Die Grüne-Fraktion im Leipziger Stadtrat setzt auch weiterhin auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Sie hat heute einen Antrag zur Veröffentlichung der gesamten Stadtratsbeschlüsse im Amtsblatt gestellt. Doch die Verwaltung sieht das als nicht zielführend an und geht einen Schritt weiter: Künftig sollen die Beschlüsse auf der Stadt-Homepage online verfügbar sein.

Im Leipziger Amtsblatt werden derzeit lediglich die beschlossenen Themen in einer Übersicht veröffentlicht. “Durch diesen knappen thematischen Anriss können Amtsblattleserinnen und -leser vielleicht vereinzelt etwas zur Tragweite von Entscheidungen nachvollziehen”, monieren die Grünen. Es sei aber zur weiteren Verbesserung der Transparenz und zur Beförderung des Interesses an der Arbeit des Stadtrates erforderlich den gesamten Beschlusstext von Anträgen der Fraktionen, Petitionen sowie Vorlagen der Verwaltung im Amtsblatt zu veröffentlichen.

Deshalb will die Fraktion, dass “die vom Stadtrat und seinen beschließenden Ausschüssen gefassten Beschlüsse analog der Darstellung der Besuchertagesordnung in redaktionell zusammengefasster Form ab sofort im Amtsblatt der Stadt Leipzig im Wortlaut” publik gemacht werden. Denn wie Ingo Sasama in der Ratssitzung anmerkte, habe nicht jeder Zugang zum Internet.

Die Frage, wer das Amtsblatt gerade unter jungen Leipzigern überhaupt noch liest, scheint sich hingegen die Verwaltung gestellt zu haben und unterbreitete einen eigenen Vorschlag. Die Niederschriften zur Ratsversammlung sollen, sobald sie verfügbar sind, auf der Stadt Homepage eingestellt werden und unter dem Kurzlink www.leipzig.de/stadtrat abrufbar sein. Im Amtsblatt bliebe es hingegen bei der bekannten Übersicht und neu hinzu käme dann ein Hinweis auf das Internet.
Claus Müller von der SPD merkte daraufhin in einem Wortbeitrag an, dass er das Amtsblatt zwar bestellt habe, es aber praktisch nie in seinem Briefkasten liege. Die Zustellung funktioniere nicht. Was ihn dazu brachte, den den Verwaltungsvorschlag zu begrüßen.

OBM Burkhard Jung freute sich ebenso auf die neue Zeit auf leipzig.de: “Ich teile das Anliegen, die Idee finde ich gut.” Er führte jedoch aus, was der Antrag für Folgen hat, hier also mehr Kosten und mehr Personalaufwand nach sich ziehe. Außerdem werde dem Anliegen des Antrags, das Interesse der Leipzigerinnen und Leipziger an der Arbeit des Stadtrates zu befördern, noch nicht umfassend gerecht.

Denn wer sich schon mal die Tagesordnung einer Ratsversammlung angesehen hat, stößt da auf mindestens zehn Anträge in 2. Lesung und nicht selten doppelt so viele Vorlagen. Die Änderungs- und Ergänzungsanträge sind da noch nicht mitgerechnet. Im Klartext: Ein Wust an Informationen, der ganze Seiten füllen würde, auch wenn sie redaktionell aufgearbeitet würden – darauf ist das derzeit achtseitige Amtsblatt aber nicht ausgelegt. Jung bezifferte die entstehenden Mehrkosten auf 1.200 Euro pro gedruckter Ausgabe, sollte der Vorschlag der Grünen angenommen werden.

“Der Alternativvorschlag bezüglich der Beschlüsse der Ratsversammlung wäre sofort umsetzbar, da beide Dokumente bereits jetzt im eRIS verfügbar sind.” Die Benutzung des elektronischen Ratsinformationssystems sei allerdings sehr unhandlich und eine Umprogrammierung ebenfalls teuer. Dennoch: “Der aufgezeigte Weg über die Einstellung auf leipzig.de wäre deshalb sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus Nutzersicht sinnvoll.”
Wolfram Leuze von den Grünen meldete sich daraufhin zu Wort und betonte, dass “mehr Transparenz … uns was Wert sein” sollte. “Ich wollte nur klarmachen, was mit dem Antrag zusammenhängt. Wenn der Antrag positiv beschieden wird, dann müssen wir mehr Geld im laufenden Haushalt dafür einstellen.” so OB Jung in seiner Antwort. Ein Abwägungsprozess, welcher bereits beim letzten Antrag der Linken auf Videoübertragung der Ratssitzungen im Netz zu einem Beschluss geführt hatte, welcher aktuell bedeutet, dass alles dabei ohne Kosten zu realisieren sei – was dieses Unterfangen angesichts der kommunalen Kassenlage bereits jetzt an den Rand des Scheiterns gerückt hat.

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Doch diesmal kippte die Waage zwischen Geld und Transparenz in Richtung der grünen Beschlussvorlage. Die Ratsversammlung hat heute mehrheitlich mit wenig Enthaltungen den Antrag angenommen. Laut gerade getroffenem Beschluss gelten die Neuerungen ab sofort. Ob tatsächlich schon in der nächsten Ausgabe am 26. Mai die gesamten Beschlüsse zu lesen sein werden, ist fragwürdig, müssen ja erst einmal Seiten hinzugekauft und das Layout verändert werden. Und irgendwer sollte in den Kassen der Stadt erfolgreich mindestens runde 30.000 Euro zusätzliche Euros finden.

Das Leipziger Amtsblatt erscheint alle 14 Tage. Darüber hinaus ist es ist sowohl in Papierform kostenlos z.B. im Rathaus erhältlich oder auch als pdf im Internet einsehbar. Wenns mal wieder mit der Zustellung nicht klappt.

Zum Amtsblatt im Netz
www.leipzig.de/de/buerger/service/amtsblatt

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