Wundersame Kehrtwende im nachrichtendienstlichen Umgang mit der NPD. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte am Mittwoch, dass zurzeit keine Verfassungsschutzbehörde mehr V-Leute in den Führungsgremien der Neonazi-Partei führt.

Am 29. März hatte die Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, die Einleitung eines neuerlichen Verbotsverfahrens zu prüfen. Die sogenannten V-Leute – Neonazis, die gegen Geld Informationen an die Verfassungsschutzbehörden weitergeben – galten als Verfahrenshindernis. Ein erster Verbotsanlauf scheiterte 2003, nachdem der Verdacht aufkam, Nachrichtendienste könnten durch ihre Informanten das Agieren der Partei beeinflusst haben. “Am 6. Dezember diesen Jahres werden die Ministerpräsidenten voraussichtlich die Einleitung des Verbotsverfahrens beschließen”, versprach Tillich anlässlich der Extremismuskonferenz der Staatsregierung, die heute in Riesa stattfindet. “Ich habe immer gesagt: Gründlichkeit geht dabei vor Schnelligkeit. Und wir müssen den Mut haben, das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht durchzutragen.”

Aus öffentlichen Quellen wie zum Beispiel den Protokollen der Landtage von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sei hinreichend bekannt, dass die NPD eine antidemokratische, rassistische, antisemitische und den Nationalsozialismus verherrlichende Partei ist. “Wir werden Hinweise auf Verbindungen zwischen der NPD und den gewaltbereiten und gewalttätigen Kameradschaften sehr genau prüfen”, so Tillich. “Sollten sie sich bestätigen, wäre dies ein weiteres schwerwiegendes Argument zum Nachweis einer kämpferisch-extremistischen Haltung der NPD.” Der Ministerpräsident zeigte sich daher zuversichtlich, vor dem Bundesverfassungsgericht ein Parteiverbot erwirken zu können.

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Bis es soweit ist, stehen der sächsischen NPD-Fraktion Steuermittel in Millionenhöhe zur Verfügung. Statt Geld für die Verfahrenskosten anzusparen, investieren die Parlamentarier lieber in ihre Strukturen. Am Freitag eröffnet der Bundesvorsitzende Holger Apfel in Riesa ein Bürgerbüro auf dem Gelände des parteieigenen Deutsche-Stimme-Verlags. Dort befindet sich bereits das Abgeordnetenbüro von Jürgen Gansel, außerdem die Geschäftsstellen des Landesverbands und des Kreisverbands Meißen.

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