Ein arbeitsrechtliches Feuer lodert, das Leipzig ein Loch in die Stadtkasse brennen könnte. Es schwelt schon seit Jahren, zu lodern begonnen hat es am vergangenen Mittwoch, als rund ein Drittel aller Kameraden der Berufsfeuerwehr die Überstunden-Regelung widerrufen hat. Statt 52 Stunden pro Woche arbeiten die Kameraden ab 1. Januar 2014 nur noch 48 Stunden. So sieht es das EU-Recht vor. Und das könnte die Stadt Millionen kosten.

Doch die Verwaltung sagt, sie wisse noch nicht, wie teuer das Ganze werden wird. Das sagt zumindest Frank Pörner, Leiter des Personalamtes, gegenüber L-IZ.de: “Es ist zunächst detailliert zu analysieren, welche Einsatzfunktionen durch den Widerruf der Individualvereinbarungen zur Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit betroffen sind und wie dann die Sicherstellung dieser Einsatzfunktionen unter Berücksichtigung des Brandschutzbedarfsplanes perspektivisch mit den geringsten Auswirkungen für alle Beteiligten erfolgen kann”, so Pörner. Im Klartext: Die Verwaltung muss selbst erst mal schauen, wie sie die neuen Arbeitszeiten eintaktet, bevor sie sagen kann, wie viel mehr es kosten wird.

Dabei lässt sich das sehr einfach abschätzen, wenn man Blicke nach Berlin, Hamburg oder München wirft. In allen drei Städten war die Situation ähnlich der in Leipzig – die Feuerwehrkollegen arbeiteten einfach zu viel. Aber dann klagten sie. Und gewannen. Der Ausgang: In Hamburg erhielten sie pro Kopf 15.000 Euro Entschädigung. In Berlin ist die Pro-Kopf-Summe nicht bekannt, aber die Gesamtsumme. Sie beläuft sich auf 23 Millionen – und das scheint noch nicht der endgültige Stand zu sein. In München hoffen die 1.650 Berufsfeuerwehrleute nun, nach dem die Berliner Kameraden vor dem Bundesverwaltungsgericht siegreich waren, auf Entschädigungen von 20.000 Euro pro Kopf.
Wer dieses Szenario für Leipzig durchrechnet, kommt auf folgende Summen: Wenn es bei den 141 Widerrufs-Kameraden bleibt und diese klagen und gewinnen sollten, dann stehen der Stadt – bei 15.000 Euro pro Kopf – Zahlungen von 2,1 Millionen Euro ins Haus. Ein weiteres Gedankenspiel: Sollten alle 385 Kameraden mit 20.000 Euro entschädigt werden müssen, beläuft sich die Summe auf 7,7 Millionen.

Kein Wunder also, dass sich die Leipziger Verwaltung bemüht, die Überstunden abfeiern zu lassen. “Vorrang hat immer der Freizeitausgleich”, sagt Personalamtschef Frank Pörner. “Da dieser auf absehbare Zeit nicht in vollem Umfang gewährt werden kann, wird zur Zeit geprüft, wie viele der angesammelten Stunden finanziell abgegolten werden.” Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft spricht derzeit von 300 Überstunden, die jeder der Leipziger Kameraden angesammelt haben soll. “Diese Zahl ist völlig aus der Luft gegriffen”, kommentiert Pörner. “Das Jahr 2013 ist noch nicht abgeschlossen, so dass hier noch kein aussagekräftiger Wert genannt werden kann. Im Jahr 2012 gab es lediglich zwei Bedienstete, bei denen rund 300 Überstunden angefallen sind. Der Durchschnittswert liegt allerdings nur bei knapp 107 Stunden.”

Doch wie der Freizeitausgleich geschafft werden soll, bleibt unklar. Immerhin sind die Überstunden im regulären 52-Stunden-Betrieb angefallen. Stellt man die Kameraden auf 48 Stunden um und lässt ganz normal weiter arbeiten, ergeben sich pro Woche vier Überstunden mehr. Da die Überstunden immer im Folgejahr abgegolten werden, ergäbe sich pro Widerrufs-Kamerad ein zusätzlicher Urlaubsanspruch von 8,6 Arbeitstagen, plus ihre individuellen Überstunden. Ob dann noch der Betrieb aufrecht erhalten werden kann, bleibt abzuwarten. Sollte dies nicht der Fall sein, ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die ersten Kameraden klagen und Recht bekommen. Dann wird Frank Pörner wohl sagen können, wie viel die Stadt Leipzig wird zahlen müssen.

In Berlin kosten die Feuerwehr-Überstunden 23 Millionen Euro:
www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article119391532/Ueberstunden-bei-Feuerwehr-kommen-Berlin-teuer-zu-stehen.html

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