Am heutigen Dienstag, 4. Februar, verhandelt der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Dresden über die sofortige Beschwerde der Gewinner des Wettbewerbs um den Bau des Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmals. Die Wettbewerbsteilnehmer ANNABAU aus Berlin und M+M aus München hatten mit ihrem Entwurf in einem von der Stadt Leipzig ausgeschriebenen Wettbewerb zunächst den 1. Preis gewonnen.

Die Jury hatte ihre Entscheidung allerdings mit dem Hinweis verbunden, dass es bei allen Entwürfen noch Weiterentwicklungs- und Konkretisierungsbedarf sehe. Die Stadt Leipzig forderte daher die Arbeitsgemeinschaft ebenso wie die Zweit- und Drittplatzierten im April 2013 auf, ihre Entwürfe zu überarbeiteten. Für die Weiterentwicklung wurde den Preisträgern ein sogenanntes Pflichtenheft übersandt, das in den Kriterien für die Vergabeentscheidung festhielt, nach welchem Anteil das Wettbewerbsergebnis und das Verhandlungsverfahren berücksichtigt werden sollten.

Die Aufteilung des Kriteriums Wettbewerbsergebnis wurde später noch einmal verändert. Nach Rücknahme der von der Arbeitsgemeinschaft zunächst gegen das Pflichtenheft erhobenen Rüge gab auch die Arbeitsgemeinschaft einen überarbeiteten Entwurf ab.

“Das für die Bewertung neu gebildete Gremium setzte die Arbeitsgemeinschaft im Ergebnis der Bewertung auf den dritten Platz”, kommentiert das Oberlandesgericht kurz, was dann geschah. Auch wenn der Vorgang dieser zweiten, so genannten “Bewertungsphase” wesentlich komplizierter war. Denn nicht nur die Zusammensetzung dieses Gremium unterschied sich jetzt deutlich von der ursprünglichen Jury, auch die Punktevergabe muss geradezu chaotisch abgelaufen sein, so dass keiner der Wettbewerbsteilnehmer am Ende überhaupt nachvollziehen konnte, wie die Wertung zustande kam.

Ein Recht, die Wettbewerbssieger gar auf den dritten Platz “zu setzen” hatte dieses Gremium schon gar nicht. Selbst wenn man die Bearbeitungsphase akzeptiert – was auch die Wettbewerbssieger mit ihrer Teilnahme ja auch irgendwie taten – ging es ganz offiziell nur noch darum zu bewerten, wie gut die Teilnehmer die Überarbeitungsvorschläge für ihre Entwürfe umgesetzt haben. Um nichts anderes.

Doch was dabei heraus gekommen ist, ist nur noch Willkür und wurde zu recht auch wettbewerbsrechtlich beanstandet.
Die Arbeitsgemeinschaft ANNABAU / M+M wandte sich mit einem Antrag an die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen. Diese stellte fest, dass die Arbeitsgemeinschaft durch die Wertung der überarbeiteten Wettbewerbsentwürfe in ihren Rechten verletzt ist und gab der Stadt Leipzig auf, die Wertung der überarbeiteten Entwürfe unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

Was die Stadt Leipzig bis heute nicht getan hat.

“Soweit die Arbeitsgemeinschaft beantragt hatte, das Vergabeverfahren in den Stand unmittelbar nach der Entscheidung des Preisgerichts zurückzuversetzen und das Vergabeverfahren auf der Grundlage der Preisgerichtsentscheidung im Verhandlungsverfahren fortzusetzen, hatte dies keinen Erfolg”, betont das OLG. Und geht somit davon aus, dass die Wettbewerbssieger mit ihrer Teilnahme an der Überarbeitungsrunde selbst indirekt zugestimmt hätten, dass diese zweite Phase rechtens wäre.

Die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen vertritt in der angefochtenen Entscheidung die Ansicht, dass die Vergaberechtsverstöße deswegen nur teilweise ordnungsgemäß gerügt worden seien. Soweit die Arbeitsgemeinschaft die Unzulässigkeit der Überarbeitungsphase sowie die nachträgliche Änderung des Wertungskriteriums “Ergebnisse des Wettbewerbs” geltend mache, sei sie nach Rücknahme der ursprünglichen Rüge mangels Unverzüglichkeit nunmehr demnach ausgeschlossen.

Die Teilnahme an der Überarbeitungsphase wird somit als Einverständnis gewertet.

Anders verhält es sich mit dem, was dann am 1. Juli als Ergebnis der Überarbeitungsphase verkündet wurde. Aber auch da wird es kompliziert. Die Vergabekammer versucht da den Spagat: Die Rügen gegen die Wertungsentscheidung des Bewertungsgremiums seien berechtigt; die Rügen gegen die Wertungsmodalitäten seien – soweit zulässig – unbegründet.

Dumm nur, dass die Wertungsmodalitäten zwar definiert wurden, sich augenscheinlich aber ein Großteil des “Bewertungsgremiums” nicht dran gehalten hat. Zur Erinnerung: Es waren verschiedene Kategorien definiert worden, innerhalb derer die Mitglieder des Gremiums bepunkten sollten, wie gut die Wettbewerbsteilnehmer die Erwartungen erfüllt hatten. Nur haben etliche Gremiumsmitglieder eben nicht fachlich die Umsetzungsqualität bewertet, sondern frei Nase mal 10, mal 0 Punkte vergeben, je nachdem, welchen Entwurf sie gern als “Sieger” sehen wollten. Und da auch noch gehöriger politischer Druck gemacht wurde, wurde der eigentliche Wettbewerbssieger geradezu weggepunktet, der Favorit der “Leipziger Volkszeitung” mit Zehnerwertungen geradezu überschüttet.

Das ist kein reelles Vergabeverfahren mehr, sondern politische Willkür.

Aber ganz so eindeutig ist die Zustimmung zur Überarbeitungsphase auch nicht. Denn mitgemacht haben ANNABAU und M+M dort auch nur mit Bauchschmerzen, als ihnen bekannt gemacht wurde, dass der eigentliche Wettbewerb (der 2012 stattgefunden hat) nun nur noch mit 40 Prozent in die Gesamtwertung eingeht, die Überarbeitungsphase aber mit 20 Prozent. Was zumindest die Möglichkeit eröffnete, dass nach dieser Runde alle drei Preisträger am Ende Punktegleichstand hätten haben könnten und in der Umsetzungsverhandlung dann das Ganze kippen könnte.

Dass es schon in der Überarbeitungsphase kippte, machte nur allzu deutlich, dass an einen vergaberechtlich sauberen Wettbewerb nicht mehr zu denken war.

Also akzeptieren ANNABAU und M+M auch nicht die teilweise abweisende Entscheidung der Vergabekammer. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der vorliegenden sofortigen Beschwerde.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar