Das Grundwasser steigt in der Region wieder, seit einige der großen Tagebaue vom Netz gegangen sind. Die Restlöcher werden geflutet und verwandeln sich in Badeseen. Und da das Grundwasser nicht mehr abgepumpt und oberirdisch abgeleitet wird, steigt auch im weiteren Umkreis der einstigen Tagebaue der Grundwasserspiegel wieder an. Auch in Leipzig. Ab dem heutigen 30. April wird der aktuelle Wasserstand in der Region gemessen.

Im Großraum Leipzig finden dazu vom Montag, 30. April, bis Freitag, 4. Mai, umfangreiche Messungen an ungefähr 1.300 Grundwasser- und Oberflächenwassermessstellen statt. Außer der Stadt Leipzig sind das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, die Landesdirektion Sachsen, die Landestalsperrenverwaltung und die Landkreise Leipzig und Nordsachsen an der Messkampagne beteiligt.

Gemessen wird im kompletten Stadtgebiet mit Erweiterungen im Norden bis Liemehna-Tagebau Breitenfeld, im Westen bis Dölzig und Markranstädt, im Süden bis Cospudener See und Markkleeberger See sowie im Osten bis Jesewitz, Beucha und Köhra.

Im genannten Zeitraum werden durch die Mitarbeiter des Amtes für Umweltschutz, anderer Behörden aber auch Dritter wie der LMBV und der KWL flächendeckend durch Teams mit je zwei Mitarbeitern Messungen des Grundwasserspiegels an Messstellen und des Wasserspiegels an oberirdischen Gewässern vorgenommen. Für den seltenen Fall, dass ein Privatgrundstück betreten werden muss, kann sich der Mitarbeiter entsprechend ausweisen, teilt das Leipziger Dezernat für Umwelt, Ordnung und Sport mit.

“Die Gewinnung zuverlässiger Messwerte ist eine wichtige Grundlage für umweltrelevante Planungen und Maßnahmen, Beurteilung von Bauvorhaben, Beratung von Investoren und Bürgern und für Untersuchungen über den Einfluss klimatischer Veränderungen. Die gewonnenen Daten werden digital erfasst und anschließend umfangreich ausgewertet”, erklärt Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal.

Es entstehen dabei Karten der Höhenlinien des Grundwassers, so genannte Hydroisohypsenpläne, Flurabstandskarten, die die Differenz zwischen Geländeoberfläche und Grundwasserspiegel aufzeigen, und Differenzenpläne, mit denen der Vergleich mit vergangenen Messungen möglich wird.Da die Messungen auch auf Geh- und Radwegen, in Parks und im Wald sowie auf Betriebs- und Privatgrundstücken stattfinden, könne es möglicherweise zu geringfügigen Beeinträchtigungen des Radverkehrs, Fußgängerverkehrs oder auch des Verkehrs auf dem jeweiligen Betriebsgelände kommen, so das Umweltdezernat. Für einen kurzen Messzeitraum von zehn Minuten würden die Bürger deshalb um Vorsicht, Rücksichtnahme und Hilfe gebeten. Hilfe bedeutet etwa, den Zutritt auf das Gelände zu gewähren oder Abdeckungen von Privat- oder Betriebsbrunnen zu entfernen.

Seit über 100 Jahren wird in Sachsen durch die jeweils zuständige Behörde eine regelmäßige Messung der Grundwasserstände durchgeführt. Insbesondere der politische Umbruch 1989/1990 und die damit verbundenen wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten 22 Jahre führten zu Veränderungen der hydrologischen Verhältnisse in unserer Region. Im Tagebau Cospuden, der sich am weitesten auf die Stadt Leipzig vorgearbeitet hatte, wurde am 20. April 1990 der Tagebaubetrieb eingestellt. Ab 1993 wurde das Tagebaurestloch geflutet.

Mehrere Einzelfaktoren überlagern sich nun in ihren Auswirkungen auf die Grundwasserverhältnisse.

Dazu gehören beispielsweise der Abschluss des aktiven Bergbaues mit Beendigung der Tagebauentwässerung, die Flutung der Tagebaurestlöcher, die Stilllegung zahlreicher Wasserwerke für die Trinkwasserversorgung, der Wegfall von Brauchwassererfassungen der Industrie und Anlagen für die landwirtschaftliche Bewässerung.

Damit die Prozesse erkannt und verfolgt werden können, wurde seit 1990 durch Landes- und kommunale Behörden ein umfangreiches Messprogramm aufgebaut. Neben dem Einsatz von automatisch arbeitenden Messstationen zur Erfassung der Grundwasserstände und dem regelmäßigen Messen in Brunnen und Grundwassermessstellen gehören mittlerweile sogenannte Stichtagsmessungen im 5-Jahres-Rhythmus zum Überwachungsprogramm.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar