Was bringen eigentlich Überprüfungen der Nachtfluglärmbelastung, wenn Nachtflüge erlaubt sind, aber niemand die wirkliche Belastung misst? Auch die Landesdirektion Leipzig tut das nicht. Sie lässt sich nur die Zahl der Flüge und die beteiligten Flugzeugtypen melden, die zwischen 22 Uhr und 6 Uhr in Leipzig/Halle abheben oder landen. Das zeigt zumindest, wie einige Flugzeugtypen seltener werden in der Nacht.

Wie bereits in den Vorjahren hat die Landesdirektion Sachsen turnusgemäß die Überprüfung der Nachtfluglärmbelastung am Flughafen Leipzig/Halle auf der Grundlage der geltenden Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses vom 4. November 2004 zum Ausbau des Flughafens abgeschlossen, teilt die Behörde nun am 16. Oktober mit. Ergebnis der Überprüfung ist aus ihrer Sicht, “dass es gegenwärtig keiner weiteren Regelungen zum Schutz vor nächtlichem Fluglärm durch die Landesdirektion bedarf.”

“In die Überprüfung sind das Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr als oberste Luftfahrt- und Genehmigungsbehörde im Freistaat Sachsen sowie das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie als technische Fachbehörde einbezogen worden”, heißt es weiter. Aber mehr Behörden ergeben kein umfassenderes Bild der nächtlichen Belastung, wenn sich das Erhebungsraster nicht ändert. Und das wird sich wohl erst ändern, wenn auch die oberste Aufsichtsbehörde ihr Verhältnis zur nächtlichen Lärmbelastung und deren Folgen ändert.

Was seit 2007 praktiziert wird, ist nur ein reines statistisches Erfassen des Flugaufkommens: “Zu vergleichen war das nächtliche Flugaufkommen der sechs verkehrsreichsten Monate (Mai bis Oktober) des Jahres 2013 mit dem Aufkommen im entsprechenden Zeitraum in 2012”, so die Landesdirektion.

Die reine Statistik: Die Anzahl der zwischen 22:00 und 6:00 Uhr am Flughafen Leipzig/Halle abgewickelten Flüge hat gegenüber dem Jahr 2012 leicht auf 15.689 abgenommen (- 0,6 %).

Nicht geändert hat sich das Missverhältnis zwischen den beiden Start- und Landebahnen.

Der Anteil des allein auf der Start- und Landebahn Süd abgewickelten nächtlichen Luftverkehrs ist hierbei von 90,6 % im Jahr 2012 auf 89,9 % im Jahr 2013 gesunken. Entsprechend hat sich der Anteil des nächtlichen Flugbewegungsaufkommens auf der Start- und Landebahn Nord im Jahr 2013 von 9,4 % auf 10,1 % leicht erhöht, so die Landesdirektion. Die 2007 eröffnete Start- und Landebahn wird deshalb so stark genutzt, weil sich hier auch die Luftfrachtlogistiker – allen voran DHL – angesiedelt haben mit ihren Abfertigungshallen. Die bepackten Flieger sparen sich dann die Fahrt über die Autobahnbrücke auf die Startbahn Nord und heben gleich von der Startbahn Süd ab. Die Verschiebung ist nur marginal. Vom Ziel – das auch die Landesdirektion einmal favorisiert hatte – die nächtlichen Starts und Landungen auf den beiden Pisten gleichmäßig zu verteilen, ist man noch Lichtjahre entfernt.

Die meisten Flugbewegungen entfielen auf die Betriebsrichtung West (Landungen von Osten, Starts nach Westen) mit 65 %. Die Betriebsrichtung Ost (Landungen von Westen, Starts nach Osten) wurde bei 35 % der Flugbewegungen registriert (2012: 71 % West, 29 % Ost).Eine Uralt-Flugzeuggeneration ist jetzt wirklich reif für den Schrottplatz und wird nach und nach ausgemustert:

Die Anzahl der nächtlichen Flüge mit schweren Propellerflugzeugen (Luftfahrzeuggruppe P 2.2), einschließlich AN 12, AN 26, L 188 (Lockheed Electra), C 130 (Lockheed Hercules) und C 160 (Transall), ist im genannten Zeitraum um 767 auf 222 gefallen (- 77,6 %), stellt die Landesdirektion fest. Demgegenüber sind die Nachtflüge mit leichten Propellermaschinen (zum Beispiel ATR, Dash 8) um 86,7 % auf 760 angestiegen (Luftfahrzeuggruppe P 2.1).

Aber auch Düsenflugzeuge können eine Menge Krach machen:

Bei den schweren Strahlflugzeugen der Luftfahrzeuggruppe S 7 (AN 124 und IL 76) war eine starke Abnahme zu verzeichnen. Im Zeitraum Mai bis Oktober 2013 sind noch 18 Nachtflüge mit Flugzeugen des Typs AN 124 und IL 76 durchgeführt worden (- 51,4 %). Bei den übrigen Flugzeugen dieser Kategorie (hier insbesondere die Flugzeugmuster B 747-200 und B 747-400) hat sich das nächtliche Aufkommen mit 179 Bewegungen nahezu halbiert (- 46,2 %), während es sich im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres fast verdoppelt hatte.

Die nächtlichen Flugbewegungen der Luftfahrzeuggruppe S 6.2 (mit DC 10 und MD 11) haben sich hingegen im Bezugszeitraum Mai bis Oktober 2013 gegenüber den Vorjahresmonaten auf 84 verdoppelt.

Es haben sich also im Wesentlichen einige Typenverteilungen geändert. Einige laute Uralt-Maschinen wurden durch einige nicht so alte Maschinen ersetzt.

Für die den Flughafen besonders häufig frequentierenden Flugzeuge der Luftfahrzeuggruppen S 5.2 (insbesondere A 319, A 320, A 321, B 737-300 ff, B 757-200) und S 6.1 (insbesondere A 300, A 310, A 330, B 757-300, B 767 und B 777) sind Anstiege um 4,6 % auf 9 498 (S 5.2) bzw. um 3,2 % auf 4 806 (S 6.1) zu registrieren. Insbesondere mit diesen Flugzeugtypen wird das Luftfrachtdrehkreuz am Flughafen Leipzig/Halle mit dem Schwerpunkt im Expressfrachtverkehr betrieben.

Der Vollständigkeit halber weist die Landesdirektion darauf hin, dass unter Zugrundelegung der gerichtlich bestätigten Kriterien für die Ausweisung des Nachtschutzgebietes (= Gebiet, in dem baulicher Schallschutz notwendig ist) dieses im Jahr 2013 eine Größe von ca. 129 km² hätte haben müssen. Tatsächlich umfasse das festgesetzte Nachtschutzgebiet derzeit ca. 256 km². Das betont die Landesdirektion gern. Aber es macht auch deutlich, wie wenig Beachtung alle Gebiete außerhalb dieses “Nachtschutzgebietes” finden, wenn es um die Ermittlung von Lärmbelastungen geht.

Die nächste turnusgemäße Überprüfung ist im Frühjahr 2015 vorgesehen. Wobei es ja, wie man sieht, keine Überprüfung ist, sondern ein schlichtes Abfragen von Daten. Vielleicht findet ja der nächste Verkehrsminister den Mumm, tatsächlich einmal echte Erfassungen des Fluglärms in Leipzig und Dresden vorzunehmen.

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