Vergangenes Jahr ereigneten sich in Sachsen mindestens 186 Angriffe durch Neonazis. Dies teilten die Beratungsstellen für Betroffene rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt des RAA Sachsen e.V. am Montag mit. Davon waren 269 Menschen direkt betroffen. Im Vergleich zum Vorjahr (239) sei ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Gezählt wurden ausschließlich Gewaltdelikte.

Nach Auffassung der RAA forderte rechte Gewalt bereits das dritte Jahr in Folge in Sachsen allem Anschein nach ein Todesopfer. Am 27. Mai wurde der Obdachlose André K. in Oschatz brutal zu Tode geprügelt. Die bisherigen Informationen zu Tathergang und Tätern würden Hinweise auf ein rechtes Tatmotiv geben. Es sei daher nicht auszuschließen, dass Andre K. aufgrund sozialdarwinistischer Einstellungen sterben musste.

“Bisher führten wir die Tötung als Verdachtsfall”, erklärte Andrea Hübler von der Dresdner Beratungsstelle. “In die behördliche Statistik gehen Fälle, bei denen ein rechtes Tatmotiv zwar nicht auszuschließen, aber nicht erwiesen ist, nicht ein. In die Statistik der sächsischen Opferberatungsstellen werden Tötungen aufgenommen, wenn nicht auszuschließen ist, dass es sich um eine rechtsmotivierte Tat gehandelt haben könnte.”Körperverletzungsdelikte (105) sind die am häufigsten vorkommenden Straftaten, gefolgt von Nötigungen / Bedrohungen / versuchte Körperverletzungen (60). Brandstiftungen (3) sind im Vergleich zum Vorjahr (17) stark zurückgegangen. Schwerpunkte der Angriffe bildeten im Jahr 2011 erneut die Großstädte Dresden (40) und Leipzig (36), gefolgt vom Landkreis Mittelsachsen (19).

Sachsenweit sind nichtrechte und alternative Jugendliche (63) und Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft (53) angegriffen werden, am häufigsten betroffen. In 23 Fällen richteten sich die Angriffe gezielt gegen Neonazi-Gegner. Die Beratungsstellen gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.

“Auch wir erhalten nicht von allen Fällen Kenntnis”, erklärt Projektkoordinatorin Grit Armonies. “Das hat verschiedene Gründe. Einer davon ist, dass wir auf die Meldungen von Betroffenen oder Partnern angewiesen sind. Das wiederum setzt unsere regelmäßige Präsenz und Ansprechbarkeit vor Ort voraus.” Das sei mit nicht einmal zwei Beratern/Beraterinnen pro Landesdirektion nur schwer zu gewährleisten.

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