Eine Wende kennt immer auch einen toten Punkt. Genau an diesem scheint die von der Bundesregierung vollmundig propagierte Energiewende angelangt zu sein. Im Niemandsland zwischen vor oder zurück. So sahen es auch die Demonstranten, die anlässlich der Eröffnung des Ostdeutschen Energieforums vor dem Leipziger Congress Center für eine gerechte Energiewende protestierten.

Dabei wollten sie auch klarmachen, dass es gerade nicht die erneuerbaren Energien seien, die die Kosten in die Höhe treiben, so Martin Hilbrecht, vom BUND Leipzig: “Klar ist, die Energiewende erfordert große Investitionen. Doch worauf es dabei wirklich ankommt, ist die gerechte Verteilung der Kosten.” Und: Die Strompreise stiegen nicht nur wegen der erneuerbaren Energien, so Hilbrecht, sondern auch wegen nötiger Investitionen und hoher Brennstoffkosten. Hilbrecht weiter: “Jene Industrien, die besonders laut hohe Preise beklagen, sind bereits mit üppigen Privilegien ausgestattet und sogar Nutznießer der Energiewende.”

Hilbrecht: “Trotzdem gibt die Regierung den Profitinteressen der Industrie ein ums andere Mal nach. Mit der Folge, dass vor allem Privathaushalte, Handel und Gewerbe zur Kasse gebeten werden.” Fakt ist, dass trotz der von Bundeskanzlerin Merkel schon vor langer Zeit angekündigten Abschaltung von Atommeilern immer noch neun Atomkraftwerke auf Hochtouren fahren und Deutschland zu einem der größten Stromexporteure Europas machen. Und das mit sattem Profit. Sind die Meiler doch jenseits der Abschreibungsgrenze und fahren täglich je mindestens eine Million Euro Netto ein. Hinzu kommen etliche existierende Braunkohlekraftwerke wie das in Lippendorf oder fossile Kraftwerke in Planung, wie das im benachbarten Profen.
Ein Projekt, von dem man beim BUND hofft und dafür kämpfen wird, dass es nicht an den Start gehen wird. Martin Hilbrecht: “Es wäre nicht der erste Kraftwerksbau, der dank der Initiative von Umweltverbänden und Bürgern verhindert würde.” Problem sei eben, dass auch Teile der Bundesregierung, die die Umstellung auf erneuerbare Energien befürworten, dennoch kräftig daran mitarbeiten, dass die großen Stromkonzerne noch möglichst lange Geld mit Kohle- und Atomkraftwerken verdienten”, so Hilbrecht. “Die FDP und viele in der Union wollten noch nie die Energiewende. Zusammen mit der Großindustrie schüren sie jetzt die Debatte um angeblich zu hohe Kosten, um die erneuerbaren Energien auszubremsen.”

Dass Öl, Gas und Steinkohle immer teurer werden, steht außer Zweifel. Schon heute summieren sich die Importkosten fossiler Energieträger auf über 80 Milliarden Euro. Und das, obwohl der verstärkte Einsatz von erneuerbaren Energien diese Kosten bereits um sechs Milliarden Euro reduziert hat. Bis 2030 wird ein Anstieg der Importkosten auf 140 Milliarden Euro prognostiziert. Verschärft wird die Situation durch eine veraltete Stromlogistik. Heißt: Sowohl die Kraftwerksparks als auch die Leitungsnetze sind der wachsenden Stromerzeugung nicht mehr gewachsen. Seit Einführung der EEG-Umlage im Jahr 2000 ist der Strompreis um etwa 13 Cent/kWh gestiegen. Die Förderung der erneuerbaren Energien machte davon rund 3,5 Cent aus. Noch in diesem Jahr steigt die EEG-Umlage auf rund 5,3 Cent. Bei einem Haushaltsstrompreis von etwa 27 Cent/kWh macht die Förderung der erneuerbaren Energien auch dann etwa knapp ein Fünftel der Stromkosten aus.

Der Strompreis setzt sich für private Endverbraucher aus drei Teilen zusammen: Ein Drittel für Energiebeschaffung und Vertrieb, ein Fünftel für die Nutzung der Stromnetze und ein Teil für Steuern und Abgaben (rd. 40 Prozent). Zu letzteren gehört die Umlage nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG-Umlage), über die der Ausbau der Erneuerbaren finanziert wird. Jedoch liegt hier die Krux. Der Strompreis ist nicht für alle gleich hoch: Großverbraucher wie die Industrie zahlen deutlich weniger als zum Beispiel Mittelständler, Handel, Gewerbe und Privathaushalte.

Stromintensive Betriebe sind durch ein kompliziertes Geflecht von Regelungen und Ausnahmegenehmigungen ganz oder teilweise von der Umlage befreit. Diese Regelungen wurden in der Vergangenheit zunehmend dankbar in Anspruch genommen. So waren 2003 noch 59 privilegierte Unternehmen von der Ausnahmeregel betroffen während 2013 schon rund 2.000 Anträge auf Befreiung von der EEG-Umlage vorlagen.

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