Markus Ulbig (CDU) hat den Mitgliedern des Innenausschusses den lang erwarteten Abschlussbericht seiner Mitarbeiter zum rechten Terror vorgelegt. Verfassungsschützer und Kriminalisten erteilen sich in dem 23-seitigen Papier selbst die Absolution. Die Verantwortung für ihr Versagen bei der Fahndung nach der Zwickauer Zelle schieben sie auf ihre Nachbarn in Thüringen. Skandalös, finden Politiker der Opposition.

Das Fazit des sächsischen Innenministers lässt sich auf eine simple Formel reduzieren: Schuld sind die Thüringer. “Nach heutigem Kenntnisstand sind bei der Fahndung und bei anderen Maßnahmen im Zusammenhang mit Straftaten, die dem Trio zur Last gelegt werden keine Versäumnisse innerhalb des polizeilichen Handelns zu erkennen”, so der Bericht. Ferner sei nicht ersichtlich, dass der sächsische Verfassungsschutz gebotene Maßnahmen unterlassen habe. Dass der “Nationalsozialistische Untergrund” erst im November 2011 durch puren Zufall aufgeflogen ist, habe an einem Informationsdefizit seitens der Thüringer Verfassungsschutzes gelegen.

Dass Ulbig dem Nachbarland den Schwarzen Peter zuspielt, überrascht nicht wirklich. Andernfalls müsste er wohl über personelle Konsequenzen nachdenken. Dabei hat sein Inlandsnachrichtendienst bei der Ausforschung der terroraffinen Neonazi-Szene eklatant versagt. Das räumt sogar das Ministerium ein. Ansprachen von Personen aus dem Umfeld der Gesuchten blieben erfolglos. Dass Kameraden aus dem Umfeld von “Blood & Honour” terroristische Konzepte in die Praxis umsetzten, entging den Schlapphüten. Zur “Weißen Bruderschaft Erzgebirge”, die die Terroristen unterstützt haben soll, fehlte ihnen der Zugang. “Intensive Bemühungen, Quellenzugänge zu gewinnen, führten nicht zum Erfolg”, heißt es lapidar in dem Papier. Worin diese bestanden, bleibt unbeantwortet. Definitiv ausgeschlossen werden könne allerdings, dass die Behörde das Zwickauer Trio unterstützt habe.

“Der vorläufige Abschlussbericht ist die Fortsetzung der seit November letzten Jahres von Innenminister Markus Ulbig betriebenen Schuldzuweisung an Thüringer Behörden”, echauffiert sich der Grünen-Abgeordnete Miro Jennerjahn.

“Mit dem Satz: ‘Dass erfolgversprechende Maßnahmen im LfV Sachsen unterblieben sind, ist nicht ersichtlich’ relativiert er sogar den durchaus kritischen Abschlussbericht der Parlamentarischen Kontrollkommission von vergangener Woche. Diese hatte dem Sächsischen Verfassungsschutz Untätigkeit mit Blick auf die angebliche Thüringer Zuständigkeit vorgeworfen.”

“Was auf Seite 2 des Berichts versprochen wird, nämlich einen “wichtigen Beitrag zur Aufklärung” und zur “umfassenden Untersuchung des Handelns der betroffenen Behörden” zu leisten, wird nicht gehalten”, meint die Neonazi-Expertin Kerstin Köditz (Die Linke). “Stattdessen präsentiert der Innenminister einen weiteren Versuch der Vernebelung der Fakten. Nach wie vor stellt die Entwicklung eigenständiger Konzepte als Konsequenz aus dem NSU eine Leerstelle dar.”

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