Noch bevor das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) am Montag, 28. Juli, sein Programm fürs sächsische Straßennetz unter der Überschrift "Sanierungsoffensive für sächsische Staatsstraßen" vorstellte, waren die Grünen da mit ihrer Rechnung: "Morlok verschob im Jahr 2013 etwa 20 Millionen Euro Straßen-Sanierungsmittel zum Straßenneubau".

“Die Erhaltung der vorhandenen Verkehrswege hat für den Freistaat Priorität”, vermeldete das SMWA. Staatsminister Sven Morlok habe am Montag, 28. Juli, den Fahrplan für eine umfassendere und nachhaltige Verbesserung der sächsischen Staatsstraßen vorgestellt.

“Unser Ziel ist es, den Zustand der Straßen nachhaltig zu verbessern, und nicht nur akute Schäden notdürftig zu flicken. Das Ziel ?Erhalt vor Neubau? haben wir 2012 im Landesverkehrsplan formuliert und setzen es bereits um. Im laufenden Doppelhaushalt wurden die Mittel für den Erhalt um rund ein Drittel aufgestockt. Im kommenden Doppelhaushalt wird es eine erneute deutliche Steigerung geben von rund 40 Millionen Euro auf mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr”, erklärte Sven Morlok. “Das sächsische Staatsstraßennetz umfasst rund 4.750 Kilometer. Die umfangreichen Deckenbauprogramme der letzten Jahre sowie die erhöhten Unterhaltungsmittel für die Landkreise haben bereits zu einer Verbesserung des Zustandes beigetragen. Der Erhaltungskurs zeigt erste Erfolge – und das wird auch in den kommenden Jahren so sein. Mit den erhöhten Mitteln können wir 2015 rund 170 Kilometer und 2016 rund 180 Kilometer Staatsstraßen erneuern. Zum Vergleich: die in 2014 zur Verfügung stehenden Mittel reichen für die Erhaltung von rund 130 Kilometer Staatsstraßen.”

Das ist natürlich alles andere als auskömmlich. Selbst wenn die 90 bis 100 Millionen Euro in den nächsten beiden Jahren zur Verfügung stehen würden, hieße das, es würde 27 Jahre dauern, bis das Staatsstraßennetz einmal gründlich saniert ist. Dabei plant Morlok mit einem Drittel der Gelder sogar weiteren Um- und Neubau.

Schon in den vergangenen Jahren hat er zum Straßenneubau Gelder umgewidmet, die eigentlich zur Sanierung vorgesehen waren.

Das hatten am Montagmorgen schon die Grünen kritisiert.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wirft Sven Morlok (FDP) vor, im Jahr 2013 etwa 20 Millionen Euro Straßen-Sanierungsmittel des Bundes zum Straßenneubau von Autobahnen und Staatsstraßen verschoben zu haben.

“Morloks Politik geht zu Lasten des Straßenzustands in Sachsen”, kritisierte Eva Jähnigen, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. “Von den 98,7 Millionen Euro des Bundes für den Erhalt von Autobahnen und Bundesstraßen, wurden 20,7 Millionen Euro nicht verwendet. Für den Neubau von Bundesstraßen hätten Sachsen 2013 eigentlich nur 8,4 Millionen Euro zur Verfügung gestanden; verbaut wurden 31 Millionen Euro. Bei den Bundesautobahnen wurde der Etat vergleichsweise gering von 11,2 auf 16,9 Millionen Euro aufgestockt.”

Schon im Mai hatten die Grünen kritisiert, das sich der Zustand der sächsischen Straßen in der Amtszeit von Verkehrsminister Morlok verschlechtert habe.

“Wenn wir nicht kontinuierlich in den Erhalt unserer Verkehrsinfrastruktur investieren, wird die Qualität immer schlechter. Neubauten – bei gleichzeitiger Abnahme der Bevölkerung in Sachsen – verschärfen das Problem. Da bundesweit jährlich 1,3 Milliarden Euro für den Erhalt der Bundesstraßen und Autobahnen fehlen, ist ein solches Verhalten umso absurder”, erläutert Stefan Kühn, Bundestagsabgeordneter der Grünen.

Dass Morlok weiter opulente Summen in teure Neubauprojekte stecken will, kritisiert auch die SPD.

“Viel nötiger als ständig neue Straßen zu bauen, deren verkehrlicher Nutzen oftmals infrage steht, ist eine systematische Erhaltungsstrategie. Der (Noch-)Verkehrsminister lobt sich und seine Koalition, dass sie im Doppelhaushalt 2013/14 rund 63 Millionen Euro für den Erhalt der Straßen ausgeben und weitere 40 Millionen Euro einplanen”, erklärt Mario Pecher, Sprecher für Verkehrspolitik der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag. “Laut Morlok reicht das für die Sanierung von 130 Kilometern Straße. Insgesamt sind aber knapp 2.000 Kilometer in der schlechtesten Zustandsklasse und dringend sanierungsbedürftig. Wenn das mal kein ‘Tropfen auf dem heißen Stein’ ist.”

In den letzten 20 Jahren hat der Freistaat allein für Neubau von Straßen mehr als 16 Milliarden Euro investiert, die wie folgt verteilt waren: 3 Milliarden Euro für Staatsstraßen, 8 Milliarden Euro für Bundesfernstraßen und 5 Milliarden Euro Fördermittel für Kommunalstraßen.

“Die Bundesstraßen, deren Unterhalt ja aus Bundesmitteln bestritten wird, sind in erheblich besserem Zustand als unsere sächsischen Staatsstraßen”, stellt Pecher fest. “Dort hat sich die Lage in den vergangen vier Jahren sogar noch verschlimmert. Morlok sagt die Unwahrheit, wenn er deren guten Zustand würdigt, denn in Wirklichkeit gehen unsere Staatsstraßen seit seiner Amtszeit zusehends vor die Hunde. Runtergebrochen auf die einzelnen Landkreise wird das Bild noch schlimmer: ohne Geländewagen kommt man in Sachsen augenscheinlich kaum mehr voran. Fakt ist: Wir brauchen keine überdimensionierten Straßenneubauten mehr! Was wir brauchen ist nicht nur eine systematische Erhaltungsstrategie für unsere Staatsstraßen, sondern vor allem auch für unsere Kommunalstraßen.”
Die Sanierungsoffensive Staatsstraßen des SMWA als PDF zum download.

Vergleich zwischen (Verfügungsrahmen) und IST-Ausgaben Sachsens 2013 für den Erhalt und den Neubau von Bundesstraßen und Autobahnen:
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/Mittelverschiebung-Sanierung-Neubau_Bundesfernstrassen2013_2014-07.pdf

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