Irgendwie dreut da eine erneute Wahl am 31. August in Sachsen. Einige konkrete Projekte und Bereiche verdienen also durchaus einer gesonderten Betrachtung. In der sächsischen Polizei sollen bis 2025 weitere 1.900 Jobs abgebaut werden. L-IZ.de sprach mit verschiedenen Politikern. Auch mit der Grünen-Abgeordneten Eva Jähnigen über die Auswirkungen des Reformprojekts "Polizei.Sachsen.2020" aus ihrer Sicht.

Wie positioniert sich Ihre Fraktion zu dem Reformprojekt “Polizei.Sachsen.2020”?

Uns fehlen in diesem Projekt eine grundlegende Aufgabenanalyse und -kritik sowie die transparente Überprüfung der Auswirkungen eingeleiteter Maßnahmen, insbesondere des Stellenabbaus. Denn das Organisationskonzept “Polizei.Sachsen.2020” hat einen entscheidenden Geburtsfehler: Die Stellenabbaukonzepte der Jahre 2006 und 2010, die den Stellenabbau bis 2020 vorgeben und die den Polizeibereich überproportional betroffen haben, waren unumstößliche Zielvorgaben. Eine ergebnisoffene Analyse konnte so nicht stattfinden. Das Reformprojekt zementiert einen Stellenabbau bei der Polizei, den wir ablehnen.

Erachten Sie es als zielführend, die Personalstärke der sächsischen Polizei allein anhand der sogenannten “Polizeidichte”, also dem Verhältnis der Anzahl der Beamten zur Einwohnerzahl, zu bemessen? Wenn nein, warum nicht?

Die Polizeidichte als Orientierungsmaßstab ist nicht geeignet, Rückschlüsse auf den tatsächlichen Bedarf zu ziehen. Auch die Wege, die Polizisten in der Fläche des Landes zurücklegen müssen, sind mitentscheidend. Zudem hat Sachsen spezielle Probleme durch Rechtsextremismus und grenznahe Kriminalität. Die Ständige Konferenz der Innenminister hat deshalb 1999 beschlossen, keine Polizeidichtestatistiken mehr zu erheben. Die erforderliche Polizeistärke für Sachsen muss sich nach Auffassung der Grünen im wesentlichen an der Interventionszeit ausrichten, der Zeit also, die die Polizei vom Notruf bis zum Eintreffen vor Ort braucht. Wir fordern eine solche Interventionszeit bei Gefahr für Leib und Leben (sogenannte Blaulichteinsätze). Zeitlicher Maßstab sollte die Hilfsfrist des Rettungsdienstes sein (12 min).

Wie viele junge Polizisten sollte das Innenministerium nach Auffassung ihrer Fraktion jährlich neu einstellen?

Die sächsische Polizei verlassen aufgrund Alters- und sonstiger Abgänge jährlich durchschnittlich 420 Polizeibedienstete. Die Grünen-Fraktion möchte diese frei werdenden Stellen neu besetzen und den von der Staatsregierung geplanten Stellenabbau bei der Polizei stoppen. In den Haushaltsverhandlungen 2013/2014 haben wir deshalb gefordert, jährlich 400 Polizeimeister- und Polizeikommissaranwärter/innen einzustellen. Da die Ausbildung bzw. das Studium 30 bzw. 36 Monate dauert, können diese Anwärter erst in drei Jahren in den Polizeidienst übernommen werden.

Wir Grünen haben deshalb gefordert, bereits ab 2013 jährlich zusätzlich 100 Polizisten und Polizisten anzuwerben und die Alters- und sonstigen Abgänge damit auszugleichen. Wir haben dafür u. a. vorgeschlagenen, die entstehenden Kosten durch Stellenabbau im überdimensionierten, sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz zu decken.

Das Innenministerium hat jüngst die Einstellungsvoraussetzungen für den Vorbereitungsdienst modifiziert. Ein richtiger Schritt?

Ja. Das Alter und die Körpergröße sind für uns Grüne keine zwingenden Einstellungsvoraussetzungen für den Polizeiberuf, zumal sie die ohnehin geringe Zahl der infrage kommenden Bewerberinnen und Bewerber noch zusätzlich einschränken. Wichtiger sind eine gute Allgemeinbildung, die Fähigkeit zum eigenständigen Denken und ein (welt-)offener Charakter. Aber das löst das Problem noch nicht. Entscheidend ist, dass der Polizeiberuf aufgewertet wird und die Bediensteten motivierende Arbeitsverhältnisse erfahren.

Hier besteht seit Jahr und Tag Handlungsbedarf, der von der CDU-geführten Regierung immer verdrängt worden ist. Wir Grüne fordern, dass die Regierung dazu endlich ein Personalkonzept erarbeitet und durch geeignete Maßnahmen für eine hochwertige Ausbildung der Polizeianwärter sucht.

Tabelle zu geplantem Stellenabbau und Altersabgängen:
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/Tabelle_Altersabgaenge_Polizei.pdf

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