Sie hielten sich gerade so über Wasser: Die Piratenpartei hat bei der Bundestagswahl 2013 mit 2,2 Prozent, nach infratest dimap-Angaben, abgeschnitten. In Leipzig lag sie mit 3,6 Prozent leicht besser. Den Einzug ins Parlament hat sie trotzdem verpasst. Und Unkenrufer verkünden den Untergang der Partei. Kreisschatzmeister Sebastian Czich, der im Leipziger Süden Direktkandidat war, kommentiert die Ergebnisse gegenüber L-IZ.de.

Herr Czich, Piraten-Chef Bernd Schlömer sprach bereits am Wahlabend gegenüber Spiegel Online von Auflösungserscheinungen in der Partei. Sind in Leipzig noch alle da? Wer sitzt auf gepackten Koffern?

Wie kann Bernd Schlömer am Wahlabend irgendwas von Auflösung faseln? Dieser Mensch muss abgewählt werden als Parteivorsitzender. Bei uns in Leipzig wird keiner gehen, im Gegenteil, die Menschen hier haben mitbekommen, dass es uns gibt. Wahrscheinlich zum ersten Mal. Wir haben seit der Wahl ein Dutzend neue Mitgliedsanträge auf dem Tisch.

Soweit ich das gestern Abend bei unserer Wahlkampfparty mitbekommen habe, gab es nicht einen, der gehen will. Die Piraten hatten 0,2 Prozent mehr als im Jahr 2009, bei dem Tempo dauert es bis 2073 oder so bis wir im Bundestag sind, wir haben also noch viel zu tun. Es herrscht eher eine Jetzt-erst-recht-Stimmung.

Wie bewerten Sie das Wahlergebnis?

Ich bin schon enttäuscht, dass der Wähler uns und unsere Themen nicht berücksichtigt hat. Für Leipzig war es aber das erste mal mit Direktkandidaten der Piraten zur Bundestagswahl. Wir werden wohl noch etwas Zeit zum Wirken brauchen.
Was hat Ihrer Meinung nach den Einzug ins Parlament verhindert?

Erstens, wir haben nicht genug und nicht verständlich genug über unsere Themen aufgeklärt. Zweitens, die Personaldebatten im Vorfeld der Bundestagswahl waren schädlich. Drittens, unsere Transparenz in Bezug auf Interna hat uns dieses Mal vermutlich viele Wählerstimmen gekostet, es gilt die Menschen in Deutschland genauer darüber aufzuklären, was die Piraten sind und wie das läuft mit der Basisdemokratie. Viertens, die Piraten wurden von der Presse ignoriert. Und das sehr gründlich, wie ich finde. Faire Berichterstattung hat nicht stattgefunden.

Inwieweit hat die AfD den Piraten Stimmen abgeknappst?

Sicher eine Menge, denn viele Bürger mögen den Euro nicht. Der Knackpunkt ist nur, dass auch die AfD das Problem mit ihrem rechtsgerichteten Populismus nicht lösen wird.

Die CDU hat offiziell in diesem Jahr begonnen, sich mit dem Internet zu beschäftigen. Sind die Piraten als Digital-Experten mit ihren Themen einfach zu früh an den Start gegangen? Oder zu spät?

Das Internet ist bereits reguliert, zumindest in Deutschland. Wenn die CDU behauptet es wäre Neuland, frage ich mich: Wo waren die in den letzten 15 Jahren?

Unsere Themen berühren wahrscheinlich noch nicht genügend Menschen. Warten wir es ab, es kommt die Zeit, da wollen die Menschen ein freies Internet. Und dann wird es gut sein, dass es schon die Piraten gibt, die das dann umsetzen.
Sind die Themen Ihrer Partei zu anspruchsvoll für die Masse der Bevölkerung?

Wir müssen noch an unseren Formulierungen arbeiten. Es ist zu technisch und zu wenig konkret für den Offline-Menschen, hier bedarf es noch einiger Arbeit.

Bei der U18-Wahl haben die Piraten in Leipzig 13,1 Prozent der Zweitstimmen geholt. Wie hoch sind die Chancen, dass die Piraten so lange durchhalten, bis diese Generation an die echten Wahlurnen darf?

Da sehe ich keine Probleme. Solange das Internet nicht abgeschafft wird, bleiben die Piraten. Ach, und jene Austritte, die wir vielleicht in den nächsten Tagen sehen werden, sind zu verschmerzen. Wer jetzt austritt, der wollte wohl eher schnellen Ruhm und war nicht für die Sache.

Zu guter Letzt: Florian Bokor hat mit 3 Prozent im Leipziger Norden leicht mehr Stimmen geholt als Sie mit 2,6 Prozent im Süden. Was hat er Ihnen gestern Abend zu trinken spendiert?

Es gab Clubmate und Sternburg Bier.

Wir danken für das Gespräch.

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