Es wurde ja einiges wieder thematisiert zum zehnjährigen Jubiläum der Jahrhundertflut. Der sächsische Ministerpräsident mahnte mehr Eigenvorsorge an, ansonsten lobte sich die Regierung für ihre technischen Bauwerke und die Umweltverbände kritisierten mit Recht, dass das 2002 als Nr. 1 genannte Ziel - den Flüssen wieder Bewegungsfreiheit zu geben - komplett unter die Räder geriet. Flächenversiegelung war auch noch ein Thema. Auch die erhöht die Hochwassergefahr.

In einem Bundesland, in dem die Bevölkerung zurückgeht, hätte es eigentlich möglich sein müssen, den Flächenverbrauch zu stoppen. Doch die sächsische Regierung war in dieser Frage genauso wenig konsequent. Im Februar plädierte Sachsens Umweltminister Frank Kupfer sogar dafür, Ausgleichsmaßnahmen für Verluste in sächsischen Waldungen per Geld abzugleichen. Einen entsprechenden Druck hatte er von Sachsens Bauern bekommen.

Aber wenn man schon über Geld und Flächen redet, fand der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, Michael Weichert, dann sollten bitteschön auch die Zahlen auf den Tisch. Orakeln kann ja jeder, wenn der Tag lang ist.

“Die zu hohe Flächenversiegelung in Sachsen ist für den Umweltminister offenbar kein Problem, sondern nur ein Mittel für billige Polemik”, stellt er nun fest, nachdem Umwelt- und Landwirtschaftsminister Frank Kupfer auf zwei kleine Anfragen von Abgeordneten der Grünen-Fraktion geantwortet hat.

Anlass für die Anfragen war die Kampagne “Stoppt Landfraß” des Deutschen Bauernverbandes, die von der Sächsischen Staatsregierung unterstützt wird. Ziel dieser Kampagne soll die Reduzierung des Verlusts von landwirtschaftlicher Nutzfläche sein. Als Ursache hat der zuständige Minister dabei Ausgleichsmaßnahmen für die Natur ausgemacht. Kupfer forderte Anfang 2012 gegenüber www.agrarheute.com, “bei Eingriffen in die Natur anstelle von Kompensationsmaßnahmen auf meist landwirtschaftlichen Flächen auch einen finanziellen Ausgleich zu akzeptieren”.Weichert sieht für Kupfers Agieren “keinerlei sachliche Grundlage” und empfindet es deshalb “eines Ministers unwürdig”, überhaupt so zu argumentieren.

“Ein Minister sollte sich an die Fakten halten”, sagt Weichert. Laut Antwort von Umwelt- und Landwirtschaftsminister Frank Kupfer auf die beiden Anfragen der Grünen-Abgeordneten Weichert und Kallenbach sind seit 1996 in Sachsen nur rund 14.000 Hektar an Acker und Grünland verloren gegangen.

Die landwirtschaftliche Nutzfläche im Freistaat betrug im Jahr 2010 laut Angaben des Statistischen Landesamtes 912.740 Hektar. “Wie groß dabei der Flächenverlust durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den Naturschutz ist, kann der Minister nicht einmal beantworten, denn dazu liegen gar keine Erhebungen vor”, merkt Weichert an.

Mehr zum Thema:

Landwirtschaftlicher Flächenverlust: Sachsen plädiert für Ersatzgeld anstelle von Ausgleichsmaßnahmen
Das Ziel ist ein gutes. Aber wird das, was der …

Petition gegen Landverzehr: Sächsischer Bauernverband fordert Flächenschutzgesetz
Der Deutsche Bauernverband drängt auf ein …

Eine Analyse über 136 Jahre: Landnutzung um Leipzig und neue Szenarien für die Zukunft
Die räumliche Entwicklung und das Wachstum …

Kassensturz: Flächenverbrauch in Sachsen ging auch 2009 weiter
Für die Bauern, die ihren Acker verkaufen …

“Von Umweltminister Kupfer erwarte ich kein Argumentieren ‘aus dem Bauch heraus’, sondern ein Programm, wie Flächenversiegelung und Bodenverlust an wertvoller landwirtschaftlicher Nutzfläche in Sachsen verringert werden kann”, fordert der Landtagsabgeordnete aus Leipzig. “Hier hätte er meine volle Unterstützung. Wir müssen in Zukunft dazu kommen, dass die Inanspruchnahme von bisher unbebauten Flächen durch Entsiegelung nicht mehr genutzter Flächen ausgeglichen werden muss. Hier erwarte ich die Vorschläge des Umweltministers und deren Finanzierung im Haushalt 2013/2014.”

Nach den eigentlichen Ursachen solle man schon fragen. “Denn die wirklichen Schuldigen am Flächenverlust sind neue Gewerbegebiete sowie Straßen- und Siedlungsneubau. Das weiß auch der Umweltminister”, ist Weichert überzeugt. Laut Umweltbericht der Staatsregierung wurden im Jahr 2010 immer noch 8,2 Hektar Fläche täglich neu versiegelt. Der Minister selbst beklagte noch im Februar in dem zitierten Betrag: “Circa fünf Hektar Boden gehen jeden Tag in Sachsen verloren – für Siedlungs-, Wirtschafts- oder Verkehrsprojekte.”

Die Polemik gegen die Ausgleichsflächen für den Naturschutz hält der Grünen-Abgeordnete für grundfalsch. “Ausgleichsflächen sind Lebensräume für viele Arten, erhöhen die Grundwasserqualität und die Bodenfruchtbarkeit. Damit haben sie nicht nur für die Natur, sondern auch für die Landwirtschaft positive Auswirkungen. Das sollten sowohl der Bauernverband als auch der Landwirtschaftsminister wissen und würdigen.”

Die Aussagen des Umweltministers aus dem Februar: www.agrarheute.com/flaechenverlust-eindaemmen

Die Antwort Frank Kupfers auf die Kleine Anfrage “Flächeninanspruchnahme durch Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen gemäß Bundesnaturschutzgesetz”, (Michael Weichert, Drs 5/9339): http://edas.landtag.sachsen.de

Die Antwort von Frank Kupfer auf die Kleine Anfrage “Verlust von Ackerflächen und Grünland von 1990-2011”, (Gisela Kallenbach, Drs 5/9219): http://edas.landtag.sachsen.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar