Seit 2011 hat Leipzig diskutiert über das von Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) bestellte actori-Gutachten zur Zukunft der Eigenbetriebe Kultur. Das sind: Gewandhaus, Oper, Schauspiel, Theater der Jungen Welt. Nach Preislage sortiert. Doch im Sommer 2013 wurde immer deutlicher: Umgesetzt wird aus dem Gutachten nur, was nicht wirklich ernsthaft an den alten Strukturen rüttelt.

Das besiegelte OBM Burkhard Jung mit den neuen Verträgen für Gewandhauskapellmeister Riccardo Chailly und Gewandhausgeschäftsführer Andreas Schulz im Sommer 2013 schon sehr deutlich. Und damit auch zwei Monate früher, als der eigens gebildete Ausschuss des Leipziger Stadtrates im September sein Ergebnis vermeldete. Damit war auch das gewünschte Einsparpotenzial von 5 Millionen Euro weg. Die Schließung der Musikalischen Komödie ebenfalls.

In seiner Dienstberatung am 12. Dezember legte nun Burkhard Jung ein 20-Seiten-Papier vor, das den actori-Prozess für die nächsten sechs Jahre zu den Akten legt. Es mündet auch in den Beschlusstext: “Bis zum Jahr 2020 erfolgt keine Neustrukturierung der Eigenbetriebe Kultur.”

Ein Grund dafür – so sieht es jedenfalls der OBM – ein Stadtratsbeschluss von 2012. “Durch den Auftrag des Stadtrats wurde der Optionenraum für Fusionen eingeschränkt: Da die künstlerische Autonomie der beteiligten Institutionen laut Auftrag gewahrt bleiben soll, wurde eine einheitliche künstlerische Leitung, d. h. die Unterstellung der Häuser unter eine Generalintendanz, ausgeschlossen. Damit verblieb als einzige Möglichkeit die Zusammenführung der Verwaltungen bei Beibehaltung zweier Intendanten, die jeweils ihren eigenen künstlerischen Bereich verantworten.”

Die “Generalintendanz” scheiterte vor allem daran, dass damit ein künstlerischer Einbruch in allen Sparten zu befürchten wäre. Einzig sinnfällig – so das Ergebnis der Arbeitsgruppe des Stadtrates – wäre die Zusammenlegung von jeweils zwei Verwaltungen, die auch zusammenpassen.

“Ausgehend von diesen Vorgaben wurden zwei mögliche Fusionsszenarien detailliert geprüft: Eine Zusammenführung der Verwaltungen von Gewandhaus und Oper und eine Zusammenführung der Verwaltungen von Schauspiel und Oper. Hinsichtlich der möglichen monetären Einsparungen, aber auch hinsichtlich der strukturellen Kriterien, wie z. B. Steuerbarkeit, gibt es keine großen Unterschiede zwischen den beiden Szenarien.”Bei einer Zusammenlegung der Verwaltungen von Oper und Gewandhaus wären 22 Stellen einsparbar – mit einem Spareffekt von 1,1 Millionen Euro. Wenn man die Verwaltung von Schauspiel und Oper zusammenlegt, kann man rund 19 Stellen einsparen und fast 1 Million Euro.

“Ein Unterschied kann hinsichtlich der kulturpolitisch-strategischen Implikationen gesehen werden: Während eine Zusammenführung der Verwaltungen von Gewandhaus und Oper mittel- und langfristig die Kulturinstitutionen in Leipzig einander angleichen könnte und ihren Netzwerkcharakter betonen würde (‘Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile’), eröffnet die Zusammenführung der Verwaltungen von Schauspiel und Oper die Möglichkeit einer stärkeren Ausdifferenzierung der Institutionen (‘Spezifische Stärken ausbauen’). Diese strategische Einschätzung war innerhalb der Arbeitsgruppe (sowohl auf der Seite der Institutionen als auch bei den politischen Vertretern) ebenso umstritten wie die Frage, ob eine fusionierte Verwaltung bei zwei künstlerisch autonomen Intendanten sinnvoll geführt werden kann. Es wurde in jedem Fall deutlich, dass eine Entscheidung über die künftige strategische Aufstellung der Kulturinstitutionen nicht von der Arbeitsgruppe selbst beantwortet werden kann.”

Das muss jetzt also politisch entschieden werden. Wobei schon die Diskussion deutlich machte, dass selbst zwischen den Häusern, die gemeinsam verwaltet werden könnten, erhebliche Unterschiede in Tempo und Anspruch bei der Arbeit bestehen.

Da konnte dann auch die Arbeitsgruppe nur seufzen und das Ganze an die höhere Instanz zurückweisen: “Die Arbeitsgruppe hat die Fragestellung einer Zusammenführung der Verwaltungen bis zu dem Punkt vorangetrieben, an dem eine politische Entscheidung erfolgen muss. Nur wenn diese (befürwortend oder ablehnend) getroffen wird, gelangt die Arbeit der Arbeitsgruppe auf dieser Ebene zu einem befriedigenden Abschluss.”

Das Fazit, das der Oberbürgermeister zieht, sieht denn auch so aus: Keine Fusionierungen bis 2020. Dafür die Einspar-Aktionen, die sowieso schon laufen, konsequent fortsetzen, auch wenn der Einspareffekt dabei logischerweise geringer ist.

Heißt also: Mehr Zusammenarbeit der Häuser bei Einkauf, Beschaffung, Dienstleister-Management, Vermietungsgeschäft, Marketing und Vertrieb, Gebäudemanagement, Instandhaltung, Haustechnik, Personal und Rechnungswesen.

Dazu kommt: “Die bereits mit RBV-1295/12 beschlossene Zusammenlegung der Haustechnik von Oper und Gewandhaus wird umgesetzt.”

Und: “Die Leistungsvereinbarung mit den Theaterwerkstätten wird mit dem Ziel überarbeitet, eine Optimierung der Werkstattkapazitäten zu erreichen. Die Bedarfe der Häuser haben sich verändert, die Kapazität muss neu angepasst werden.”

Am 9. Januar berät der Betriebsausschuss Kulturstätten zu dem Papier, am 12. Februar liegt es dann in der Ratsversammlung auf dem Tisch.

Die Vorlage des OBM zu den Eigenbetrieben Kultur: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/DC795934F8308FE0C1257C40004F6579/$FILE/V-ds-3530-text.pdf

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