Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) geht offenbar schlampig mit seinen Aktenbeständen um. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte und die vom Sächsischen Staatsminister des Innern eingesetzte Expertenkommission haben bei der Prüfung des Ablagesystems erhebliche Mängel festgestellt.Dass im Archiv der Schlapphüte wie aus dem Nichts neue Unterlagen zur Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) aufgetaucht sind, überrascht angesichts der Pannenhäufung bei der Verfolgung der Rechtsterroristen nicht wirklich.

“Im Zuge der Aufarbeitung der Ablage sind bislang nicht registrierte Aktenstücke und Informationen erkannt worden, die den Beweisbeschlüssen der verschiedenen Untersuchungsausschüsse unterfallen”, teilte Frank Wend, Sprecher des Sächsischen Innenministers, am Mittwoch mit. Die Informationen seien nicht als geheimhaltungswürdig einzustufen.

Das Material betrifft die Zusammenarbeit zwischen den Ländern Thüringen und Sachsen im Jahr 2000. Die Informationen sind bereits an die Ausschüsse weitergegeben worden und liegen dort vor. Auch die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtags wurde informiert.

“Das Landesamt für Verfassungsschutz ist offenbar steigerungsfähig. Vor einem Jahr tauchte eine Akte zum NSU auf, die es eigentlich gar nicht mehr geben durfte”, erinnert sich Kerstin Köditz. Die Abgeordnete der Linkspartei gehört der Parlamentarischen Kontrollkommission an. Also jenem Gremium, dass die Arbeit des Geheimdienstes überwachen soll. “Vor einem Jahr ist der damalige Präsident Reinhard Boos wegen dieses Skandals zurückgetreten”, so Köditz. “Ich zolle ihm nachträglich meinen Respekt dafür. Offenbar hatte er erkannt, dass es dem Ausmisten des Augiasstalles ähneln würde, Ordnung in dieses Amt zu bringen.”

Ihre Kritik gilt dem komissarischen Behördenchef Gordian Meyer-Plath. “Wenn ein Jahr später quasi zufällig weitere Akten auftauchen, zeigt das, dass dieses Amt offenkundig entweder gar nicht reformierbar ist oder aber das Spitzenpersonal dazu nicht willens ist”, meint Köditz, die sich zugleich gegen Meyer-Plath als neuen LfV-Präsidenten aussprach. “Ich erinnere daran, dass seine Rolle bei der V-Mann-Affäre “Piatto” durchaus als anrüchig bezeichnet werden kann. Ich erinnere weitere daran, dass er es mit den Geheimhaltungsvorschriften nicht sehr genau zu nehmen scheint. Die Missstände aus der Ära Boos hat er bis heute nicht ausgeräumt.”

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar