22 Monate Haft sind offenbar nicht genug. Die Dresdner Staatsanwaltschaft hat im Fall des Neonazi-Gegners Tim H. Berufung eingelegt. Der 36-Jährige soll am 19. Februar 2011 am Rande der Proteste gegen einen Neonazi-Aufmarsch das "Durchfließen" einer Polizeikette koordiniert haben. Das harte Strafmaß war in der vergangenen Woche scharf kritisiert worden.

“Das Strafmaß wird dem Unrechtsgehalt der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten nicht gerecht”, heißt es in einem Schreiben der Behörde, aus dem die Tageszeitug “Neues Deutschland” zitiert. Das Dresdner Amtsgericht hatte den Familienvater vergangenen Mittwoch wegen Körperverletzung, schwerem Landfriedensbruch und Beleidigung zu 22 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, nachdem die Staatsanwaltschaft zweieinhalb Jahre Haft gefordert hatte.

Dabei war der Angeklagte auf einem Polizeivideo nicht eindeutig zu identifizieren, ein geladener Hauptzeuge erkannte in ihm ebenfalls nicht den Täter und auch die Aussagen der als Zeugen geladenen Polizisten brachte keine weitere Aufklärung.
Dass H. während der Verhandlung von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch machte, hatte ihm das Schöffengericht entgegen jeder Rechtslage negativ ausgelegt.

Tim H. soll durch ein Megafon “Kommt nach vorne” gerufen haben. Diese drei Worte genügen in Sachsen offenbar, um fast zwei Jahre eingesperrt zu werden. Selbst dann, wenn die Staatsanwaltschaft bislang keinerlei Beweise vorlegen kann. Ebenfalls mutet auch die Begründung des Gerichtes an, welches H. für alle Folgen dessen, was man ihm nicht eindeutig nachweisen konnte, ebenfalls in Rechnung stellte.

Erwartungsgemäß hat Verteidiger Sven Richwin ebenfalls Rechtsmittel eingelegt. Dass die Staatsanwaltschaft trotz allen Protestes ebenfalls in Berufung geht, um ein noch härteres Strafmaß zu erreichen, sorgt bereits unmittelbar nach Bekanntwerden erneut für einen Sturm der Entrüstung in sozialen Netzwerken. Allgemein wird derzeit das Urteil mehr und mehr als Signal gegen Blockaden gewertet, welche für den neuerlichen Neonaziaufmarsch am 13. Februar 2013 in Planung sind.

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