Holger Apfel hat sein Parteibuch abgegeben. Der ehemalige NPD-Chef beugt sich mit diesem Schritt dem offenbar immensen Druck seiner Kameraden. Vergangene Woche Donnerstag hatte Apfel bekannt gegeben, wegen einer Burn-out-Erkrankung mit sofortiger Wirkung Partei- und Fraktionsvorsitz aufgeben zu wollen. Offiziell möchte sich der Neonazi-Funktionär aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurückziehen. Doch spätestens mit seinem NPD-Austritt ist klar: Holger Apfel wurde hinter den Kulissen unter Strom gesetzt.

Dass der amtierende Vorsitzende einer Landtagsfraktion erst sein Amt auf- und anschließend das Parteibuch zurückgibt, kommt höchst selten vor. Seit Bekanntwerden von Apfels Rücktritt kursiert das Gerücht, der 42-Jährige sei einem 20-jährigen Leipziger Wahlkampfhelfer näher gekommen, als sich dies unter Rechtsextremisten ziemt.

Homosexualität ist in der Szene verpönt. Wohl deshalb forderte ein vormaliger NPD-Bundestagskandidat aus Sachsen-Anhalt Apfel im Internet zum Suizid auf: “Der einzige Rat, den ich dem geschiedenen NPD-Parteivorsitzenden Holger Apfel auf den Tisch legen würde, besteht aus einer Pistole und exakt einer Patrone! M.”

Das Partei-Präsidium strebt eine pragmatischere Lösung der Apfel-Affäre an. Die NPD-Spitze, die die Erkrankung ihres Ex-Vorsitzenden nur “als einen Teil der Wahrheit” betrachtet, stellte in einer Erklärung am Sonntag nüchtern fest, Apfel habe “weitergehende Vorwürfe, die Verfehlungen in der Vergangenheit betreffen”, nicht entkräftet. Er, der sich seit Jahren erpressbar gemacht haben soll, habe deswegen einen Fragenkatalog beantworten.
Offensichtlich ist Apfel der parteiinternen Schlammschlachten überdrüssig geworden. In einer persönlichen Erklärung ging er mit den einstigen Weggefährten hart ins Gericht. Sodann gab er das Parteibuch ab. Am Heiligabend. Nach 24 Jahren Mitgliedschaft. Dass der geschasste Vorsitzende so schnell klein beigeben würde, kam selbst für viele NPD-Anhänger überraschend. Apfel hatte bis dato eine lupenreine Parteikarriere durchlaufen.

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Angefangen bei den Jungen Nationaldemokraten, arbeitete sich der gebürtige Hildesheimer zu deren Vorsitzenden hoch. Apfel leitete Chefredaktion und Verlag der Parteizeitung “Deutsche Stimme”. Er führte die NPD 2004 als Fraktionsvorsitzender in den Sächsischen Landtag. Apfel übernahm 2008 den Landesvorsitz. Im November 2011 stürzte er den langgedienten Parteichef Udo Voigt. Sein Amtsvorgänger rechnet sich jetzt Chancen aus, auch sein Nachfolger zu werden.

Den Vorwurf mit dem Wahlkampfhelfer, der vor vier Monaten stattgefunden haben soll, bestreitet Apfel. Er habe an dem Abend zu viel Alkohol getrunken und könne sich an nichts mehr erinnern. Zudem liegt laut “Spiegel Online” eine Erklärung des ehemaligen DVU-Vorsitzenden Matthias Faust vor, der angibt, den ganzen Abend mit NPD-Vorsitzenden verbracht zu haben.

Den Sachsen bleibt Apfel erhalten. Als parteiloser Abgeordneter. Am 31. August wird der Landtag neu gewählt. Dann wird die ehemalige NPD-Größe vielleicht gänzlich von der großen politischen Bühne verschwinden. Die Schlammschlacht und Intrigen um seine Nachfolge sind längst entbrannt.

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