Im Dezember scheiterte die FDP-Fraktion mit einem Antrag im Stadtrat, den Passivhausstandard bei öffentlichen Bauten der Stadt vorerst auszusetzen. Gleichzeitig stellte auch die CDU-Fraktion einen solchen Antrag. Auf den jetzt gleich drei Dezernate geantwortet haben. Und die Antwort bestätigt, was im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau schon mehrfach Thema war: Für viele öffentliche Bauten macht der Standard keinen Sinn.

Mitgearbeitet haben an der Antwort die Dezernate Stadtentwicklung und Bau, Finanzen und Umwelt, Ordnung, Sport. Denn wenn ein Standard nicht funktioniert, merkt man es spätestens beim Geld – bei den Heizkosten zum Beispiel. Denn technisch erprobt ist der Passivhausstandard bislang nur für eine Art ideales Nutzerverhalten. Der Hausinsasse reißt die Fenster nicht auf, lässt sie schon gar nicht sperrangelweit offenstehen. Und allzu schweißtreibenden Beschäftigungen gibt er sich auch nicht hin. Er feiert keine großen Partys und stopft auch keine 30 Schüler stundenlang in einer verriegelten Raum.

Entsprechend deutlich ist jetzt die Stellungnahme der drei Dezernate, auch wenn sie erst einmal vorsichtig sind und eine Aussetzung des Ratsbeschlusses nicht befürworten. Es geht ja auch anders, finden sie.

“Vom Antragsteller wird eine Aussetzung des Passivhausbeschlusses vom 19.03.2008 bis zum 31.12.2015 für die Gebäudegruppen Neubau Kita, Neubau Sporthallen und bei der Sanierung von Plattenbauschulen vorgeschlagen. Weiterhin sollen die realisierten Objekte evaluiert und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Aus Sicht der Verwaltung bedarf es keiner Aussetzung des Passivhausbeschlusses, da Voraussetzung für den Bau eines Passivhauses die Wirtschaftlichkeit und Eignung des Gebäudes ist (siehe Verwaltungsstandpunkt vom 11.03.2008 zum Antrag IV/A 230/07 vom 12.12.2007).

Mit Information in der Ratsversammlung am 17.10.2012 wurde der Stadtrat über die Evaluation der Passivhausvorhaben in Kenntnis gesetzt. Der Abschlussbericht wird bis Ende 2014 erarbeitet und dem Stadtrat bis 30.03.2015 vorgelegt. Bis zum 30.09.2015 werden in Auswertung des Berichtes Handlungsempfehlungen erarbeitet und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt.”

Das ist der Beschluss. Die Praxis sieht längst anders aus. Denn wenn ideale Projekte nicht funktionieren, dann akzeptiert das auch eine Verwaltung recht schnell und ändert die Praxis.

In der Stellungnahme der drei Dezernate vom 8. Mai wird das so formuliert: “Die Praxis im Umgang mit dem Passivhausbeschluss hat bisher dazu geführt, dass Sporthallen objektkonkret als Passivhaus nicht wirtschaftlich darstellbar waren und nach Energieeinsparverordnung (EnEV) errichtet wurden, Kitas aufgrund ihrer bedingten Eignung (Erfahrungen anderer Kommunen) nicht im Passivhausstandard gebaut wurden, Plattenbauten nur im Rahmen einer Komplettsanierung in Abhängigkeit von der Wirtschaftlichkeit passivhaustauglich sind (z. B. Ostwaldschule).”

Noch in der Beobachtungsphase ist die Stadt bei den neugebauten Grundschulen. Aber da die CDU-Fraktion konkret nach Plattenbauten gefragt hatte: “Da bis Ende 2015 über keine komplette Sanierung eines weiteren Plattenbaus entschieden werden muss, können die Ergebnisse der Evaluierung und der Handlungsempfehlungen abgewartet werden.”

Und bei den gründerzeitlichen Schulgebäuden ist der Passivhausstandard eh nicht umsetzbar. Da gilt zwangsläufig die ENEV, wenn saniert wird. Da bleibt nicht wirklich viel, was für den Passivhausstandard in Frage kommt.

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