In der Ratsversammlung am 14. Dezember kam es doch zu einem recht heftigen Hin und Her um die Frage, warum die Ratsversammlung die Planungen zum Bildungs- und Bürgerzentrum Grünau nicht vorgelegt bekäme. In der Diskussion tauchte dann als unerwartetes Argument der Hinweis auf, die Pläne seien erst einmal gestoppt worden – und zwar im Rahmen eines allgemeinem Planungstopps wegen der Auflagen, welche die Landesdirektion Sachsen zum Leipziger Haushalt 2023/2024 erlassen hat.

Ein Unding, fand damals schon die Linksfraktion. Auch wenn die Landesdirektion ihre Auflage mit dem Wörtchen „Priorisierung“ verkleidet hatte. Die Stadt solle ihre Investitionen priorisieren und zwar mit Vorrang für „Maßnahmen der ‚investiven Grundversorgung‘“. Heißt: Straßen, Brücken und Schulen haben Vorrang. Kultureinrichtungen wie das geplante Bürgerzentrum Grünau nicht.

Über den Streit in der Ratsversammlung berichteten wir hier.

Insbesondere der Fraktionsvorsitzende der Linken, Sören Pellmann, zeigte sich verärgert über die – scheinbar – gestoppte Planung.

Welche Folgen hat die Auflage der Landesdirektion?

Und so war es nur folgerichtig, dass die Linksfraktion nun ein Fragepaket nachschob, mit dem sie erfahren wollte, ob diese Priorisierung von Bauprojekten gar noch weitere Auswirkungen auf vom Stadtrat beschlossene Bauprojekte hat.

„In der Diskussion der Ratsversammlung vom Donnerstag, dem 14.12.2023, wurden im Rahmen der Anfrage zum Planungsstand des Bildungs- und Bürgerzentrums Grünau (VII-F-09446) und der damit verbundenen Nichteinhaltung des Stadtratsbeschlusses (VII-DS-06858) – einen diesbezüglichen Planungsbeschluss dem Stadtrat bis Ende 2023 vorzulegen – keine plausiblen Gründe durch die Verwaltungsspitze genannt“, heißt es in der Anfrage der Linksfraktion. In der es aber eben um den möglichen verwaltungsinternen Stopp von beschlossenen Vorhaben ging.

Aber es ist möglicherweise wie so oft, wenn die Landesdirektion Sachsen die Genehmigung Leipziger Haushalte mit drastischen Auflagen belegt, als wäre die Stadt Leipzig einfach zu dumm, mit Geld vernünftig umzugehen. In der Ratsversammlung vom September (da hatte die Landesdirektion den Doppelhaushalt 2023/2024 gerade genehmigt) berichtete Finanzbürgermeister Torsten Bonew über die Auflagen der Landesdirektion und ließ seinen Frust über diesen deutlichen Eingriff in die kommunale Verwaltungshoheit deutlich spüren.

Aber umsetzen muss er die Priorisierung trotzdem. Auch wenn das an den Leipziger Planungen erst einmal nicht viel ändert, denn der Löwenanteil der beschlossenen Investitionen fließt ja genau da hin: in Maßnahmen der „investiven Grundversorgung“.

Baustelle „Kita“ ist endlich geschafft

Lediglich in einem Bereich ist Leipzig mittlerweile mit den Investitionen weitgehend durch. Das ist der Bereich der Kindertagesstätten.

Nach rund neun Jahren von ambitionierten Investitionen konnte die Stadt am 16. Januar zu ersten Mal wieder melden:

Bedarfsplanung Kindertagesbetreuung: Plätze für alle gesichert

Die Stadt Leipzig kann allen Leipziger Kindern ab Vollendung des ersten Lebensjahres bis zum Schuleintritt einen Betreuungsplatz anbieten.

In der jährlichen Bedarfsplanung für die Kindertagesbetreuung werden die erforderlichen Betreuungsplätze für verschiedene Leistungsbereiche (Kinderkrippe, Kindertagespflege und Kindergarten) unter Berücksichtigung künftiger Einwohnerentwicklungen beschrieben. Für das Jahr 2024 wurde ein Bedarf von 1.239 Plätzen in der Kindertagespflege, 8.191 Krippenplätzen und 22.147 Kindergartenplätzen prognostiziert.

Dank des gut ausgebauten Einrichtungsnetzes von Kindertageseinrichtungen und den Kapazitätserweiterungen der vergangenen Jahre kann jedem Kind in Leipzig ein Betreuungsplatz angeboten werden. Somit wird sichergestellt, dass der Anspruch auf Betreuung für jedes Leipziger Kind von einem Jahr bis zum Schuleintritt erfüllt wird. Herausforderungen bestehen aber weiterhin in der inklusiven Betreuung, der Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechts der Eltern sowie dem Sanierungsbedarf einiger Einrichtungen.

Der verbleibende Investitionsstau

Aber für Schulen, Sporthallen, Brücken und Straßen ist das eben noch lange nicht möglich. Dutzende Großprojekte stecken in der Pipeline. Sie sind schon alle priorisiert, ohne dass die Stadt mit den völlig ungenügenden Fördermitteln dafür es tatsächlich schafft, den Investitionsstau abzuarbeiten.

Und so antwortet das Finanzdezernat auf die wesentliche Frage der Linksfraktion dann auch sehr deutlich.

„Gibt es einen generellen oder teilweisen Stopp (ggf. ohne Maßnahmen der ‚investiven Grundversorgung‘) von neuen ‘Planungs- sowie Bau- und Finanzierungsbeschlüssen’ zur Beratung und Entscheidung im Stadtrat?“, hatte die gefragt.

Und das Finanzdezernat antwortet: „Nein, es gibt keinen generellen oder teilweisen Stopp von Planungs- oder Baubeschlüssen. Die entsprechenden Vorlagen befinden sich nach Freigabe durch die einreichenden Dezernate jeweils im regulären verwaltungsinternen Mitzeichnungsverfahren und werden anschließend der Dienstberatung des Oberbürgermeisters vorgelegt.

Die Beantwortung der Frage 2 erübrigt sich damit.

Nichtsdestotrotz sind für uns auch die Auflagen aus dem Bescheid der Landesdirektion Sachsen, insbesondere Auflage 3.3, zur Genehmigung des Haushaltes 2023/24 maßgeblich zu beachten, um auch zukünftig genehmigungsfähige Haushalte im Sinne unserer Stadt und ihrer stetigen Weiterentwicklung über die kommunalen Pflichtaufgaben hinausgehend, aufstellen zu können.

Über den Bescheid der Landesdirektion wurden der erweitere Finanzausschuss am 25.09.2023, die Dienstberatung des Oberbürgermeisters am 26.09.2023 sowie die Ratsversammlung im Oktober 2023 (VII-Ifo-08974) informiert.“

Was am Ende wohl heißt: Die Auflagen der Landesdirektion führen zu keinem Stopp der schon beschlossenen Projekte. Aber schon im Doppelhaushalt 2025/2026 werden die Auguren der Landesdirektion genau hinsehen, ob sich nicht doch ein Projekt in die Investitionsplanung geschmuggelt hat, dass die Landeswächter nicht als notwendige Grundversorgung beurteilen. Ein Bildungs- und Bürgerzentrum Grünau zum Beispiel.

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