So richtig begeistert hat sich die CDU nicht wirklich in die Arbeit des "NSU"-Untersuchungsausschusses gestürzt, dessen Vorsitz ihr freilich turnusgemäß zufiel. Patrick Schreiber (CDU) ist Vorsitzender des Ausschusses und hat jetzt Aktenordner zur verbotenen rechtsextremistischen Organisation "Blood & Honour" gesperrt.

“Wer geglaubt hat, die Verzögerungs- und Vertuschungstaktik der CDU in Sachsen bei der Aufklärung der Verbrechen des Terrornetzwerkes NSU sei nicht mehr zu überbieten, sieht sich leider getäuscht”, kritisiert Kerstin Köditz, Obfrau der Fraktion Die Linke im “NSU”-Untersuchungsausschuss, die Sperrung. “Mit Datum vom 28. August hat der Ausschussvorsitzende Patrick Schreiber, der schon in der Vergangenheit ein keineswegs ausgeprägtes Interesse an der zügigen Arbeit des Ausschusses erkennen ließ, die vorläufige Sperrung von mehreren Aktenordnern zur verbotenen Neonazi-Organisation ‘Blood & Honour’ verfügt.”

Das Aktenkonvolut stellt einen zentralen Bereich bei der Durchleuchtung der Hintergründe und des Unterstützerumfeldes des Neonazi-Netzwerkes NSU dar.

Anlass für diese Maßnahme ist eine Beschwerde des Landesamtes für Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz, das für mehrere Aktenstücke keine Freigabe erteilt hatte bzw. Schwärzungen darin fordert.

“Mich erstaunt nicht die gewohnt schlampige und unkorrekte Arbeitsweise des sächsischen Geheimdienstes, der fremde Erkenntnisse ohne Zustimmung weitergegeben hat”, sagt Köditz. “Die Vorgehensweise des Ausschussvorsitzenden allerdings befremdet mich gelinde gesagt und kann so nicht hingenommen werden. Die Entscheidung darüber, ob diesem Wunsch des Landesamtes nachgekommen wird, liegt in der Zuständigkeit des Ausschusses. Dieser tagt erst am 17. September erneut. Es ist nicht hinnehmbar, dass zentrale Akten bis zu diesem Zeitpunkt gesperrt werden. Notwendig wäre die Einberufung einer Sondersitzung gewesen. Da Herr Schreiber seiner Pflicht nicht nachkommt, werden wir eine solche Sitzung beantragen. Schreiber hat mit seinem Schritt faktisch der Entscheidung des Ausschusses vorgegriffen.”

Besonders ärgerlich findet sie: Sie hatte für Donnerstag, 30. August, genau diese Akten angefordert und Schreiber habe es nicht einmal für nötig gehalten, sie über den Schritt direkt zu informieren. “Wenn die CDU weiterhin versucht, die Arbeit des Untersuchungsgremiums zu blockieren und zu sabotieren, werden wir Mittel und Wege finden, genau dies zu verhindern. Inzwischen stellt sich uns die Frage, ob Herr Schreiber willens und fähig ist, die Aufgabe als Ausschussvorsitzender zu bewältigen”, fragt sich die zornige Linke.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar