Wenn Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke) sich schon so vehement zum Weiterbau des Elster-Saale-Kanals bis zur Saale bekennt und das Stadtratsvotum vom 10. Juli als Arbeitsaufgabe für sein Dezernat begreift, dann fragt man sich natürlich: Wer bezahlt das alles? Auch schon die Vorbereitung dieses 151-Millionen-Euro-Projekts. Die L-IZ hat mal gefragt, das Amt für Stadtgrün und Gewässer hat geantwortet.

1. Wieviele Personen / Personalstellen in der Leipziger Stadtverwaltung waren und sind mit den Planungen zum Elster-Saale-Kanal, den diversen “Potenzialanalysen”, multilateralen Abstimmungsgesprächen und anderen Zu- und Vorarbeiten für das Projekt beschäftigt?

Siehe dazu die Antwort zu Frage 2.

2. Mit welchen Kosten ist das untersetzt?

Auftraggeber für die Potentialanalyse war der Grüne Ring Leipzig. Demzufolge subsumiert sich die Betreuung des Projektes im Grünen Ring Leipzig.

3. Welche Schritte folgen aus dem Stadtratsbeschluss vom 10. Juli? Mit welchen Folgekosten?

Konkrete Schritte im Stadtgebiet von Leipzig wird es in direkter Folge des Stadtratsbeschlusses nicht geben, da die Maßnahmen zur Anbindung des Saale-Elster-Kanals (SEK) an die Saale außerhalb des Stadtgebietes von Leipzig, auf dem Territorium des Landes Sachsen-Anhalt stattfinden müssen. Die Stadt Leipzig unterstützt die Akteure in Sachsen-Anhalt natürlich ideell und auf planerischer Ebene im Zuge ihrer Mitarbeit im Grünen Ring Leipzig.

4. Mit welchen Personalstellen wird das unterfüttert?

Bis Jahresende beabsichtigen die beteiligten Gebietskörperschaften, ebenso wie die Städte Leuna, Schkeuditz und Leipzig, die Gremienbeschlüsse fassen zu lassen.

5. Mit welchem Summen hat sich Leipzig an der Erstellung der “Touristischen Potenzialanalyse” und der Untersuchung der Varianten des Kanalausbaus beteiligt?

Die Stadt Leipzig hatte einen anteiligen Betrag in Höhe von ca. 1.200,- EUR zu finanzieren. Dies errechnet sich wie folgt:

Die Gesamtkosten beliefen sich auf 92.582,- EUR. Davon entfielen 34.391,- EUR auf Sachsen-Anhalt und 58.191,- EUR auf Sachsen. Der Eigenmittelanteil betrug 17.457,- EUR. Dieser Eigenmittelanteil wurde durch die Kommunen (12) und Landkreise (2) des GRL erbracht, wovon auf die Stadt Leipzig der o.g. Betrag entfiel.
Was einen dann natürlich wieder an eine Rede erinnert, die Heiko Rosenthal 2010 beim Seenlandkongress auf der “Beach & Boat” hielt. Die Zeitleiste, die er da an die Wand beamte, ist zwar etwas durcheinander, weil die Gelder nicht so fließen, wie es sich die Akteure im Grünen Ring wünschen. Eine Anbindung des Markkleeberger Sees an die Pleiße wird es bis 2014 nicht geben, eine Schiffbarmachung der Pleiße auch nicht. Aber am 17. Juli nannte Rosenthal die Marina Lindenau schon als eines der nächsten Arbeitsprojekte, 2010 wurde das noch kühn “Sportboothafen” genannt.

Natürlich hat die L-IZ nicht nach den Personalstellen gefragt, um zu erfahren, dass dafür nun der Grüne Ring zuständig ist, dessen Sprecher Heiko Rosenthal aktuell ist. Denn der wird ja nun wieder von den “Kommunen (12) und Landkreisen (2)” finanziert. Geregelt wird das durch die “Zweckvereinbarung Arbeitskreis ‘Grüner Ring Leipzig'”, in der es zum Zweck und zur Handlungsfreiheit dieses Kreises heißt: “Der Arbeitskreis trifft sich auf freiwilliger Basis und dient der strategischen und konzeptionellen Entwicklung und Realisierung von regional bedeutsamen interkommunalen Projekten, dem Wissenstransfer und dem Informationsaustausch. Die Planungshoheit der einzelnen Mitgliedskommunen wird nicht berührt.”

Es ist wie eine ausgelagerte demokratische Verantwortung. Der “Grüne Ring” plant und treibt Projekte voran. Die Kommunen können sich hinterm “Grünen Ring” verstecken. Sie geben nur jedes Jahr Geld in die Finanzierung des Büros und der Planungsprojekte – rund 200.000 Euro jedes Jahr. Leipzig allein ist mit über 100.000 Euro dabei.

Und davon fließt natürlich ein erklecklicher Teil in die Vorarbeit für das Mega-Projekt “Elster-Saale-Kanal”. Für Planungen zum Beispiel: “Die Stadt Leipzig unterstützt die Akteure in Sachsen-Anhalt natürlich ideell und auf planerischer Ebene im Zuge ihrer Mitarbeit im Grünen Ring Leipzig.” Und auch personell: “Bis Jahresende beabsichtigen die beteiligten Gebietskörperschaften, ebenso wie die Städte Leuna, Schkeuditz und Leipzig, die Gremienbeschlüsse fassen zu lassen.”

Und wer in die aktuelle Projektliste des “Grünen Rings” schaut, liest für das Jahr 2013 auch die beiden Projektpunkte “Touristische Potenzialanalyse zur Anbindung des Saale-Elster-Kanals an die Saale – seit 2011. Untersuchungen zu Potenzial und Machbarkeit, gefördert durch den Freistaat Sachsen und Sachsen-Anhalt” und “Produktion einer filmischen Dokumentation zur Begleitung des Projektes ‘Anbindung des Saale-Elster-Kanals an die Saale’ zwischen Halle (Saale) und Leipzig – beantragt für 2013 in Kooperation mit Sachsen-Anhalt”.

Und dieses schnelle Umschalten auf “Freie Fahrt” bestätigt auch die Kritik von FDP-Stadtrat René Hobusch zu Heiko Rosenthals Äußerungen zum Beschluss der Potentialanalyse Saale-Elster-Kanal.

“Der Beschluss gliedert sich in drei Punkte: 1. Kenntnisnahme, 2. konzeptionelle und ideelle Beförderung des Projektes und 3. Anbindung des Lindenauer Hafens an den Kanal. Wenn Rosenthal nun aus einer konzeptionellen und ideellen Beförderung einen klaren Arbeitsauftrag zum Bau einer Anbindung des Hafens an den Kanal macht, geht das über den Stadtratsbeschluss hinaus”, stellt René Hobusch fest und ergänzt: “Sollte das tatsächlich das Ziel der Stadtspitze sein, muss sie das Vorhaben finanziell unterlegen und in die mittelfristige Finanzplanung einarbeiten. Ich bin gespannt, ob dem Stadtrat dazu etwas mit dem Entwurf des Haushaltsplanes 2014 vorgelegt wird.” Der Plan wird auf der September-Ratsversammlung von Finanzbürgermeister Bonew in den Stadtrat eingebracht werden. Zu ihm gehört auch eine mittelfristige Planung für die kommenden Jahre.

Als “Schlag ins Gesicht vieler Eltern” bezeichnete Hobusch darüber hinaus die Aussage Rosenthals, der Lindenauer Hafen sei das “derzeit wichtigste Entwicklungsprojekt unserer Stadt”: “Nur unweit des Hafens befindet sich bspw. das Max-Klinger-Gymnasium in Grünau. Eine Leipziger Tageszeitung bezeichnete es jüngst als vergessenes Gymnasium. Dort pfeift es durch die Fenster, von denen sich nur ein Bruchteil öffnen lässt. Der Fußboden wellt sich, die Toiletten sind ein Desaster. Angesichts solcher Zustände die Entwicklung eines Premiumquartiers mit Steuergeld als wichtigstes Entwicklungsprojekt der Stadt zu bezeichnen, ist an Ignoranz kaum zu überbieten. Das wichtigste Zukunftsprojekt für unsere Stadt sind und bleiben unsere Kinder. Sie optimal zu fördern, ist gesellschaftliche Pflichtaufgabe. Wenn nun noch weitere Millionen im Kanal verbuddelt werden sollen, muss Rosenthal auch sagen, woher das Geld kommen soll. Will Rosenthal auf Sanierungen und Neubauten von Schulen und Kitas verzichten? Will er Theater schließen? Soll es weniger Förderung für Vereinsarbeit geben? Oder will er die Stadt – ganz im Einklang mit seinen Genossen von der Linkspartei – noch weiter in die Schuldenfalle treiben?”

Der FDP-Stadtrat warnte darüber hinaus vor dem Wecken von Begehrlichkeiten bei Leipzigs sachsen-anhaltinischen Nachbarn: “Wer heute laut A wie Anbindung ruft, muss sich nicht wundern, wenn von ihm morgen B wie Bezahlen gefordert wird. Aus diesem Grund hat die FDP-Fraktion den Beschluss zur Potentialanalyse nicht mitgetragen – wie alle anderen Beschlüsse rund um Hafen und Kanal, die zu finanziellen Belastungen für die Stadtkasse führen können, ebenso. Bürgermeister Rosenthal täte gut daran, schleunigst auf die Euphoriebremse zu treten.” Schließlich sei derzeit noch vollkommen unklar, ob nicht bereits bei den beschlossenen Projektteilen, Mehrkosten und Mindereinnahmen zu erwarten seien. “Das Projekt ist von der Stadtspitze bereits billig gerechnet und auf Kante genäht worden. Aus Erfahrungen der letzten Jahre gehe ich davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir Mehrausgaben bewilligen müssen – und die werden dann wie immer als alternativlos bezeichnet”, so Hobusch.

www.gruenerring-leipzig.de

So sahen die Visionen im “Grünen Ring” in einem Diavortrag noch 2010 aus

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