Am vergangenen Samstag demonstrierte die NPD in Leipzig. 50 Neonazis marschierten in der Roscherstraße (Zentrum-Nord) auf, nahe der Al-Rahwan-Moschee. Ihnen standen 150 Gegendemonstranten gegenüber. Dass sich kein Vertreter der Verwaltungsspitze blicken ließ, empört die Leipziger Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (B'90/Grüne).

“Es muss uns zu denken geben, dass nur wenige Menschen sich hier aktiv für die Zivilgesellschaft und gegen braune Intoleranz engagiert haben. Besonders bedauerlich ist, dass die Verwaltungsspitze von Leipzig weder Worte noch Taten findet, mit dem Problem umzugehen”, erklärte Lazar am Dienstag. “Anders als in anderen Städten nahmen in Leipzig weder der Oberbürgermeister noch Bürgermeister oder andere Personen der Stadtverwaltung an den Protesten gegen die NPD-Hetze teil.”

Dabei hat die Messestadt in diesem Bereich eigentlich Tradition. Noch im Oktober 2010 forderte Oberbürgermeister Burkhard Jung die Leipziger während des Lichtfestes auf, die öffentlichen Plätze der Stadt zu besetzen, um einen geplanten Aufmarsch von Rechtsextremisten zu unterbinden. Nach Auffliegen des Terror-Netzwerks “Nationalsozialistischer Untergrund” ließ Jung es sich nicht nehmen, gemeinsam mit Vertretern der Zivilgesellschaft vor dem NPD-Büro in der Leipziger Odermannstraße (Lindenau) zu demonstrieren.

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“Bereits im Jahr 2012, als bei der Debatte zur Unterbringung von Asylsuchenden rassistische Vorurteile deutlich wurden, fehlten klärende Worte, etwa des Oberbürgermeisters”, moniert Lazar. Das Schweigen von Repräsentanten der Stadt sei gefährlich. “Es kann zur Enttabuisierung und letztlich Etablierung von neonazistischen Meinungen führen”, befürchtet die Abgeordnete. “Menschenfeindliche Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft dürfen deshalb nie unwidersprochen bleiben.”

Erfreulich sei, dass die NPD ihre Bindungskraft zum Teil verloren hat. So musste ein Großteil der Aufmarsch-Teilnehmer mit einem Reisebus aus Dresden angefahren werden. “Das darf uns jedoch nicht beruhigen”, warnt Lazar. “Denn auch in Leipzig bilden sich neue Kameradschaften und rechtspopulistische Gruppen wie Pro Deutschland oder die AfD versuchen gezielt, die Stimmungslage zu nutzen.”

Demokratieförderung sei eine Daueraufgabe. Das solle in Leipzig nicht vergessen werden. “Die einst entwickelte Sensibilität im Umgang mit Neonazismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit droht aktuell verloren zu gehen”, befürchtet die Politikerin. “Das wäre nicht nur für Leipzig schädlich, sondern auch für die Demokratie.”

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