Irgendwie ist es dann doch nicht Fisch und nicht Fleisch geworden. Doch so langsam setzte gegen Ende des Wahlabends zum Wahlkreis 9 so etwas wie Wahlmüdigkeit bei Politikern ein. Denn noch besteht eine gewisse Möglichkeit, dass selbst der Nachwahltermin umsonst war. Was der überwiegende Teil der Anwesenden nicht gern sähe.

Das Hauptproblem – die Klage des am 25. Mai 2014 gewählten SPD-Kandidaten Hassan Soilihi Mzé gegen die Entscheidung zur Nachwahl läuft noch, da das Gericht seinen Einspruch nicht vor der Nachwahl des 12. Oktober 2014 abschließend entschied. Und genau dieser Kandidat der SPD ist nun tatsächlich raus aus dem Stadtrat.

Und hat somit einen Schaden aufgrund der durch das Wahlamt gemachten Prüfversäumnisse bei einem vorbestraften NPD-Kandidaten zu tragen. Andere Kandidaten tragen zwar ebenfalls am Schaden mit, doch deren Parteien haben entweder keine Plätze verloren oder es hat sich auch an der personellen Zusammensetzung der Stadträte nichts geändert. Linke und Grüne schlossen bereits am Abend der Wahl ein juristisches Vorgehen aus, Katharina Krefft (Grüne) zwar mit den Worten: “Es ist noch nicht abschließend intern besprochen.” Doch Widerspruch klingt anders.

Übrig bleibt auf der echten Verliererseite die SPD mit einem Platz Verlust und nunmehr nur noch 13 Sitzen im Kommunalparlament.

Ob die Nachwahl den eigentlichen Fehler der Wahl am 25. Mai geheilt oder ihn noch vergrößert hat, könnte nun ebenfalls eine Rolle im weiteren juristischen Verlauf spielen. Zwar lag die Landesdirektion mit der Ahnung zum Neuwahlbescheid vielleicht richtig, es hätte schon am 25. Mai ein Sitz mehr für die CDU sein können, wäre der NPD-Kandidat ein anderer oder nicht vorhanden gewesen. Dagegenhalten kann man dieser Argumentation nun jedoch auch, der 19. CDU-Ratssitz ist nur entstanden, weil es eine Nachwahl gab. Und die Wahlbeteiligung erwartbar niedriger und so auch das Gesamtergebnis deshalb ein anderes werden musste. Mit Wirkungen in die anderen Wahlkreise hinein.
Entscheiden die Gerichte im Hauptsacheverfahren zur Stadtratswahl am 25. Mai zugunsten von Hassan Soilihi Mzé (SPD), ist die Nachwahl vom 12. Oktober 2014 hinfällig und der Schaden wächst in Richtung Neuwahl. Und zum Schaden der Parteien ebenso, denn bezahlen dürfen sie die Werbung für den neuen Urnengang selbst.

Bei der Bewertung dieser Frage werden sich die Juristen beider Seiten und die Richter des Verwaltungsgerichts Leipzig nun auch mit dem eingetretenen Personalkarussell zu befassen haben. Denkt man es konsequent weiter, wäre zudem eine weitere SPD-Klage möglich. Nach dem Verlust eines Stadtratssitzes könnte hier das Interesse an einer Anfechtung der Nachwahl gewachsen sein.

Was wiederum – bei Erfolg der Anfechtung – ebenfalls eine Neuwahl für alle Leipziger bedeuten könnte. Nicht im Interesse der anderen Parteien, welche längst um die zunehmende Wahlmüdigkeit und die persönlichen Geschichten ihrer Kandidaten wissen. Wie bei der anfangs ebenfalls klagenden Grünen Alrun Touché, welche nun nach einem zweimaligen Wahlkampf am Ende nicht mehr in den Stadtrat einzieht.

Ob den Leipzigern also 2015 noch ein Wahltermin ins Haus steht, nachdem 2013 Oberbürgermeisterwahlen und der Bundestagsentscheid durch die Messestadt zogen und 2014 Europa- und Stadtratswahl sowie die Landtagswahlen das Jahr mitbestimmten, ist derzeit aus zwei Gründen offen. Denn obenauf gab es am Wahlabend ein echtes Wahl-Gerücht versammelter Kommunalpolitiker im Rathaus, welches dann einen gemeinsamen Wahltermin 2015 ergäbe.
Nun ist es mit Gerüchten so eine Sache – aber seit Burkhard Jung in der Verhandlungskommission zur neuen CDU-SPD-Koalition in der Landesregierung Sachsens sitzt, munkeln einige von einem Ministerposten für den derzeitigen Oberbürgermeister Leipzigs in der sächsischen Regierung. Nicht ganz fern liegend, so viel Personal mit hochrangigen administrativen Führungserfahrungen hat Sachsens SPD dann auch wieder nicht in ihren Reihen. Und die Ausfinanzierung der Großstädte und damit auch Sachsens Wachstumsmotor Leipzig ist neben der zukünftigen Ausrichtung der Bildungs- und Wirtschaftspolitik eines der Nummer 1-Themen überhaupt im Freistaat.

Am Mittwoch, dem 15. Oktober, gibt’s erstmal den vollsten Stadtrat der Legislaturperiode. Dann sitzen alle – alte und neue Stadträte – gemeinsam im Rat. Der erste Leipziger Doppelhaushalt 2015/16 wird vorgestellt. Auch dieser und die Beratungen dazu können nicht mehr warten. Dann werden auch Ute-Elisabeth Gabelmann von den Piraten und die vier AfD-Stadträte das erste Mal so richtig dabei sein. Der Titel “designierte Stadträtin” ist der Erstgenannten langsam eher zuviel. Stadträtin würde reichen.

Was das Ende der juristischen Debatten rings um die Stadtratswahl 2014 voraussetzen würde.

Zum Artikel vom 12. Oktober 2014 zur Nachwahl live auf L-IZ.de
Schon wieder Wahl: Die Neuwahl im Leipziger Wahlkreis 9 + Personelle Verschiebungen nach dem Wahlergebnis

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