Der Störmthaler See ist 2019 zum dritten Mal in Folge zum beliebtesten See Sachsens gewählt worden (www.seen.de). Er ist aktuell noch eine grüne Perle mit hohem Erholungswert im Südraum Leipzigs, steht aber unter hohem Weiterentwicklungsdruck zum Zweck einer stärkeren touristischen Nutzung. Jetzt soll, damit Autofahrer bis ans Wasser fahren können, auch am Störmthaler See wieder eine Trasse durchs Grüne gebaut werden.

Da fühlen sich nicht nur die Mitglieder des Vereins Uferleben Störmthaler See e. V. über Tisch gezogen, denn noch 2015 klang das alles ganz anders, als die Bürger großherzig zur Beteiligung an der „Charta Leipziger Neuseenland“ eingeladen wurden und die Landräte und der Leipziger OBM auf einem Schiff auf dem Markkleeberger See medienwirksam ihre Unterschrift unter das Papier setzten.

In dem es u. a. heißt: „Die Sehnsucht nach Land und Stadt hat gleichermaßen Konjunktur. Ländliche Ruhe, gesunde Ernährung, einmalige Natur und unerwartete Ursprünglichkeit in einer engen Verflechtung mit der Stadt, mit urbaner Atmosphäre, kreativer Kultur und vielfältigen Freizeitangeboten sind zwei Seiten eines Anspruchs. Das Leipziger Neuseenland hat mit seinem Alleinstellungsmerkmal, der engen Verzahnung seiner Stadt-, Kultur-, Natur- und Bergbaufolgelandschaften, die besten Voraussetzungen, um diese verschiedenen Bedürfnisse als Lebensqualität zusammenzuführen. Die hier gelebte Baukultur verkörpert ebenso dieses Ziel. Sie ist nicht nur attraktiv, barrierefrei und funktional, sondern berücksichtigt ökologische und wirtschaftliche Qualitäten und bringt diese mit den soziokulturellen Anforderungen in Einklang.“

Die Charta ist letztlich das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wird. Von einer gleichberechtigten Berücksichtigung ökologischer und wirtschaftlicher Qualitäten kann keine Rede sein. Wenn Wirtschaftsinteressen winken, werden ökologische Qualitäten von den verantwortlichen Ämtern schnell verworfen. Statt des von den Bewohnern des Neuseenlandes geforderten sanften und naturnahen Wassererlebnnisses wird auch zu Lande ein motorisierter Ausflugstourismus gefördert, der breite Schneisen in die „einmalige Natur“ schlägt.

Und da gerade Großpösna alles tut, den Störmthaler See mit allen Angeboten aufzurüsten, mit denen man irgendwie Leute ans Wasser locken kann, kommt jetzt am Südufer des Sees auch noch ein überregional geplantes Strandbad dazu.

Im Zuge der Planung für dieses überregionale Strandbad am Südufer des Sees ist der verkehrstechnische Ausbau des Gebietes vom Grunaer Weg ins Gebiet östlich der Grunaer Bucht angedacht. Dies umfasst den Ausbau und Neubau einer Straße für den ÖPNV und Individualverkehr, das Anlegen eines Parkplatzes in Strandnähe für etwa 160 Fahrzeuge sowie das Anlegen einer Buswendeschleife. Es handelt sich dabei um die Überbrückung einer Distanz von 500 Meter von der S242 zum Ufer. Logisch, das dann künftig auch hier Autofahrer vermehrt abbiegen werden, um mit ihrem Gefährt möglichst nah ans Wasser zu kommen.

„Das sich mühselig renaturierende ehemalige Tagebaugebiet droht mit erheblichen Eingriffen massiv umgestaltet zu werden. Die Finanzierung baut hierbei maßgeblich auf sog. §4 VA VI-Mitteln, welche der Freistaat Sachsen zur Verfügung stellt, um Nutzungsstandards stillgelegter Tagebauflächen zu erhöhen, wenn diese über die Verpflichtungen der LMBV hinausgehen“, kritisieren Stephanie Sroka und Christian Hansel diese Vorhaben für Lauffaule.

Seit geraumer Zeit bemüht sich der Verein Uferleben Störmthaler See e. V. um Transparenz und Einbindung der Bürger sowie die Chance zur Mitgestaltung. Da nunmehr Entscheidungen zur Planungsausschreibung anstehen und Bürgerinteressen angehört, aber in keiner Form berücksichtigt werden, hat sich ergänzend in Dreiskau-Muckern eine Bürgerinitiative entschieden, eine Petition zu starten.

Diese ging nun am 5. Oktober online. 500 Unterstützer fand die Petition gleich in den ersten Tagen.

„Die Beteiligung allein nur an diesem ersten Tag zeigt, wie wichtig Menschen der Erhalt eines naturbelassenen Uferbereiches ist und welcher hohe Mehrwert aktuell erlebt wird“, kommentieren das Stephanie Sroka und Christian Hansel. „In die bisherige Betrachtung der Weiterentwicklung des Sees müssen gleichberechtigt auch Stimmen einfließen (dürfen), die zukunftsorientiert im positiven Sinn für das Wohl der Gemeinde Großpösna andere Wege zur Seenutzung wünschen.“

Kommunale Entscheidungsträger rechtfertigen den Ausbau der maximalen Verkehrsanbindung bis zum See immer wieder mit Nutzerfreundlichkeit und Steigerung der Attraktivität des zukünftigen Strandbereiches. Auch ein Großcampingplatz soll zukünftig dieses Maximalangebot komplettieren.

„In Zeiten, in denen man sich rund um den Globus Gedanken über Klimaerwärmung, Reduzierung von Verkehr, weniger Flächenfraß durch Versiegelung und den Umwelt- und Naturschutz macht, ist es absolut unverantwortlich, neue Bauvorhaben nicht mit diesen Gedanken in Einklang zu bringen“, stellen Sroka und Hansel fest. „Statt auf neue Mobilitätskonzepte zuzugreifen, wird wieder auf Kfz gesetzt. Zunehmender Verkehr wird den Erholungswert dieses noch ruhigen Uferbereiches drastisch reduzieren.“

Ein Umdenken im Sinne einer zukunftsfähigen und achtsamen Nutzung von Ressourcen ist aus ihrer Sicht dringend erforderlich. „Projekte der Gemeinde Großpösna könnten hierbei eine Vorreiterrolle übernehmen, tun es jedoch nicht. Es wird an altem Denken festgehalten. Die Meinung von Bürgern scheinen unbequeme Störgeräusche zu sein, soweit sie nicht dem Meinungsbild kommunaler Entscheidungsträger entsprechen.“

Zur Petition

Hobbywinzer dürfen ihr Stück Weinberg am Störmthaler See genehmigungsfrei betreiben

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