Jetzt dürfen sich alle mal aufregen. Am Montag, 17. Februar, regte sich auch Steffen Wehmann, Sprecher für Haushalt und Finanzen der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat, ein bisschen auf. Denn mittlerweile merken auch die Leipziger Ratsfraktionen, was es bedeutet, wenn die Sächsische Staatsregierung lieber Milliardenrücklagen bildet, aber die Förderung für kommunale Investitionen so knapp hält, dass selbst eine Stadt wie Leipzig keine Fördergelder mehr bekommt.

„Vor wenigen Tagen verkündete Sachsens Verkehrsminister den vorläufigen Stopp der Fördergelder für kommunale Straßenbau-Projekte“, beschreibt die Linksfraktion das Problem. Und auch hier stimmt es nicht. Die Förderung wurde genauso wenig gestoppt wie im Frühjahr 2019, als eine ähnliche Nachricht durchs Land waberte. Denn tatsächlich hat es das SPD-geleitete Wirtschaftsministerium nun zum zweiten Mal geschafft, die vom Landtag genehmigten Fördermittel für kommunalen Straßenbau komplett zu vergeben.

Etwas, was in den Vorjahren fast unmöglich schien. Aber durch eine Vereinfachung der Antragsverfahren bekamen endlich auch Kommunen die Chance, die Fördergelder zu bekommen, die vorher oft schon an der Bürokratie gescheitert waren.

Wenn man aber die Bürokratie entschlackt, die ja oft deshalb so kompliziert ist, damit die Gelder nicht abgerufen werden sollen, wird erst richtig sichtbar, wie sehr sich die Sächsische Regierung in den vergangenen Jahren auf Kosten der Kommunen „gesund“gespart hat. Das gesparte Geld wurde ja nicht in Personal oder Projekte gesteckt, sondern in lauter Sonderfonds und Rücklagen.

Von insgesamt fast 480 Millionen Euro im sächsischen Doppelhaushalt 2019/2020 stehen bis zum Ende des Jahres noch 29 Millionen Euro für Straßenbau zur Verfügung. Der Rest der knapp 179 Millionen Euro für 2020 ist bereits in längerfristigen Projekten gebunden, teilte das Wirtschaftsministerium am 7. Februar mit.

Und seit zwei Jahren merkt Leipzig, wie umkämpft diese Fördertöpfe jetzt sind. Und welche Nachteile eine Stadt hat, die mit ihren Investitionsplanungen seit Jahren hinterherhinkt, Förderanträge nicht rechtzeitig abgibt oder Bauvorhaben verschieben muss, weil partout kein Auftragnehmer dafür zu finden ist.

Auch in Leipzig wächst die Anzahl sanierungsbedürftiger Straßen. Und mindestens drei dieser Projekte sind jetzt direkt betroffen: Unter anderem sollen die Rosa-Luxemburg-Straße und die Althener Straße erneuert werden. Diese beiden Bauprojekte wurden durch den Stadtrat beschlossen, die Fördermittel des Freistaats Sachsen sind lange geplant und beantragt (2018). Da diese ausbleiben, müssen die Gelder von 1,8 bzw. 2,9 Millionen Euro durch die Stadt selbst getragen werden, so Wehmann. Dazu kommt das 3,5-Millionen-Projekt Bornaische Straße.

Das summiert sich inzwischen. Leipzig sitzt zwar selbst auf einem wachsenden Berg von Ausgaberesten, also Investitionsgeldern, die einfach nicht in das entsprechende Bauprojekt umgesetzt werden konnten. Aber letztlich zahlt die Stadt dafür drauf, dass die Staatsregierung bei der Förderung des kommunalen Straßenbaus seit Jahren knausert.

„In den vergangenen Monaten musste der Stadtrat mehrfach der überplanmäßigen Auszahlung von Geldern für den Ausbau und die Sanierung von Straßen zustimmen, um die ausbleibenden Fördermittel des Landes durch die Stadt Leipzig auszugleichen“, kommentiert Steffen Wehmann das Ergebnis. „Die dort notwendigen, zusätzlich eingesetzten Eigenmittel der Stadt könnten gegebenenfalls für andere beschlossene Projekte fehlen.“

Zumindest zeigt die eigentlich verzweifelte Aktion von Verkehrsminister Martin Dulig (SPD), wie falsch die Mittel im sächsischen Haushalt verteilt sind und dass die Staatsregierung nicht einmal die derzeit günstige Finanzlage nutzt, endlich die in Jahren aufgebauten Investitionsstaus in den Kommunen abzubauen. In Leipzig führt das mittlerweile dazu, dass auch große Straßenbauprojekte immer weiter verschoben werden.

Logisch, dass sich auch Wehmann die Frage stellt: „Muss nun davon ausgegangen werden, dass bereits beschlossene Baumaßnahmen verschoben bzw. gestrichen werden müssen? Welche Maßnahmen ergreift die Stadt, um der Problematik zu begegnen?“

Die Fragen möchte die Linksfraktion in der Ratsversammlung am 26. Februar beantwortet bekommen.

Wenn selbst der MDR von einem Fördermittelstopp in Sachsen fabuliert

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Kann man davon ausgehen, dass sämtliche genehmigte Fördermittelprojekte auch realistisch durchführbar sind, oder sind da auch Luftnummern und Platzhalter dabei?

Andererseits: Wo liegt das Problem, den Fördermitteltopf einfach mal ein bisschen aufzubohren?

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