

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