Sächsische Politik ähnelt ein wenig dem Eiertanz. Wenn die Opposition zu rührig wird, weil ein Thema zu sehr brennt, macht die Regierungskoalition einen kleinen Schlenker, macht einen eigenen Vorschlag, der möglichst nichts mit den Vorschlägen der Opposition zu tun hat, und lässt dann die darüber diskutieren. So vollzogen jetzt bei der Frage der Größe des Sächsischen Landtags.

Eigentlich hat er nur 120 Sitze. Augenblicklich aber sitzen 132 Abgeordnete drin. Grund dafür sind die sogenannten Überhangmandate. Die entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr mit dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustehen. So geschehen 2009, als die CDU sich 58 von 60 Direktmandaten sicherte. Das hätte einem Zweitstimmen-Wahlergebnis von 48,3 Prozent entsprochen. Doch bei den Zweitstimmen bekam die CDU “nur” 40,2 Prozent der Stimmen. Die Mandate der anderen Parteien mussten also so weit ausgeglichen werden durch weitere Sitze, bis im Landtag wieder ein Proporz von 40 Prozent für die CDU zu 60 Prozent für den Rest hergestellt war. Das bedeutete insgesamt 12 Überhangmandate.

Für 2014 befürchten jetzt nicht nur die Grünen ein Anwachsen der Mandate auf bis zu 144.

Zumindest gehört Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) zu Jenen, die das Problem ernst nehmen. Er preschte jetzt – mit einem noch keineswegs von einem Rechenmechanismus unterlegten Vorschlag vor, die Zahl der Sitze im Sächsischen Landtag auf 90 bis 100 zu begrenzen. Das ist der angesprochene Seitwärtsschritt. Während die Grünen ihren Gesetzesvorschlag, der bei Schwarz-Gelb auf keine Gegenliebe stieß, sogar schon durchgerechnet hatten und das Prozedere erklärten, ist der Rößler-Vorschlag nicht einmal das, sondern – wie es die “Freie Presse” ausdrückte – eine Überlegung. Man denkt sozusagen laut. Und verschiebt das Problem – wie Rößler es tut – einfach mal in die nächste Legislatur.

Verständlich, dass sich die Grünen von soviel Tänzelei einfach frustriert fühlen.

“Anstatt regelmäßig ins Horn der Landtagsverkleinerung zu stoßen, sollte zuerst die Frage der Überhangmandate geklärt werden. Wir haben bereits im Sommer letzten Jahres einen Vorschlag zur Reduzierung von Überhang- und Ausgleichsmandaten vorgelegt, um die Größe des Landtags konstant bei 120 Abgeordneten zu halten. Die CDU-Fraktion hat damals geschlossen dagegen gestimmt. Von Herrn Rößlers Sorge um eine Aufblähung des Landtags war nichts zu vernehmen”, erklärt zu diesem Eiertanz Eva Jähnigen, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. “In der Anhörung zum Gesetzentwurf der Grünen bestätigten die geladenen Experten, dass zuerst ein Aufblähen durch Überhang- und Ausgleichsmandate verhindert werden muss, bevor über eine Verkleinerung geredet wird. Obwohl unser Gesetzentwurf von den Sachverständigen als solide Voraussetzung dafür bewertet wurde, hat die Koalition den Vorschlag abgelehnt. Sie hat damit zugelassen, dass bei der kommenden Landtagswahl die verfassungsmäßige Sitzzahl des Landtags wahrscheinlich wieder überschritten wird. Der Vorstoß von Herrn Rösler ist daher vor allem Augenwischerei, die darüber hinwegtäuschen soll, dass man das Problem im vergangenen Jahr nicht angehen wollte.”

Für Jähnigen hat die CDU in der Diskussion um das Sächsische Wahlgesetz gekniffen. Wenn dann nach Verabschiedung dieses Gesetzes, das ziemlich sicher auf etliche Überhangmandate im neuen Sächsischen Landtag hinausläuft, derart ohne Grundlage über eine Verkleinerung des Landtags geredet wird, dann sei das nur Augenwischerei.

Grünes Gesetz zur Sicherung der verfassungsrechtlichen Vorgabe zur Größe des Sächsischen Landtags (Drs. 5/11105):
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/Gesetzentwuerfe/5_Drs_11105_1_1_7_.pdf

Die Meldung de “Freien Presse”:
www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/SACHSEN/Landtagspraesident-Roessler-fuer-Parlamentsverkleinerung-artikel8687868.php

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar