Was Beobachter seit Langem vermuten, wird nun immer wahrscheinlicher: Der 1. FC Lokomotive arbeitet offenbar mit organisierten Neonazis zusammen. Ob wissentlich, bleibt noch offen, denn der Verein schweigt bislang zu den diesbezüglichen Anfragen der L-IZ.de. Doch seit heute ist es amtlich - die Ultragruppe "Scenario" wird wegen rechtsextremer Aktivitäten vom Verfassungsschutz beobachtet.

Sie sorgen für Stimmung auf den Rängen, begehen in den Farben des 1. FC Lok Straftaten, skandieren weitab vom Platz bei Freefights den Schlachtruf “L-O-K” – und erhalten offenbar stillschweigende Rückendeckung seitens des Vereins. Die Anhänger der Ultragruppierung “Scenario” geben im Kern der blau-gelben Fanszene den Ton an, wie nicht zuletzt beim durch ein Mitglied von “Scenario” angemeldeten Derby-Fanmarsch vom 2. September 2012 sichtbar wurde, als bis zu 2.000 Lok-Anhänger dem Aufruf folgten.

Und der Traditionsclub unterstützt seine Ultras, als wären es ausschließlich engagierte Fans. Vor dem Derby gegen RB Leipzig stellte er der Gruppe sein Vereinsgelände zum Basteln der großen Fahne zur Verfügung, welche anschließend im ehemaligen Zentralstadion entrollt wurde. An einem eigenen Stand durften “Scenarios” im Vorfeld des Derbys gegen RB Leipzig zudem Motto-Shirts verkaufen.

Neben zahlreichen Fans griffen auch Spieler und Betreuer zu den bunten Traditionsshirts. Obwohl die Verstrickungen der Gruppe ins rechte Milieu seit Jahren bekannt sind, scheint es längst Alltag bei Lok, die Kooperation zumindest nicht abzuweisen. Durchaus eine Frage dabei, welchen Kurs der Verein da verfolgt? Die Frage, ob der 1. FC Lokomotive Leipzig selbst mit verdiente, wem dabei Geld zufloss und wofür es verwendet wird, ist seit vergangener Woche Gegenstand einer bislang unbeantworteten L-IZ – Anfrage an die Verantwortlichen in der Vereinsspitze.
Am Montag, 10. September hat sich das Landesamt für Verfassungsschutz nun zu der Gruppe geäußert. L-IZ.de wollte von der Behörde wissen, welche Fangruppen das Leipziger NPD-Zentrum nutzen. “Dem LfV Sachsen liegen Hinweise vor, nach denen Fußballfans des 1. FC Lok Leipzig das Objekt Odermannstraße 8 frequentieren und an Veranstaltungen der NPD und parteiungebundener Rechtsextremisten teilnehmen”, teilte Sprecher Falk Kämpf am Montag mit. Der Szene-Treff sei zudem bislang als Sitz der Hooligan-Gruppe “Blue Caps” bekannt.

“Nach vorliegenden Anhaltspunkten nutzt auch die rechtsextremistische Fußballfangruppierung ‘Scenario Lok’ das Objekt”, so Kämpf, der in dem Zusammenhang auf einen Vorfall am 19. August verweist. Neonazis hatten am Abend die Feier eines benachbarten Kunstvereins gestört. Kämpf weiter: “Dafür spricht, dass Teilnehmer einer dort am 19. August 2012 durchgeführten Veranstaltung ein in unmittelbarer Nähe stattfindendes Vereinsfest störten, wobei die Störer u. a. T-Shirts mit Aufdrucken wie ‘Lokisten’ sowie ‘Scenario Lok’ trugen. Sie sollen dabei Rufe wie ‘Sieg Heil’ und ‘Solidarität mit NSU’ skandiert haben.”

Bisherige Reaktionen des Fußballvereins vor dem Schreiben des Verfassungsschutzes: Sicherheitschef Steffen Kubald distanzierte sich via Presse vorab vom “Scenario”-Fanmarsch, während Vereinspräsident Michael Notzon vor dem Derby gegenüber L-IZ bekannt gab, das für ihn der 1. FC Lokomotive Leipzig ein unpolitischer Fußballverein sei. Für manche Fans scheint dies jedenfalls nicht ganz zutreffend.

Zu einem Leserbrief vom 10. September 2012 auf L-IZ.de
Leserbrief zu Verfassungsschutz Sachsen zu Scenario Lok: “Eine rechtsextremistische Fußballfangruppierung”

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