Bereits eine halbe Stunde vor Beginn der Stadtratssitzung findet sich vor dem Markkleeberger Rathaus eine Gruppe von etwa 20 MarkkleebergerInnen ein, die mit Schildern und kleinen Plakaten auf ihr Problem aufmerksam machen: An der Koburger Straße soll in den kommenden Tagen - für alle Anwohner völlig überraschend - ein knapp 40 Meter hoher Funkturm gebaut werden.

Zu Beginn der Stadtratssitzung am 19. Februar um 17:30 Uhr sind es schon 35 Anwohner, die im Großen Lindensaal Platz nehmen und während der Bürgerfragestunde ihr Unverständnis über die geplante Baumaßnahme zeigen wollen. Unter ihnen auch Marcus Schaebs, der mit seiner Familie auf der anderen Straßenseite direkt gegenüber der Baustelle wohnt. Für ihn ist es unverständlich, dass in der vergangenen Woche plötzlich und ohne Ankündigung Bäume gefällt werden und Bagger auf einer Baustelle arbeiten, über die auch die Nachbarn keine weiteren Informationen haben. Auf Nachfrage bei den Bauarbeitern erfährt er, dass der Mobilfunkanbieter O2 dort einen 36,5 Meter hohen Funkturm errichtet.

Schaebs tritt ans Mikrofon und will von der Stadtverwaltung wissen, ob die Baumaßnahmen bekannt seien und ob im Bauausschuss darüber gesprochen wurde. Etliche Stadträte schütteln den Kopf und hören interessiert zu, wie Marcus Schaebs im Namen der anwesenden Mitstreiter um Hilfe und Unterstützung bittet. Bisher habe er keine Auskünfte und Akteneinsicht erhalten, da er von den Mitarbeitern des Landratsamtes nicht als Nachbar gilt. Diese sprachliche Spitzfindigkeit des Landratsamtes definiert die Koburger Straße zum “Nachbarn” des Funkturmes und schließt damit aus, dass die Anwohner als Betroffene gelten, die man vorab hätte informieren oder in die Planungen einbeziehen müssen.

Der überraschende erste Satz, den Oberbürgermeister Karsten Schütze zum Thema äußert: “Auch wir wollen keinen Funkturm an dieser Stelle.” Und stellt sich damit klar auf die Seite der Anwohner. Er erklärt den Anwesenden, dass die Stadt Markkleeberg bereits drei Mal schriftlich widersprochen hat, da der Standort aus landschaftsplanerischen, städtebaulichen und Naturschutzgründen nicht als optimal betrachtet werden kann. Er kritisiert auch die mangelnde Bereitschaft bei der Suche nach Alternativen, die Wahl des jetzigen Standortes sei für ihn nicht nachvollziehbar. Acht Standorte seien vom Betreiber geprüft, aber als ungeeignet erklärt worden.
Er stellt aber auch klar, dass die Stadt Markkleeberg weder Eigentümerin der Fläche, noch genehmigende Behörde, nicht Betreiber und auch nicht der Bauherr des Turmes ist. Die Stadt sei also nicht der richtige Ansprechpartner für dieses Problem. Die Landesdirektion habe die Stellungnahmen der Stadt für rechtswidrig erklärt, da es sich laut Baugesetzbuch hierbei um ein “Privilegiertes Bauvorhaben im Außenbereich” handelt. Die Möglichkeiten für ein weiteres Vorgehen seitens der Stadt seien also nur begrenzt.

Laut Karsten Schütze war der geplante Funkturm nie Thema im Bauausschuss und wurde auch nie öffentlich bekanntgemacht, da die Stadt für diese Baumaßnahme nicht zuständig ist. Er verspricht den Anwesenden allerdings seine volle Unterstützung: “Die Bauakte wird gerade durch Anwälte auf Verfahrensfehler geprüft und liegt ab Donnerstagvormittag im Markkleeberger Rathaus zur uneingeschränkten Einsicht für die Anwohner aus.” Er sichert zu, dass er die Bewohner auch weiterhin unterstützen werde, bittet aber um Verständnis, dass er dies natürlich nur im Rahmen der ihm vom Gesetz gegebenen Mittel tun kann.
Die 35 Besucher der Bürgerfragestunde verlassen nach einer intensiven Stunde den Sitzungssaal und treffen sich nur 30 Minuten später ein Stück stadtauswärts an der Koburger Straße in Zöbigker. Im Gasthaus “Damhirsch” ist schon ab 18:45 Uhr kein Sitzplatz mehr zu bekommen.

65 Mitstreiter haben sich versammelt, um die Neuigkeiten aus dem Rathaus zu vernehmen. Anderthalb Stunden lang wird heiß diskutiert, Fragen gestellt und beantwortet, Vorschläge gemacht. Marcus Schaebs ist überrascht: “Engagement ohne Ende. Morgen geht es weiter, die ersten beiden Arbeitskreise werden aktiv. Der OBM musste sein Kommen leider per E-Mail absagen, da die nichtöffentliche Ratssitzung immer noch andauerte.” Und lädt abschließend alle Interessierten für Samstag, den 22. Februar, um 14 Uhr zu einem “Waldtreffen” an der Baustelle – fast direkt an der Kreuzung Koburger Straße/Seenallee – ein.

“Die Zeit ist knapp, wenn der Turm Ende der kommenden Woche steht, dann ist es zu spät. Wir müssen jetzt aktiv werden!”

Ein kurzes Video auf MDR.de: www.mdr.de/mdr-um-4/video177818.html

Weitere aktuelle Nachrichten aus Markkleeberg auf L-IZ.de

Aus dem Markkleeberger Stadtrat – Teil 2: Sanierung der Alten Straße in Großstädteln, ein Grundstücksverkauf in Gautzsch und eine themenreiche Fragezeit der Stadträte

Aus dem Markkleeberger Stadtrat – Teil 1: Jugendclub Gaschwitz, Bürgerbefragung ÖPNV, Funkmast Koburger Straße, Veranstaltungen im agra-Park und verkaufsoffene Sonntage 2014

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar