Es ist schon erstaunlich: Während es der Zoo Leipzig fertig bekommt, ein Jahr vor den vielleicht nötigen Preiserhöhungen zumindest schon einmal vorzuwarnen, bringt das Gewandhaus jetzt seinen Antrag auf deutliche Eintrittspreissteigerungen per Eilantrag ein. Das mag auf die Misere der Kulturfinanzierung in Leipzig hinweisen, die auch zwei Jahre nach Actori nicht gelöst ist. Es hat trotzdem keinen Stil, findet Skadi Jennicke.

Sie kündigte am Montag, 2. Dezember, schon einmal an, dass die Linksfraktion die zum Teil empfindlichen Preissteigerungen im Gewandhaus nicht mittragen will. “Zunächst ist das Vorgehen der Gewandhausleitung kritikwürdig, wenn es dem Stadtrat eine Eilvorlage vorlegt und gleichzeitig die Abonnenten über die erhöhten Preise informiert, ohne dass es einen Beschluss gibt. Langfristige Planung und Respekt vor den Entscheidungen des Stadtrates sehen anders aus”, kritisiert die kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion das Informations-Gebaren der Gewandhausleitung.

“Mag das noch eine Formalie sein, so sind doch die Preissteigerungen erheblich”, stellt Jennicke fest. Die Linke akzeptiere durchaus, “dass wir in Leipzig ein Orchester von Weltrang haben und für sich genommen die Preise, auch im bundesweiten Vergleich, akzeptabel wären. Touristen, die ohne Zweifel einen guten Anteil am Publikum ausmachen, wird die Preiserhöhung wenig schmerzen. Für diejenigen Leipzigerinnen und Leipziger, die sich ein Abonnement im Gewandhaus leisten oder auch nur gelegentlich ein Konzert besuchen, sind die neuen Preise aus unserer Sicht jedoch zu hoch.”Womit sie ein Grunddilemma der Leipziger Hochkultur beschreibt: Diese ist für einen Großteil der Leipziger nicht mehr erschwinglich.

Skadi Jennicke: “Das persönliche Monatsnettoeinkommen liegt in Leipzig bei 1.014 Euro und damit deutlich unter dem sächsischen Durchschnitt sowie unter dem von Dresden und Chemnitz (Quelle: Statistischer Quartalsbericht der Stadt Leipzig, S. 44). Insbesondere vor dem Hintergrund des rasanten Anstiegs der Altersarmut werden sich nicht wenige Leipzigerinnen und Leipziger einen Besuch im Gewandhaus nicht mehr oder seltener leisten können. Das gilt auch für Familien, insbesondere für jene mit mehreren Kindern, für die bereits jetzt die Preise schmerzhaft sind.”

Und es macht ein weiteres Problem der Leipziger Politik deutlich: Die Kostensteigerungen in allen Bereichen der Kommune werden über Preissteigerungen direkt an die Kunden und Besucher weitergegeben. Doch die Einkommen steigen nicht in derselben Dimension. Für Jennicke ist das ein Spiel mit dem Feuer.

“Dass Kostensteigerungen in öffentlichen Einrichtungen immer stärker an die Nutzer weiter gereicht werden, ist eine gefährliche Tendenz”, sagt sie. “Perspektivisch und konsequent zu Ende gedacht, bedeutet sie einen Rückzug der öffentlichen Hand und eine Abwälzung der Kosten auf die Nutzer. Das jedoch verstärkt sukzessive die soziale Spaltung unserer Gesellschaft in jene, die teilhaben können, und jene, denen das verwehrt bleibt.”

Dass es im Gewandhaus noch etwas seltsamer zugeht, findet die Linke-Stadträtin ebenfalls bemerkenswert: “Die Preiserhöhungen des Gewandhauses folgen zudem einer merkwürdigen Logik: Erst im Juli diesen Jahres beschloss der Stadtrat die Wiederbestellung des Gewandhausdirektors ab 2015, einschließlich kräftigen Aufwuchs beim Gehalt. Nur vier Monate später stellt diese Gewandhausdirektion fest, dass in den Jahren 2014 bis 2016 Mehreinnahmen in Höhe von 300.000 bis 550.000 notwendig sind.”

Neufestsetzung der Eintrittspreise für Konzerte des Gewandhauses zu Leipzig ab der Spielzeit 2014/2015 (ab 01.08.2014)
Ratsvorlage 3425 im elektronisches Ratsinformationssystem der Stadt Leipizg hier einsehen (PDF)

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