Mit dem ersten Spieltag der 2. Bundesliga ist eine überregionale Kampagne gegen RB Leipzig angelaufen. Auf Initiative von Ultras des Karlsruher SC waren am vergangenen Wochenende in diversen Stadien mit Botschaften zu sehen, die sich gegen den Red-Bull-Miliardär Dietrich Mateschitz, das Unternehmen Red Bull und den Verein Rasenball richteten. Noch wirkt alles sehr aktionistisch und war von wenigen Argumenten begleitet.

“Nein zu Red Bull. Für euch nur Marketing – Für uns Lebenssinn” lautet das Motto der Ultra-Kampagne, an der sich bislang neben den Fans aus Karlsruhe auch Anhänger aus Aalen, Braunschweig, Darmstadt, Heidenheim, Ingolstadt, Kaiserslautern, Sandhausen und von 1860 München beteiligen. Am Samstag hatten außerdem Ultras des VfR Aalen das Auswärtsspiel ihres Clubs in der Messestadt boykottiert. Fraglich natürlich, ob sie dies auch gegen den eigenen Sponsor singen würde, der in vielen Clubs längst überlebensnotwendiger Aktionär ist.

Inhaltlich tut sich die Kampagne wohl auch deshalb schwer, wie auch bei den genaueren Fakten. So heißt es zum Beispiel über die Einflusssphähren in Österreich: “RedBull kontrolliert dort neben Salzburg auch die Fußballvereine aus Anif, Liefering und Pasching.” Kenner des Dosen-Fußballs wissen natürlich, dass aus dem USK Anif der FC Liefering hervorgegangen ist. Um RB Leipzig von den Investment-Modellen aus Wolfsburg, Leverkusen oder Hoffenheim abzugrenzen, differenzieren die Autoren zwischen “gutem” und “bösem” Kapital. Spätestens beim Gazprom-Kapital auf Schalke fragt man sich, wo diese Trennlinie eigentlich verläuft.
Inhaltlich befindet sich die Argumentationskette nicht zuletzt deshalb auf sehr dünnem Eis. Gemeinsamer Nenner ist die Ablehnung des Vereins RB Leipzig. Plausible Gründe dafür bleiben die Ultras bislang schuldig, aber ein allgemeines Unwohlsein wabert durch die Fanszenerie der zweiten und ersten Liga. Fast scheint es, als ob sich der seit Jahren bekannte Frust einiger hochaktiver Fankreise auf den DFB und die DFL und die Stück um Stück gewachsene Macht der Sponsoren und Aktionäre nun auf RB Leipzig fokussiert. Der Grat zwischen der Entertainment-Veranstaltung Fußball, wie sie bei allen großen Clubs mittlerweile abläuft und dem Entertainmentfußball den RB Leipzig bietet, ist und bleibt schmal und zeigt Ähnlichkeiten auf.

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Vertreter verschiedener Fanszenen hätten sich vergangenes Wochenende getroffen, heißt es auf der Netzseite des Bündnisses. “Die meisten von ihnen sind zu dem Schluss gekommen, dass ihre Fanszenen die Spiele in Leipzig und zum Teil auch zu Hause gegen Leipzig zu boykottieren.”

Schaut man sich die Zusammensetzung des Bündnisses näher an, ist zumindest eines merkwürdig. Dass die Darmstädter Ultras kein zweites Mal anreisen wollen. Die Lilien-Fans hatten erst im vergangenen April einen Sonderzug in die Messestadt organisiert.

Als Lösungsvorschlag bringen die Fans nun das “Financial Fairplay” ins Gespräch, was die Gesamtdimension des Fußballs in Deutschland beleuchtet. Dabei handelt es sich um ein Reglement der UEFA zur Lizenzierung der Teilnehmer in den europäischen Club-Wettbewerben. Demnach dürften Vereine nicht mehr Gelder investieren als sie einnehmen. Verluste können dann zwar noch durch Investoren ausgeglichen werden. Allerdings nur bis zu einer Summe von 15 Mio. Euro pro Spielzeit oder alternativ bis zu 45 Millionen im Zeitraum von drei Jahren.

In dieselbe Kerbe schlug am 5. August Karl-Heinz Rumminge, der sich gegenüber der “Sport Bild” das “Financial Fairplay” auch im deutschen Vereinsfußball wünschte. “Das Thema RB Leipzig, die ganze Diskussion, kann man relativ schnell zu den Akten legen – wenn man Financial Fairplay als Lizenzierung bitte auch in der Bundesliga einführt. Dann ist das Thema von selbst erledigt”, so der Bayern-Boss.

Allerdings übersehen sowohl Rummenigge als auch die Ultras, dass Red Bull bereits mit einem Verein an europäischen Klub-Wettbewerben teilnimmt. Bislang hatte die UEFA an RB Salzburg nichts zu beanstanden. Ebenfalls fraglich, ob der offizielle Auftritt Red Bulls als Sponsor zu beanstanden wäre. Sponsoringverträge sind nach Auffassung der UEFA solange zulässig, solange sie sich im Rahmen des Marktüblichen bewegen.

Hinzu kommt, dass RB Leipzig früher oder später in der Champions League kicken soll. Die RB-Juristen dürften das Thema früh genug auf der Agenda stehen haben.

Die Kampagne im Netz:
www.nein-zu-rb.de

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