Leipzig wird weiterhin ohne Partnerstadt in Russland auskommen mรผssen. Der Stadtrat votierte am Mittwoch mehrheitlich gegen die Initiative der Linksfraktion, mit der Stadt Saratow entsprechende Gesprรคche aufzunehmen.

Derzeit pflegt die Stadt Leipzig zu 14 Stรคdten Partnerschaften. Hinzu kommen zwei Stadtteilpartnerschaften. Politische, soziale und wirtschaftliche Beziehungen zu Russland hat fรผr viele Leipziger seit Jahrzehnten eine gewichtige Rolle. Zu DDR-Zeiten, im Jahre 1961, wurde deshalb die Stadt Kiew zur ersten und รผber viele Jahre wichtigsten Partnerstadt Leipzigs. Heute ist die UdSSR Geschichte und Kiew Hauptstadt der Ukraine. Eine Stรคdtepartnerschaft mit einer Stadt auf dem Staatsgebiet der Russischen Fรถderation besteht nicht.

Die Linken griffen mit ihrem VorstoรŸ eine Idee der Initiative โ€žFรผr gute Nachbarschaft mit Russlandโ€œ auf. Die Gruppe hatte sich im Oktober 2016 aus Sorge รผber die stรคndig wachsenden Spannungen in Europa, besonders Russland gegenรผber und der daraus erwachsenden Gefahr fรผr den Frieden gegrรผndet. Sie zรคhlt zurzeit etwa 100 Mitglieder. Als einen wichtigen Schritt dazu sieht sie, im Sinne einer Graswurzelbewegung Entspannung von unten zu betreiben, sich durch eine Partnerschaft gegenseitig kennenzulernen und Beziehungen auf kulturellem Gebiet, aber auch in der Wirtschaft und persรถnlichem Erleben aufzubauen.

โ€žWir denken mit unserem Anliegen langfristig, weit รผber die Lage der aktuellen politischen Beziehungen hinausโ€œ, betonte Marco Gรถtze (Linke). โ€žAus keinem anderen Land kommen heute so viele Leipziger wie aus der Russischen Fรถderation.โ€œ Der Kommunalpolitiker verwies auch auf das renommierte Slawistik-Institut der Universitรคt Leipzig und das ortsansรคssige russische Generalkonsulat. โ€žNatรผrlich ist auch eine Evaluation der Partnerstรคdte sinnvoll, wie sie die CDU anstrebt. Das kann aber kein Gegenargument sein.โ€œ

Die Stadtverwaltung hatte im Vorfeld der Debatte auf ihre vielfรคltigen projektbezogenen Aktivitรคten zu den russischen Stรคdten Moskau und Kasan hingewiesen. Insbesondere die Aktivitรคten der sรคchsischen Landesregierung mit der Republik Tatarstan hรคtten in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung fรผr die internationale Arbeit der Stadt Leipzig gewonnen.

Seit 2014 bestehe ein umfangreiches Kooperationsabkommen mit der Moskauer Stadtregierung, das den strategischen und gesamtgesellschaftlichen Zielsetzungen der Stadt Leipzig und ihrer Unternehmen, Wissenschaftseinrichtungen, Bildungsinstitutionen, den Kammern, der Kultureinrichtungen und der Bรผrgerschaft entspricht. Kurzum: Die Verwaltung erkennt fรผr eine Partnerschaft mit einer russischen Stadt keinen Bedarf. In eine รคhnliche Kerbe schlugen die Christdemokraten. Die CDU beantragte, sรคmtliche Stรคdte- und Stadtteilpartnerschaften zu evaluieren und dabei Bedarfe neu auszuloten.

โ€žStรคdtepartnerschaften sind ein hohes Gut fรผr den Austausch der Gedanken und das Zusammenleben unter den Vรถlkernโ€œ, stellte Michael Weickert (CDU) fest. Allerdings lasse sich eine aktive Partnerschaft nicht per Ratsbeschluss fassen. Eine Stรคdtepartnerschaft mรผsse aus einem breiten gesellschaftlichen Engagement erwachsen. Der CDU-Politiker wies auรŸerdem in deutlichen Worten auf die politischen Spannungen zwischen Russland und dem Westen hin. โ€žIch stelle mir ernsthaft die Frage, welche Signale wir an unsere Partner in Polen und der Ukraine senden?โ€œ

Rรผckendeckung erhielt Weickert aus der Freibeuter-Fraktion. โ€žWir wollen eine Partnerschaft der Menschen, nicht der Funktionรคreโ€œ, erklรคrte Sven Morlok (Freibeuter). Eine Partnerschaft entstehe nicht von oben herab, sondern im Wege eines langfristigen Prozesses. โ€žDie letzten Stรคdtepartnerschaften kamen von unten, und das fand ich ganz wunderbarโ€œ, erinnerte Katharina Krefft (Grรผne). Stรคdtepartnerschaften seien die unterste Ebene der Diplomatie. โ€žWir wissen, welche aktiv sind und welche nicht. Da brauchen wir keine Evaluation.โ€œ

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