Der 1. FC Lok hat die ersten Schritte in Richtung Konsolidierung gemacht. Bei der Mitgliederversammlung am Freitagabend verkündete Schatzmeister Jens Kesseler, man habe die finanzielle Krise zwar noch nicht überwunden, aber man habe sie unter Kontrolle. Kesseler wurde zusammen mit den vier anderen Präsidiumsmitgliedern wiedergewählt. Am Samstag soll zudem ein Leistungsträger der Rückrunde einen neuen Vertrag unterschreiben.

Bevor der wiedergewählte Heiko Spauke kurz nach 22 Uhr alle 194 anwesenden Mitglieder – 110 weniger als vergangenes Jahr – in den Abend entließ, hatte Versammlungsleiter Hendrik Pusch die diesjährige Mitgliederversammlung auf wenige Worte eingedampft: “Vier Stunden diskutiert, Beschlüsse gefasst und nicht gelabert.”, so seine Quintessenz aus den verhandelten 17 Tagesordnungspunkten.

Vier Stunden klingt nach viel, aber Mitgliederversammlungen des 1.FC Lok endeten auch schon mal nachts um zwei. Diesmal gab es wenig zu diskutieren. Einziger umstrittener Tagesordnungspunkt war eine von Präsidium und Aufsichtsrat präferierte Änderung und Aktualisierung der Satzung, die unter anderem zukünftig dem Aufsichtsrat das Recht einräumen soll, die Präsidiumsmitglieder zu wählen und mit 70 Prozent Zustimmung im Bedarfsfall einzeln wieder abzuberufen.

Mitglieder warnten in der Diskussion vor Missbrauch, andere führten die Widerrede, indem sie auf die Situation vor reichlich einem Jahr verwiesen, als der Aufsichtsrat als Kontrollgremium gegen die Vereinspolitik des Präsidiums machtlos war. “Und es ist doch klar, dass potenzielle Geldgeber, die wir anziehen wollen, zumindest kontrollieren wollen, was mit ihrem Geld passiert. Dieses Recht soll dem Aufsichtsrat künftig zustehen.”, warb Jens Kesseler im Namen des Präsidiums für die Änderung. Schließlich erreichte diese mit 135 Ja-Stimmen die erforderliche Dreiviertel-Mehrheit.
Zuvor war das Präsidium um Jens Kesseler (171 Stimmen), Martin Mieth (153 Stimmen), René Gruschka (164), Heiko Spauke (173) und den kürzlich berufenen Bernd Lang (161) von den Mitgliedern auf drei Jahre wiedergewählt worden. “Wir wollen das zu Ende bringen, was wir angefangen haben.”, so Spauke. Angefangen hatte alles am 4. April 2013 als der Aufsichtsrat Spauke, Kesseler und Gruschka und wenige Tage später auch Mieth ins Präsidium berief.

“Wir haben einiges aufgedeckt, wofür sich manche schämen müssten.”, erklärte Spauke im Präsidiumsbericht. Lok stand kurz vor der Insolvenz, konnte nur Dank der Spendenbereitschaft der Fans gerettet werden und hat die Saison 2012/2013 mit einem Verlust von 483.800 Euro abgeschlossen.

Die Verbindlichkeiten des Vereins beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf 734.000 Euro. “Einen Tag nach dem wir die Ämter vom alten Präsidium übernommen hatten, bekamen wir eine E-Mail von unseren Vorgängern, die uns aufforderten, liquide Mittel in sechsstelliger Höhe aufzutreiben oder gleich Insolvenz zu beantragen.”, erzählte Präsident Spauke. Die Neu-Präsidialen verzichteten bekanntermaßen darauf und verringerten die Verbindlichkeiten zum Jahresende auf 510.000 Euro. “Das Geschäftsjahr haben wir sogar mit einem Gewinn von 266.000 Euro abgeschlossen.”, gab Schatzmeister Kesseler bekannt, der ob der nach wie vor prekären Lage aber die Euphorie einbremste. “Wir haben die finanzielle Krise noch nicht überwunden, aber wir haben sie im Griff.” Dazu beigetragen hat auch die gute Zusammenarbeit zwischen den Gremien, wie Aufsichtsratschef Olaf Winkler den Mitgliedern zufrieden mitteilte.

Den anstehenden Abstieg in die Oberliga (Neustrelitz hat das Relegations-Hinspiel gegen Mainz II 0:2 verloren) nahm man im Präsidium nicht sonderlich gerührt zur Kenntnis. “Der Verein hat sich nicht die Zeit gegeben, in den letzten Jahren strukturell mit seinen Erfolgen mitzuwachsen. Wir wollen natürlich so schnell wie möglich wieder aufsteigen, aber auch auf solideren Füßen wiederkommen.”, so Kesseler.
In der kommenden Amtszeit will das Präsidium einen Rückkauf des Probstheidaer Geländes von VfB-Insolvenzverwalter Striewe ermöglichen und auch das Lok-Logo zum Verein zurückholen. “Dann gibt es ausreichend Champagner.”, versprach Kesseler, der die Fans aufforderte, die Gremien bei der “Renaissance des 1. FC Lok Leipzig” zu unterstützen. “Lok wird wieder attraktiver, die Zuschauerzahlen der Rückrunde zeigen das.”, pflichtete ihm Präsident Heiko Spauke bei und auch der Vorsitzende des Wirtschaftsbeirats Frank-Thoralf Hager meint eine Imageverbesserung zu erkennen. “Als wir letzten Sommer anfingen, wollte kein Unternehmer etwas von Lok wissen. Nun sind wir schon elf Mitglieder”.

Bei Lok wollte man dagegen lange nichts von Traditionspflege wissen. Am späten Freitagabend wurde nun eine Ehrenordnung verabschiedet. Zudem wurden Manfred Geißler und Dieter Engelhardt unter standing ovations mit der Ehrenmitgliedschaft des Vereins bedacht.

Ob es nächste Saison auch Standing Ovations für Gianluca Marzullo gibt? Der Deutsch-Italiener soll am Samstag einen neuen Vertrag unterschreiben und dem Verein treu bleiben. In den letzten sechs Saisonspielen hatte der Mittelstürmer fünf Tore für den FCL erzielt.

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