Der doch recht deutliche Ausgang des 1. Wahlgangs zur Leipziger Oberbürgermeisterwahl am 27. Januar hat am Ende wohl doch die Spannung aus der ganzen Sache genommen. Die Briefwahlbeteiligung lag zwar in der 2. Runde höher als in der ersten. Doch dafür sackte am heutigen Sonntag die Wahlbeteiligung ab. Auch wenn die Beteiligung am Ende etwas höher liegen dürfte als im 2. Wahlgang 2006. Da gingen nur noch 31,7 Prozent der Wahlberechtigten wählen.

Am heutigen 17. Februar waren um 16 Uhr 29,1 Prozent zur Stimmabgabe. Vor drei Wochen waren es um die Zeit schon 35,4 Prozent gewesen. Sollten wirklich weitere 6 Prozent der Wahlberechtigten heute gedacht haben “Ist doch eh egal”, dann werden um 18 Uhr etwa 34 Prozent Wahlbeteiligung da stehen. Zeichen natürlich für einen flauen Wahlgang, ein großes Schulterzucken. Die Herausforderer haben nicht wirklich geschafft, eine Wechselstimmung zu erzeugen. Dazu sind wohl auch die meisten viel zu spät gestartet.

Manche scheinen sich geradezu darauf verlassen zu haben, dass Amtsinhaber Burkhard Jung (SPD) in den letzten Monaten noch einmal eine Steilvorlage liefert, bei der man politisch hätte punkten können. Doch es ist ihm fast bravourös gelungen, alle wirklich heißen Eisen aus dem Wahlkampf herauszuhalten oder so weit in die Zukunft zu strecken, dass man ihm nicht wirklich vorwerfen konnte, er würde die Probleme nicht lösen wollen.

Sie stehen nun 2013 alle auf der To-do-Liste – von den Kita-Plätzen bis zu den Lösungsvorschlägen für das actori-Gutachten. Burkhard Jung hat zwar “mehr Geld ins System” gegeben. Aber die drohende Finanzierungslücke von 5 Millionen Euro bleibt.

Und die Diskussion um den Haushalt 2014 hat schon begonnen. Bis Ende Februar will Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) die ersten Zahlen aus den Dezernaten hören. Am 26. Februar geht’s in der Dienstberatung um eine Vorlage mit dem geheimnisvollen Titel “Methodik der Investitionsplanung 2014ff.”

Bis Ende März will Bonew auch die Stellenanmeldungen für 2014 auf dem Tisch haben. Im Mai geht die Verwaltungsspitze in die erste Klausur. Da geht’s auch um die ersten Haushaltsprognosen für 2014. Die ersten Exemplare der Bände II, III, IV des Haushaltsplanentwurfes gehen am 12. September in die Hausdruckerei. Da hat der Diskussionsherbst eigentlich schon begonnen. Die Stadtratsfraktionen bekommen die Bände II, III, und IV am 17. September, und so wie man Torsten Bonew kennt, schafft er das auch auf den Punkt. Und wenn es Sonderschichten kostet. Beschlossen werden soll der Haushalt 2014 übrigens am 16. Dezember.

Ist jetzt alles noch Zukunftsmusik. Die Landesdirektion hat ja noch nicht einmal den Haushalt 2013 bestätigt.

Die Wahllokale sind noch nicht geschlossen. Aber wenn Punkt 18 Uhr überall die Türen geschlossen werden, beginnen schon die ersten Zähler mit dem Öffnen der Urnen mit den Briefwahlzetteln. Und da diesmal nur fünf Namen auf dem Zettel stehen, wird es fix gehen, da sind die ersten Ergebnisse da.

18:15 Uhr. – So flott geht das. Die ersten 4 der 353 Wahlbezirke sind ausgezählt. Darunter 70 Briefwahlbezirke. Und es ist wie am 27. Januar: Die ersten Ergebnisse scheinen den Trend zu bestätigen. Der Amtsinhaber hat die Nase vorn. So war es auch in der ersten Wahlrunde. Er profitiert vom Amtsbonus. Und das änderte sich am 27. Januar auch im Lauf des Abends nicht mehr. Am Ende lag Burkhard Jung bei 40,2 Prozent der Stimmen.

Wirklich noch ein paar Punkte gut gemacht haben am 27. Januar in den Wahllokalen vor allem der Grüne-Bewerber Felix Ekardt und der unabhängige Bewerber Dirk Feiertag. Für Burkhard Jung (SPD) und Barbara Höll (Linke) war das Briefwahlergebnis auch fast punktgenau das Wahlergebnis am Ende. Nur Horst Wawrzynski, der für die CDU startet, verlor so noch einen Punkt.

Und weil jetzt die Ergebnisse hintereinander weg eintrudeln, werden wir schon in wenigen Minuten wissen, wohin der Hase läuft, wer die nächsten sieben Jahre Leipzig repräsentiert, diese sechs mal durch den Fleischwolf gedrehte Stadt, die das Potenzial hat, eine ganz Große wieder zu werden – wären da nicht all die Bleigewichte der schönen bunten Gegenwart.

18.20 Uhr. – Der Trend ist da – auch wenn erst 20 Wahlbezirke ausgezählt sind. Im Grunde kann die Leipziger SPD jetzt schon die Schampusflaschen aufmachen. Sie hat den Job des Oberbürgermeisters in Leipzig verteidigt. Damit gelingt Burkhard Jung, was auch seinen Amtsvorgängern schon gelungen ist: Das Amt zu verteidigen. Auch wenn Hinrich Lehmann-Grube und Wolfgang Tiefensee ihre zweite Amtszeit dann deutlich verkürzten.

Die ersten Prozente sagen: 42,5 Prozent für Jung, Wawrzynski kann sich auf 32 Prozent steigern. Höll liegt wieder bei 15 Prozent, Ekardt und Feiertag haben erst einmal 5 Prozent auf dem Konto.

18:30 Uhr. – Herzlichen Glückwunsch, kann man eigentlich sagen. Über 120 von 353 Wahlbezirken ausgezählt. Burkhard Jung liegt mit 44 Prozent der Stimmen uneinholbar vorn. Horst Warzynsky hat sich als Verfolger bei 29 Prozent eingependelt. Möglicherweise profitiert er ein wenig vom Rückzug des FDP-Bewerbers René Hobusch. Aber nutzt ihm nichts. Es kommt in diesem Jahr zu keinem richtigen Duell des CDU-Bewerbers gegen den SPD-Amtsinhaber wie noch 2006, als Uwe Albrecht für die CDU Flagge zeigte.

Barbara Höll verteidigt ihre 15 Prozent. Während Felix Ekardt seine Werte aus der ersten Runde nicht wieder bringen kann. Irgendwie scheinen gerade Grünen-Wähler diesmal vorsichtshalber doch Burkhard Jung ihre Stimme gegeben zu haben.

18.40 Uhr – Diese Wahl ist gelaufen. Über die Hälfte der Wahlbezirke ist ausgezählt. Burkhard Jung hat 44 Prozent der Stimmen gesammelt. Das reicht für die Verteidigung des Amtes, auch wenn an diesem Sonntag die Wahl wieder unter einer niedrigen Wahlbeteiligung litt. Davon profitieren die beiden Kandidaten von SPD und CDU.

18.50 Uhr – Burkhard Jung hat jetzt 57.000 Stimmen gesammelt, Horst Wawrzynski 36.000. 312 von 353 Wahlbezirken sind ausgezählt. Unübersehbar sind viele Leipziger, die am 27. Januar noch zur Wahl gingen, diesmal lieber in den Winterurlaub gefahren. Barbara Höll hat 18.000 Stimmen gesammelt. Felix Ekardt peilt die 9.000 an, Dirk Feiertag die 7.000.

19.00 Uhr. – Das Finale. Der Sieger des Abends heißt Burkhard Jung – er liegt mit 44,0 Prozent vor Horst Wawrzynski, der mit 28,7 Prozent platziert ist. 338 von 353 Wahlbezirken sind ausgezählt. Für Barbara Höll sind 14,2 Prozent der Stimmen abgegeben worden, für Felix Ekardt 6,9 Prozent und für Dirk Feiertag 5,2 Prozent. Die letzten Wahlbezirke werden am Ergebnis nicht mehr viel ändern.

Welche Wanderung genau dahinter steckt – ob hier die älteren Leipziger noch einmal zeigen wollten, was ihnen wichtig ist z. B. – das werden wir erfahren, wenn das Amt für Statistik und Wahlen alle Zahlen ausgewertet hat.

Amtsvorgänger Wolfgang Tiefensee gratuliert Burkhard Jung zum Wahlsieg: “Ich gratuliere Burkhard Jung. Ein tolles Ergebnis und ein großer Abstand zu den Mitbewerbern. Damit hat Jung Rückenwind für die nächsten sieben Jahre.”

Na denn: Ärmel hochkrempeln. Es gibt zu tun. Wolfgang Tiefensee stellt sich übrigens am Samstag, 23. Februar, auch zur Wahl: Dann wählt die Leipziger SPD ihre Bundestagsdirektkandidaten. Bundestagswahl ist im September.

19:20 Uhr – 349 von 353 Wahlbezirken sind ausgezählt. Burkhard Jung hat jetzt über 65.000 Stimmen gesammelt. Und freut sich ferner schon auf die weitere Zusammenarbeit: Planungsbürgermeister Martin zur Nedden (SPD). “Nach den derzeitigen Auszählungen denke ich schon, dass dies ein überzeugendes Ergebnis für die Arbeit der nächsten sieben Jahre ist. Burkhard Jung hat immerhin mehr Stimmen als die beiden Verfolger zusammen”, stellt er lakonisch fest.

19.40 Uhr – Da hat die Leipziger SPD ihren Euphorie-Schub schon genossen. Burkhard Jung wurde nach seiner Ankunft im Rathaus von seinen Genossen gefeiert bei Bier und Sekt. Burkhard Jung bedankte sich bei seinen Wahlkampfhelfern.

Sein Statement danach: “In dieser Stadt wird ein Christdemokrat niemals das Sagen haben. Leipzig ist und bleibt eine zutiefst sozialdemokratische Stadt, in welcher wir in den letzten sieben Jahren die Arbeitslosigkeit halbiert haben. Im nächsten Jahr werden wir auch die stärkste Fraktion im Stadtrat stellen.”

Er schloss sein Wahlstatement mit dem Spruch “Sozialdemokraten an die Macht”. Da ahnte man in seiner heutigen Euphorie den Blick nach Dresden. Oder meinte er Berlin?

Das vorläufige Ergebnis:

1. Burkhard Jung (45 %)
2. Horst Wawrzynski (28,7 %)
3. Barbara Höll (14,2 %)
4. Felix Ekardt (6,9 %)
5. Dirk Feiertag (5,2 %)

19.45 Uhr. – Ist das für die Kontrenten jetzt ein Grund, sich die Wunden zu lecken? – Scheint nicht so. Sie zeigen sich weiter angriffslustig.

Felix Ekardt: “Die Motivation für uns, in den zweiten Wahlgang zu gehen, war natürlich, dass wir grüne Inhalte transportieren wollten. Wir gratulieren Burkhard Jung und wünschen ihm, dass er eine erfolgreichere zweite Halbzeit als die erste Amtsperiode hat.”

Dirk Feiertag: “Ich bin zufrieden, obwohl ich der schwächste der verbliebenen Kandidaten gewesen bin, habe ich nur 1,7 Prozent verloren. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit groß war, dass ich nicht als OBM aus der Wahl hervorgehe, konnten wir im Wahlkampf Themen setzen. Zum Beispiel die Kosten der Unterkunft, welche unter Burkhard Jung klar rechtswidrig angesetzt wurden, waren zuvor so gut wie nie in den Medien. Das Thema Kita-Plätze wurde von anderen Bewerbern aufgegriffen, nachdem klar war, dass dies einer meiner Schwerpunkte werden würde.”

Und Barbara Höll gegenüber Radio mephisto 97.6, das eine Wahlsondersendung aus dem Neuen Rathaus gesendet hat: “Egal was ich weiter mache, ich werde mich in die Leipziger Politik einmischen.” Ihr Ergebnis von rund 14 Prozent wertete sie als Erfolg, da sie in einem vermeintlichen Zweikampf zwischen SPD und CDU ihr Ergebnis des ersten Wahlgangs bestätigt habe. “Das finde ich sehr, sehr gut. Durch meinen Wiederantritt waren einfach auch viele Bürgerinnen und Bürger ermutigt, überhaupt wieder zur Wahl zu gehen.”

Aber für die L-IZ legt sie noch eins drauf: “Ich erwarte von Burkhard Jung, dass er wieder stärker auf die Leipziger zugeht und die rosarote Brille des Wahlkampfes ablegt. Ob ich zur Bundestagswahl im September antreten werde, möchte ich heute noch nicht bekannt geben. Wir stellen Ende März unsere Direktkandidaten auf und wählen im April die Landesliste.”

Und für die Grünen war der OBM-Wahlkampf so eine Art Flagge-Zeigen, wie der Kreisvorsitzende Jürgen Kasek erklärt: “Felix Ekardts Zielsetzung war von Beginn an, klare Ziele und Themen zu setzen. Felix strebte keine politische Karriere an, wird uns nun also beratend zur Seite stehen. Für mich sind wir mit der Art unseres Wahlkampfes die Einzigen, die klar auf Inhalte gesetzt haben und damit deutlich gemacht haben, dass wir eine Vision für Leipzig und seine Bürger haben.”

Die Abschlussinformation liefert auch heute wieder die Leipziger Wahlleiterin für die OBM-Wahl, Dr. Ruth Schmidt: “Die fünf zur Wahl zugelassenen Bewerber erzielten danach folgende Stimmanteile: Burkhard Jung (SPD): 45 Prozent, Horst Wawrzynski (CDU, Bürgerbündnis Oberbürgermeister für Leipzig e. V.): 28,7 Prozent, Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): 14,2 Prozent, Felix Ekardt (GRÜNE): 6,9 Prozent, Dirk Feiertag (Einzelbewerber): 5,2 Prozent. Mit 66.577 Stimmen hat Burkhard Jung im zweiten Wahlgang die meisten gültigen Stimmen erhalten. Vorbehaltlich der Feststellung des amtlichen Endergebnisses durch den Wahlausschuss am kommenden Dienstag bleibt er damit Oberbürgermeister der Stadt Leipzig.”

Insgesamt 435.599 Leipzigerinnen und Leipziger waren aufgerufen, ihr Stadtoberhaupt zu wählen. Dem vorläufigen Ergebnis nach lag die Wahlbeteiligung bei 34,2 Prozent.

Die Sitzung des Gemeindewahlausschusses zur Feststellung des amtlichen Endergebnisses der Oberbürgermeisterneuwahl findet am 19. Februar 2013 um 15:00 Uhr im Zimmer 270, Neues Rathaus statt. Die Sitzung ist öffentlich. Jedermann hat Zutritt.

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