Für FreikäuferLEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 73, seit Freitag, 29. November 2019 im Handel Stefan Elbinger hat zweimal das Ziel der Challenge Roth erreicht, ist den Highland Fling Ultramarathon in Schottland gelaufen und hat mehr als 30 Marathons absolviert. Am 3. November nahm der 36-Jährige, der im Jahr 2000 das erste Mal die Laufschuhe schnürte, bereits zum zweiten Mal am New York City Marathon teil. Ein Gespräch über Atmosphäre, Träume und 458 Euro Gebühr.

Herr Elbinger, Anfang des Monats haben Sie sich einen Läufer-Traum erfüllt und sind den NYC-Marathon gelaufen. War es der erhoffte Traum?

Traum finde ich etwas hoch gegriffen. Der Traum mancher Läufer ist es, überhaupt einmal einen Marathon zu finishen. Andere verfolgen als Traum, unter vier Stunden oder sogar unter drei Stunden zu laufen. Der New York City Marathon ist deshalb etwas Besonderes, weil er von der Teilnehmerzahl her der größte Marathon ist und natürlich weil es New York ist.

Ich kenne aber auch genügend Läufer, die reizt diese Größe gar nicht. Für mich hat sich der „Traum“ der Teilnahme bereits 2011 erfüllt.

Wie würden Sie die Atmosphäre rund um den Lauf beschreiben?

Die Amerikaner versuchen natürlich, rund um den Marathon ein Gefühl aufzubauen, dass er etwas Besonderes, etwas Großes, etwas Bewegendes ist, was er natürlich auch ist. Davon lassen sich viele anstecken, und wenn man von so weit herkommt, dann ist es das auch. Für mich selber ist es eher die Atmosphäre beim Lauf selber. Die Amerikaner haben eine Mentalität gegenüber Sport, die man so in Europa nicht unbedingt antrifft.

Zum Marathon-Sonntag drängen sich auf fast den kompletten 42,195 Kilometern des Marathons die Zuschauer dicht. Und diese machen richtig, also richtig, richtig Party und feuern die Läufer an. So etwas habe ich in dieser Form bisher bei keinem europäischen Rennen erlebt. Nur auf den Passagen über die Brücken und im Viertel der orthodoxen Juden herrscht im Grunde absolute Ruhe, und die Läufer sind mit sich alleine.

Stefan Elbinger liegt der Big Apple zu Füßen. Foto: privat
Stefan Elbinger liegt der Big Apple zu Füßen. Foto: privat

Wie haben Sie einen Startplatz ergattern können, und was hat Sie dieser Trip gekostet?

An eine Startnummer zu kommen ist nicht sonderlich schwer. Natürlich kann man den Weg gehen, sich offiziell zu qualifizieren und dann Glück zu haben, dass man einen Startplatz bekommt. Aber dann muss man sich auch um alles selber kümmern: Flug, Hotel, Transport und so weiter.

Da nicht jeder die Quali-Zeit in seiner Altersklasse schafft und man sich nicht unbedingt um alles selber kümmern möchte, gibt es Sportreiseveranstalter, die alles aus einer Hand anbieten. Über sie erhält man auch ohne Qualifikationszeit einen garantierten Startplatz.

Der Startplatz selber kostete 2019 458,00 Euro. Je nachdem, ob man nun nur von Donnerstag bis Montag nach New York reist oder die Gelegenheit gleich nutzt und mehr Zeit in den USA verbringt, zahlt man circa 2.500 bis 3.000 Euro. Bei mir war es mehr, da ich insgesamt zwei Wochen in den USA verbracht habe.

Dieser Marathon war bei weitem nicht Ihr erster Lauf. Wo würden Sie den NYC-Marathon in der Hitliste der Marathons einordnen, was Organisation, Strecke und Atmosphäre angeht?

New York steht schon sehr weit oben auf der Hitliste. Die Organisation ist gut, die Atmosphäre, wie schon erwähnt, etwas Besonderes. Bei der Strecke sollte jedem klar sein, dass es keine Bestzeiten-Strecke ist – außer man hat bisher auf flachen Strecken gebummelt.

Wer Stadtmarathons mag, für den ist der NYC-Marathon irgendwann mal ein Muss. Individualität bleibt aber natürlich bei so einem Lauf absolut auf der Strecke. Bei über 50.000 Läufern ist es eine Massenabfertigung, das sollte man sich vorher klarmachen und diesbezüglich keine falschen Erwartungen haben.

Der Traum wäre erfüllt. Welche Läufer-Träume sind noch übrig?

Ach, da gibt es genug. Boston als der älteste Marathon – nach den olympischen Spielen – ist sicherlich mal noch ein Ziel. Ansonsten bin ich froh, wenn ich verletzungsfrei bin und somit vielleicht noch den einen oder anderen schnellen Marathon laufen kann. Vielleicht mit einem dritten Versuch in New York, denn dieses Jahr war meine Zielzeit nicht unbedingt zufriedenstellend.

Spätestens seit der Doku „Free to run“ ist bekannt, dass der Marathon die Keimzelle des Laufens als Breitensport ist. Merkt man davon noch etwas?

Für viele Läufer ist ein Marathon das große Ziel. Aber es gibt auch genug Läufer, die völlig andere Zielstellungen verfolgen. Seitdem Laufen in den letzten 20 bis 30 Jahren so populär geworden ist, hat sich das aber bezüglich des Marathons verändert. Menschen laufen aus völlig unterschiedlichen Motivationen heraus.

Sind die Teilnehmerzahlen bei Marathons in Deutschland bis zur Mitte der 2000er Jahre stark gestiegen, liegen sie seitdem einigermaßen stabil auf einem Niveau. Markt gesättigt? Suchen die Menschen andere Ziele beim Laufen? Da kann man nun spekulieren. Ich persönlich denke aber, dass diese Keimzelle etwas von ihrer Kraft verloren hat und die Menschen mittlerweile aus vielerlei Gründen die Laufschuhe anziehen.

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