Die "Alternative für Deutschland" hat in Sachsen ihre ersten parlamentarischen Drucksachen im Landtag produziert. Was nach den Leipziger Äußerungen zur Moschee erneut auffällt -die zwei kleinen Anfragen des Abgeordneten Carsten Hütter kreisen nicht etwa um die Euro-Krise, Volksentscheide oder die Polizei-Reform. Der Autohändler aus Marienberg (Erzgebirgskreis) fragt erstmal nach linksextremen Aktivitäten. Die Blaupause für die Anfrage stammt dabei von der Linkspartei.

Seit Jahren erkundigt sich Kerstin Köditz (Linken) im Monatsrhytmus nach den Aktivitäten sächsischer Rechtsextremisten. Die Grimmaer Landtagsabgeordnete (LK Leipzig) stellt stets zu Monatsbeginn zwei Fragen in Richtung Innenministerium, die sich auf Neonazi-Aktionen im vorangegangenen Monat beziehen.

Carsten Hütter (AfD) lebt wie Köditz in einer Region, in der rechtsextremes Gedankengut schon einige Male salonfähig gemacht werden sollte. Der Rechtspopulist interessiert sich jedoch nicht für die Proteste gegen Flüchtlingsunterkünfte in Schneeberg, rechtsradikale Bürgerinitiativen oder gar für Extremismustheorien und Todeszahlen der vergangenen Jahre. Der Politiker erkundigt sich in zwei Kleinen Anfragen vom 17. Oktober in der Drucksache 6 / 119 nach Aktivitäten von “der extremen Linken / Antifa”? So steht es jeweils in der Fragestellung. Diese wird den sächsischen Verfassungsschützern, auf deren Tischen die Anfrage letztlich landen wird, vertraut vorkommen. Sie entspricht nämlich in Syntax und Wortlaut weitestgehend denen von Köditz.

Ob Herr Hütter die gewünschten Antworten erhalten wird, bleibt abzuwarten. Als problematisch dürfte sich die Uneindeutigkeit der Fragestellungen erweisen. Die zitierte Formulierung lässt nämlich offen, um wessen Aktivitäten es ihm eigentlich geht. Denn der Begriff “Linksextremismus” umfasst nach Lesart der deutschen Inlandsnachrichtendienste sämtliche kommunistischen wie anarchistischen Bestrebungen, die auf die Überwindung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung abzielen. “Antifa” ist dagegen nicht mehr als ein Schlagwort für das gesellschaftspolitische Engagement gegen Rechtsextremisten.

So ist Kerstin Köditz innerhalb ihrer Fraktion Sprecherin für antifaschistische Politik, gleichwohl aber keine Linksextremistin.
Möchte Carsten Hütter von der Staatsregierung über sämtliche Aktivitäten von Neonazi-Gegnern im Freistaat unterrichtet werden, hätte er seine Fragen anders formulieren müssen.

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Allerdings ist fraglich, ob sächsische Behörden über derartiges zivilgesellschaftliches Engagement überhaupt umfassend informieren könnten. Dessen Beobachtung zählt nämlich nicht zum gesetzlichen Auftrag des Landesamtes für Verfassungsschutz.

Sollte Hütter versehentlich die Begrifflichkeiten “Antifa” und “extreme Linke” über einen Kamm geschert haben, so zeugt dies von offensichtlicher Unkenntnis der Materie. Ein Blick in den Verfassungsschutzbericht genügt, um zu erfahren, dass sich sogenannte “Linksextremisten” in Sachsen nicht nur gegen Neonazis engagieren.

Unterstellt man dem AfD-Politiker dagegen, er begehre Informationen über jene Aktivitäten Linksextremisten, die deren Engagement gegen Rechtsextremisten betreffen, so liefert er mehr oder minder unfreiwillig den Beweis dafür, dass die Rechtspopulisten im Parlament offensichtlich die NPD-Nachfolge antreten wollen. Die Abgeordnete der Neonazi-Partei thematisierten nämlich regelmäßig Aktivitäten von couragierten Mitmenschen, die sich im Freistaat gegen braunes Gedankengut zur Wehr setzten.

So oder so. Der Landtagsnovize hat sich nicht nur verbal verzettelt sondern auch ganz nebenbei seiner jungen Fraktion weitere negative Schlagzeilen besorgt.

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