In der neuen Vorlage zum Rahmenplan zum Stadionumfeld gibt es zwei Punkte, an denen die Verwaltung nun seit Jahren mauert, obwohl sie dafür überhaupt keine belastbaren Argumente mehr hat. Und in den Ausschusssitzungen wurde auch klar, dass sie an diesen Punkten aus Vernunftgründen – und auch aus finanziellen Gründen – nicht mehr festhalten kann.
Weshalb die Grünen-Fraktion im Stadtrat jetzt beantragt, beide Punkte endlich aus den Plänen zu streichen – die unbezahlbare und letztlich sinnlose Alte Elster und das im Erhalt einfach nur teure Elsterbecken. Plus zwei weitere Punkte, weil Leipzig nun einmal auch im Klimawandel steckt. Planer vergessen das nur immer wieder. Auch dann, wenn sie ein solch riesiges Gelände zur Verfügung haben, auf dem sie wirklich einmal Pluspunkte für das künftige Stadtklima sammeln können.
Ein sinnloses 140-Millionen-Euro-Kanal-Projekt
Und das geht eben mit dem Projekt „Alte Elster“ los, das für den Leipziger Hochwasserschutz – trotz früherer Behauptungen – überhaupt keine Rolle spielt. Und schon lange unbezahlbar ist. Bis jetzt aber wird die Fläche für diese künstliche Neuanlage des ehemaligen Elsterarms nur freigehalten. Wirklich begraben hat Leipzigs Verwaltung den Traum von der Öffnung aber nicht.
Weshalb die Grünen beantragen: „Die Öffnung der Alten Elster wird zu Gunsten eines Grünzugs nicht weiterverfolgt“.
Und das begründet die Fraktion auch sehr ausführlich: „In den Unterlagen stellt die Planvariante ohne Alte Elster die Grundvariante dar. Gemäß Aufgabenstellung war dabei der Verlauf der Alten Elster freizuhalten, d.h. nicht mit Gebäuden zu überbauen. Dieses wird durch die Ausbildung als Grünzug sichergestellt.
Darüber hinaus gehende Planungen zur Öffnung der Alten Elster ergeben absehbar keinen Sinn, weil wesentliche Voraussetzungen, wie die wasserwirtschaftliche Notwendigkeit, die Zuständigkeit und die Finanzierung, für eine Umsetzung fehlen. Zudem würden Erwartungen geweckt, die von wesentlichen Aspekten des Rahmenplanes ablenken. Der ÄA beabsichtigt daher, die weiteren Planungen auf die Grundvariante (ohne Alte Elster) zu beschränken. Bei den betreffenden Teilabschnitten (Friedrich-Ebert-Straße, Stadionvorplatz, Robert-Koch-Platz) sind die zu beschließenden Ziele und Bebilderungen entsprechend anzupassen.
Die Alte Elster war ein begradigter Flusslauf, der in den 1920er Jahren nach der Herstellung des Elsterbeckens als neue Hauptgewässertrasse verfüllt wurde. Die Wiederherstellung der Alten Elster ist wasserwirtschaftlich sowie gewässer- und auenökologisch nicht darstellbar. Auch als reine Stadtgestaltung ist sie angesichts erheblicher Kosten nicht leistbar.“
Für Hochwasserschutz völlig überflüssig
Und deutlich weisen die Grünen die störrische Verwaltung darauf hin, dass gerade die verantwortliche Landestalsperrenverwaltung betont hat, dass eine Offenlegung der Alten Elster auch für den Hochwasserschutz keine Rolle spielt.
„Wie in den Unterlagen vermerkt, liegt die Zuständigkeit bei der Landestalsperrenverwaltung (LTV). Die LTV hat mehrfach erklärt, dass eine Offenlegung der Alten Elster für den Hochwasserschutz nicht notwendig ist. Bei Bemessungshochwasser erfolgt der Abfluss vollständig durch das Elsterbecken. Mit Öffnung des Palmengartenwehrs sinkt der Wasserspiegel oberstrom ab, sodass die Elsterbeckenumgehungen (Kleine Luppe und Elstermühlgraben) hydraulisch nicht wirksam sind und deren Zulaufwehre geschlossen werden (HWSK 2004; sowie Hochwasser 2013).
Ein etwaiger HW-Abfluss über den Elstermühlgraben bzw. die Alte Elster würde die untere Weiße Elster überlasten, die frei hinter den rechten Luppedeichen verläuft. Eine Rückführung in den hochwasserführenden Hauptfluss (Neue Luppe) wäre auch mit der einstmals angedachten Partheüberleitung nicht möglich.“
Tatsächlich ist die Offenlegung der Alten Elster imme rnoch im Plan, weil die Verwaltung krampfhaft am künstlichen Elsterbecken festhält.
Auch das kommentieren die Grünen deutlich: „Das in der Unterlage benannte Integrierte Gewässerkonzept (IGK; Beschluss 2004) beschränkte sich auf die Überlegung, bei geringer Wasserführung das Elsterbecken zu umgehen, um dort Sedimentation und in der Folge die notwendige Entnahme zu reduzieren. Jedoch insbesondere bei hoher Wasserführung würden weiterhin Sedimente im Oberlauf (bspw. Elsterflutrinne) mobilisiert und im Elsterbecken angelandet.
Die Ausbaggerung des Elsterbeckens zum Erhalt des Abflussprofils kostet ca. 350 T€ alle ein bis zwei Jahre (LTV, 2024). Das sind ca. 0,2 % der Baukosten für die Alte Elster. Für 1.400 Meter überwiegend Betonkanal mit ca. 10 neuen Brücken (u.a. Jahnallee und Stadionvorplatz) sind mit den Erfahrungen des Elstermühlgrabens mindestens 140 Mio. € zzgl. Instandhaltung zu erwarten.
Die Öffnung der Alten Elster wäre ein Gewässerneubau, der gemäß Wasserrahmenrichtlinie und im Gesamtkontext schwerlich darstellbar wäre. Bei Niedrigwasser müsste die Mindestwassermenge dann in fünf parallelen Gewässern (Kleine Luppe, Elsterbecken, Alte Elster, Elstermühlgraben, Parthe) gewährleistet werden.“
Die simple Logik sagt hier: Das Projekt Alte Elster gehört in den Papierkorb.
Das alte Elsterbecken ist nur eine Sedimentfalle
Aber ebenso krampfhaft hält die Stadt ja am Elsterbecken als „Sedimentfalle“ fest. Ein uraltes technokratisches Denken, das einen ökologischen Umgang mit dem Elsterbecken verhindert.
Weshalb die Grünen auch beantragen: „Die Renaturierung des Elsterbeckens einschließlich eines möglichen Elstersportparks wird als Maßnahmenbaustein mit aufgenommen“.
Was sie ebenfalls ausführlich begründen: „Das Elsterbecken ist als Hauptgewässer im Plangebiet stets zu berücksichtigen. Im Bestand ist es ein eingestautes, breites und flaches Gewässer. Schwebstoffe setzen sich ab und die Gewässersohle zu (s. 3a). Das Elsterbecken ist in einem ökologisch schlechten Zustand und für Fischfauna unattraktiv. Im Sommer ist es aufgeheizt und sauerstoffarm. Im Unterschied zu Wiesen und Wäldern bringt das Elsterbecken in Sommernächten keine Abkühlung.
Eine Öffnung der Alten Elster würde den Durchfluss im Elsterbecken reduzieren und die gewässerökologischen Probleme verschärfen. Vor allem aber würde unterstrom das Wasser für die Nahle fehlen, deren Dynamisierung und Auenanschluss eine zentrale Maßnahme des Auenentwicklungskonzeptes (AEK) darstellt.
Die ökologische und ökonomische Vorzugsvariante zur Renaturierung des Elsterbeckens wurde bereits 1999 benannt (Horlacher, TU Dresden), jedoch beim IGK-Beschuss 2004 nicht zur Kenntnis gegeben. Auf 2,5 km Länge ist eine 150 Meter breite Flusslandschaft mit Wiesen und Tümpeln möglich, bei der natürliche Gewässerentwicklung, Sedimenttransport sowie Ausuferungen bei Hochwasser stattfinden. Damit entsteht unter den Brücken ein auch terrestrischer Auenverbund, der durch das Elsterbecken bisher nicht möglich war.
Der renaturierte Fluss wird erlebbar, wie nirgendwo in der gesamten Stadt. Zugängliche Wiesen am Richard-Wagner-Hain und Festwiese bieten Naherholung und wechseln sich mit unzugänglicher Weichholzaue am Westufer ab. Hier wird der Biber auch künftig seine Wohnstätten errichten können. Und auch paddeln könnte attraktiv werden und weiter zur renaturierten Nahle und Luppe führen.
Weitere Lösungsansätze soll eine Machbarkeitsstudie zum Elsterbecken aufzeigen (VII-A-06607 (Beschluss 2022) sowie VII-F-10663), die in Zuständigkeit der LTV zu bewerten sind. Denkbar ist die Ausbildung der umgebenden weiteren Uferbereiche als Elstersportpark mit urbanen Sport- und Freizeitanlagen, Laufstrecken, Calisthenics-Angeboten, die in der Stadtgesellschaft stark nachgefragt sind. Damit kann eine ideale Erweiterung und Abrundung des Sportforums erreicht werden.“
Echte Bausteine für die Schwammstadt
Und auch die beiden anderen Antragspunkte der Grünen zielen auf eine bessere Klimaanpassung des Geländes rund ums Sportforum.
„In der Umsetzung des Rahmenplans werden die Grundsätze der wassersensiblen und klimaangepassten Stadtplanung angewandt und dabei insbesondere Stadion- und Festwiesenvorplatz sowie die Festwiese und das Entree am Cottaweg weitestgehend entsiegelt, begrünt und sportaffin gestaltet“, lautet einer dieser Punkte, bei dem die Stadt eigentlich keine Argumente hat, die dagegen sprechen dürften.
In der Vorlage der Verwaltung wird das Thema noch nicht wirklich ernst genommen, stellen die Grünen fest: „Die in der Unterlage angedeuteten Schwammstadtfunktionen ließen sich mit einer modellierten Grünanlage entlang der Alten Elster mit pflanzenbasierter Verdunstung und bodenaktiver Versickerung besser realisieren, als durch die Herstellung eines neuen Vorflutkanals. Beim Schwammstadtprinzip geht es um Rückhaltung in der Fläche und nicht um schnelle Ableitung von Wasser.
Sickermulden entlang der Baumallee und Überläufe von Regenrückhaltesystemen könnten bei Starkregen in den Elstermühlgraben hinter der Goyastraße münden. Diese Flächen stünden für Vegetation, Regenwassermanagement und Erholung gleichermaßen zur Verfügung. Beim Bau der Alten Elster würde mindestens eine Doppelreihe der Baumallee beseitigt und die verfügbare Fläche um die Kanalbreite (ca. 20 m) reduziert.
Diese Funktionsweise mit nahräumigem Wasserkreislauf und vitaler Vegetation, lässt sich auch auf den Stadion- und Festwiesenvorplatz sowie die Festwiese selbst übertragen. Das Schwammstadtprinzip ermöglicht eine enge Verzahnung von befestigten Flächen und Vegetationsflächen mit Bäumen und Verschattung. Auf der Festwiese ohne Baumbestand können befestigte Flächen mit gebundenen Belägen sowohl massentauglich und sportaffin als auch dauerhaft sickerfähig gestaltet werden.“
Kein Parkhaus auf Stadtkosten
Und der letzte Punkt greift genau das Thema auf, bei dem sich die Verwaltung seit 2012 immer wieder nur mit Kompromissen durchs Gelände schlängelt: „Zur verkehrlichen Erschließung der derzeitigen und geplanten Sportstätten wird ein Mobilitätskonzept unter Vorrang der An- und Abfahrtverkehre des Umweltverbunds entwickelt. Errichtung und Betrieb eines PKW-Parkhauses erfolgen im Ergebnis kostenneutral für die Stadt oder kommunale Unternehmen.“
Denn die Frage ist natürlich: Braucht es am Stadion wirklich noch ein weiteres Parkhaus? Und warum sollte das ausgerechnet die Stadt bauen?
Die Grünen dazu: „Das innenstadtnah gelegene Sportforum bietet die besten Voraussetzungen für eine weitgehend über den Umweltverbund erfolgende verkehrliche Erschließung, wie sie bereits jetzt Realität ist. Sofern seitens der Betreiber ein unabweisbarer zusätzlicher Stellplatzbedarf realisiert werden soll, darf dieser nicht zu Lasten der An- und Abfahrtverkehre von Tram, Bus, Rad und Fußverkehr erfolgen, sondern muss klar nachrangig sein.
Dies muss in einem entsprechenden Mobilitätskonzept nachgewiesen werden. Insbesondere angesichts der angespannten Haushaltssituation müssen Errichtung und Betrieb ohne finanzielle Beteiligung der Stadt oder kommunaler Unternehmen erfolgen. Wirtschaftliche Risiken müssen privat, sinnvollerweise durch diejenigen Betreiber von Sportstätten getragen werden, die auf dem Stellplatzbedarf beharren.“
Und gar nicht nur beiläufig betonen die Grünen noch, dass ihr komplexer Änderungsantrag direkt aus den Ergebnissen der Ausschussberatungen resultiert. Dass also alle Argumente dafür sprechen, genau diese Änderungen mit aufzunehmen.
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Keine Kommentare bisher
Nach meiner Kenntnis war die Öffnung der Alten Weißen Elster im Bereich ab Palmgartenwehr -Fr-Ebert-Str – Stadionvorplatz-bis zur Weißen Elster mal zur Olympiabewerbung 2003/2004 als Hochwasserschutzmaßnahme im Gespräch, da es bis dahin für die Innenstadt keinen ausreichenden HW-Schutz gab. In der Zwischenzeit wurde für den Zwenkauer See die HW-Schutzlamelle ausgebaut, so das die Spitze eines möglichen HW 100 und mehr durch die Ableitung in den Zwenkauer See gekappt werden kann. Damit ist der Ausbau der Alten Weißen Elster nicht mehr erforderlich und inzwischen auch noch kaum finanzierbar, mal abgesehen von den fehlenden Brückenbaukapazitäten. Eine Renaturierung des Elsterbecken bringt aber trotzdem noch genügend Probleme mit sich, denn die dort vorhandenen alten und teilweise giftigen Sedimente würden wahrscheinlich im Becken verbleiben. Denn selbst das ausbaggern und auf Deponien verbringen würde die Stadt oder wer auch immer nicht bezahlen wollen oder können. Diese Sedimente müssten also gegen ausspülen oder aufschwemmen gesichert werden. Man kann heute sicher vieles machen. Es muss nur Jemand den Willen dazu aufbringen, die Umgestaltung wollen, die Verantwortung übernehmen und bezahlen. Wünschenswert wäre es genauso wie der Biotopverbund oder die Wiedervernässung vom Auwald.